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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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der
Einsicht, daß er es doch in der anderen Stadt hätte versuchen sollen; offenbar hatte sie solche Angst vor ihm, daß ihr zweihundertfünfzig Meilen nicht weit genug waren.
Nicht, daß achthundert Meilen ausreichen würden, eine Tatsache, die sie bald erfahren sollte.
Inzwischen hatte er lange genug hier rumgesessen. Es wurde
Zeit, eine Sackkarre oder einen Transportwagen zu finden und seinen Plunder in das zwei Stockwerke höher gelegene neue Büro zu
schaffen. Er schwang die Füße vom Tisch, und in diesem Augenblick läutete das Telefon. Er nahm ab.
»Spricht dort Inspektor Daniels? «fragte die Stimme am anderen
Ende.
»So ist es«, antwortete er und dachte (ohne große Freude): Oberinspektor Daniels, um genau zu sein.
»Hier ist Oliver Robbins.«
Oliver Robbins. Der Name kam ihm bekannt vor, aber…
»Von Continental Express? Ich habe einer Frau, nach der Sie
suchen, eine Busfahrkarte verkauft.«
Daniels setzte sich kerzengerade in seinem Sessel auf. »Ja,
Mr. Robbins, ich erinnere mich genau.«
»Ich habe Sie im Fernsehen gesehen«, sagte Robbins. »Es ist toll,
daß Sie die Typen geschnappt haben. Crack ist ein Teufelszeug. Wissen Sie, wir sehen am Busbahnhof ständig, wie Leute es nehmen.«
»Ja«, sagte Daniels und achtete darauf, daß man seiner Stimme
seine Ungeduld nicht anhörte. »Das glaube ich gern.«
»Müssen die Typen wirklich ins Gefängnis?«
»Ich glaube, die meisten schon. Womit kann ich Ihnen helfen?«
»Eigentlich hoffe ich, daß ich Ihnen helfen kann«, sagte Robbins.
»Wissen Sie noch, Sie haben gesagt, ich sollte Sie anrufen, wenn
mir noch was einfüllt? Wegen der Frau mit der Brille und dem
roten Schal, meine ich.«
»Ja«, sagte Norman. Seine Stimme klang ruhig und freundlich,
aber die Hand, mit der er den Hörer hielt, hatte er wieder fest zur
Faust geballt, und die Nägel gruben sich ihm tief ins Fleisch.
»Nun, ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber heute morgen
unter der Dusche ist mir noch was eingefallen. Ich habe den ganzen
Tag darüber nachgedacht und bin sicher, daß ich mich nicht irre.
Sie hat es tatsächlich so gesagt.«
»Was hat sie wie gesagt?« fragte er. Seine Stimme klang immer
noch vernünftig, ruhig - sogar freundlich -, aber nun konnte man
helles Blut in den Furchen seiner geballten Faust sehen. Norman
Daniels zog eine leere Schublade seines Schreibtischs auf und ließ
die Hand darüber hängen. Eine kleine Taufe für den Mann, der
nach ihm in dieses beschissene Loch ziehen mußte.
»Sehen Sie, sie sagte mir nicht, wohin sie wollte; ich habe es ihr gesagt. Darum ist es mir wahrscheinlich nicht gleich eingefallen,
als Sie mich gefragt haben, Inspektor Daniels, obwohl ich bei sowas
normalerweise ein gutes Gedächtnis habe.«
»Ich komme nicht ganz mit.«
»Normalerweise nennen einem die Leute, die eine Fahrkarte kaufen, ihr Ziel«, sagte Robbins. »>Nach Nashville, hin und zurück<,
oder >Nach Lansing, einfach, bitte.< Können Sie mir folgen?«
»Ja.«
    »Diese Frau hat es nicht so gemacht. Sie sagte nicht den Namen
der Stadt, sie nannte die Uhrzeit, wann sie fahren wollte. Das ist
mir heute morgen unter der Dusche eingefallen. Sie sagte: >Ich
möchte eine Fahrkarte für den Bus um 11:03 Uhr. Sind noch Plätze
frei?< Als wäre es nicht wichtig, wohin sie fuhr, sondern nur -«
    »- daß sie so schnell wie möglich so weit wie möglich fortkam!«
rief Norman Daniels aus. »Ja! Ja, natürlich! Danke, Mr. Robbins!«
»Freut mich, daß ich ihnen weiterhelfen konnte.« Robbins schien
über den Gefühlsausbruch am anderen Ende der Leitung etwas verwundert zu sein. »Diese Frau, hinter der scheint ihr Jungs aber
echt her zu sein.«
»Das stimmt«, sagte Norman. Er lächelte wieder dieses Lächeln,
bei dem Rosie immer eine Gänsehaut bekommen hatte und sich mit
dem Rücken zur Wand stellen wollte, um ihre Nieren zu schützen.
»Worauf Sie sich verlassen können. Dieser Bus um 11:03 Uhr,
Mr. Robbins-wohinfährt der?«
Robbins sagte es ihm, und dann fragte er: »Gehörte sie auch zu
dem Crack-Ring? Die Frau, nach der Sie suchen?«
»Nein, sie ist eine Kreditkartenbetrügerin«, sagte Norman, und
Robbins setzte zu einer Antwort an - offenbar wollte er sich auf
einen gemütlichen kleinen Plausch einlassen -, aber Norman legte
den Hörer auf und schnitt ihn mitten im Wort ab. Er legte die Füße
wieder auf den Schreibtisch. Er konnte sich Zeit damit lassen, einen
Wagen zu finden und seinen Plunder abzutransportieren. Er
lehnte sich in seinem Sessel zurück und sah zur

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