Das Bild
unglückseligen Tag Normans Partner gewesen.
»Ray’road Motel«, hatte der Farbige geantwortet.
»Du weißt nicht zufällig, welches Zimmer?« hatte Harley
gefragt. »Reicht dein Wissen über die zur Debatte stehende Mißgeburt so weit, mein dunkelhäutiger Freund?«
Harley hatte fast immer so geredet. Manchmal erheiterte es Norman. Aber häufiger hätte er ihn am liebsten an einer seiner schmalen kleinen Strickkrawatten gepackt und ihn besinnungslos gewürgt.
Ihr dunkelhäutiger Freund wußte es, natürlich wußte er es.
Zweifellos war er selbst zwei- bis dreimal die Woche dort - vielleicht fünf- oder sechsmal, wenn seine finanzielle Situation es
erlaubte -, und kaufte Stoff vom bösen Nigger Richie Bender. Ihr
dunkelhäutiger Freund und seine ganzen dunkelhäutigen Niggerfreunde. Wahrscheinlich hatte der Bursche gerade irgendeinen
Krach mit Richie Bender, aber das ging Norman und Harley nichts
an; Norman und Harley wollten nur wissen, wo der Killer steckte,
damit sie ihn am Arsch packen und ins County-Gefängnis schleifen
und den Fall abschließen konnten, bevor die Cocktailstunde anfing.
Der Nigger mit der Bills-Jacke konnte sich nicht an Benders
Zimmernummer erinnern, aber er konnte ihnen trotzdem genau
beschreiben, wo es lag: Erdgeschoß, Hauptflügel, zwischen dem
Cola-Automaten und den Zeitungsständern.
Norman und Harley waren zum Railroad Motel gefahren, eindeutig eines der besseren Etablissements Amerikas, und hatten an
die Tür zwischen dem Cola-Automaten und den Zeitungsständern
geklopft. Eine schlampige Mulattenschnalle in einem glänzenden
roten Kleid, das einen ausgezeichneten Blick auf BH und Slip
ermöglichte, offensichtlich stoned, hatte ihnen die Tür aufgemacht,
und die beiden Polizisten konnten drei leere Crack-Phiolen auf dem
Fernseher des Motelzimmers sehen, und als Norman sie fragte,
wo Richie Bender war, machte sie den Fehler, ihm ins Gesicht zu
lachen. »Ich hob kein kitschigen Binder«, sagte sie. »Und ihr,
Jungs, seht zu, daß ihr euch mitsamt euren blassen Ärschen verzieht.«
Bis dahin war alles soweit klar, doch danach gingen die verschiedenen Aussagen etwas durcheinander. Norman und Harley sagten
aus, daß Ms. Wendy Yarrow (in jenem Frühjahr und Sommer in
der Küche der Daniels’ gemeinhin als die »schlampige Mulattenschnalle« bezeichnet) eine Nagelfeile aus der Handtasche genommen und zweimal damit auf Norman Daniels eingestochen hatte.
Er hatte auf jeden T-all zwei lange Schnittwunden abbekommen,
eine auf der Stirn und eine auf dem rechten Handrücken, aber Ms. Yarrow behauptete, Norman habe sich selbst in die Hand
geschnitten, und die Wunde über den Augenbrauen habe sein Partner ihm zugefügt. Das hatten sie gemacht, sagte sie weiter, nachdem sie sie ins Zimmer 12 des Railroad Motel gestoßen, ihr die
Nase und vier Finger gebrochen, neun Knochen des linken Fußes
zertrümmert hatten, indem sie darauf traten (abwechselnd,
behauptete sie), ihr die Haare büschelweise ausgerissen und sie wiederholt in den Unterleib geschlagen hatten. Danach hatte der Kleinere sie vergewaltigt, berichtete sie den Schnüfflern von IAD. Der
breitschultrige hatte ebenfalls versucht, sie zu vergewaltigen, aber
zunächst keinen hochgekriegt. Er biß sie mehrmals in die Brüste
und ins Gesicht, und dann brachte er eine Erektion zustande,
erzählte sie ihnen, »aber er hat mir alles auf die Schenkel gespritzt,
ehe er ihn reinbekommen konnte. Dann hat er mich noch mal
geschlagen. Er sagte mir, daß er mit mir reden wollte - aus der
Nähe, aber er hat fast nur mit seinen Fäusten geredet.«
Norman, der auf seinem Bett im Whitestone lag, der auf Decken
lag, die seine Frau in der Hand gehabt hatte, drehte sich auf die
Seite und versuchte, 1985 zu verdrängen. Aber es wollte sich nicht
verdrängen lassen. Was nicht überraschend kam; wenn es einmal
da war, wollte es nicht wieder verschwinden. 1985 war anhänglich,
wie ein geschwätziges, aufgeblasenes Arschloch von einem Nachbarn, den man einfach nicht loswerden konnte.
Wir haben einen Fehler gemacht, dachte Norman. Wir haben
dem gottverdammten Nigger in der Football-Jacke geglaubt.
Ja, das war ein Fehler gewesen, richtig, sogar ein ziemlich großer.
Und sie hatten geglaubt, daß eine Frau, die ganz so aussah, als
gehörte sie zu einem Richie Bender, sich auch in Richie Benders
Zimmer aufhalten mußte, und das war entweder ein zweiter Fehler
oder die Fortsetzung des ersten, was an sich aber keine Rolle spielte,
weil es am Ende auf dasselbe hinauslief.
Weitere Kostenlose Bücher