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Das bin doch ich

Das bin doch ich

Titel: Das bin doch ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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habe mitteilen müssen.
    Donnerstag. Schlechtes Wetter. Ich spiele mit Stanislaus, dann schaue ich Eurosport. Ich esse zu Mittag, dann schaue ich Eurosport. Zu Hause würde ich nie auf die Idee kommen, mir das anzusehen, aber in Hotels sind meine Lieblingssender Eurosport und DSF . Und natürlich MTV , besonders, wenn Jackass läuft.
    Nach der dritten Runde Eurogoals bekomme ich solchen Lagerkoller, daß ich mir ein Bier hole. Es hilft, und ich gehe bald noch mal. Else fragt, ob ich mitkommen will, sie geht mit Stanislaus spazieren. Ich begleite sie, aber nur bis nach unten, und hole mir noch ein Bier.
    Eine Weile sitze ich im Zimmer und höre Musik. Ich fühle mich wohl, lasse die Gedanken treiben. Ich hole mir von unten ein großes Glas Schnaps. Die dumme Kellnerin schaut mich entsetzt an, ich zwinkere ihr zu, sie läuft rot an, feixend gehe ich wieder nach oben. Ich trinke Birnenbrand, höre Musik, schaue aus dem Fenster. Nach einer Weile klappe ich den Laptop auf.
    Ich weiß nicht, wie ich das, was ich nun tue, beschreiben oder erklären soll. Am besten wohl auf einem Umweg. Ich will es so formulieren: Sollte mich morgen ein Auto überfahren, wird irgend jemand, Else vermutlich, bald darauf mit Überraschung auf meinem Laptop Gedichte finden, die ich von 2005 an geschrieben habe und die höchstwahrscheinlich miserabel sind, ich zeige sie niemandem, ich verstehe nichts von Gedichten und kann sie nicht beurteilen.
    Zwei, drei Stunden wandere ich durchs Zimmer, trinke, stelle mich auf den Balkon, betrachte den Berg, gehe zurück zum Schreibtisch und schreibe das nächste Gedicht. Wie immer werde ich keines davon jemandem zeigen, vermutlich werde ich morgen die meisten wieder löschen. Aber jetzt fühle ich mich am einzig richtigen Ort, in diesem ruhigen Zimmer mit dem braunen Bernsteinlicht, in dieser Atmosphäre des Vorübergehenden, Vergänglichen, mit dem Schnaps und den Gedichten in meinem Kopf.
    Freitag mittag, strahlend blauer Himmel. Der Schnee ist aufgegangen. Aufpassen, denke ich mir, als ich über den Hang fahre, auf dem ich am Montag gestürzt bin, jetzt aber aufpassen. Ich fahre einfach wunderbar. Diese Eleganz kann nicht nur an den Skiern liegen, das bin ich! Ich!
    Ein kleiner Rechtsschwung. Der Ski bleibt im schweren Schnee stehen, ich hebe ab. Nun passiert etwas Seltsames: Ich habe Zeit, meine Lage zu analysieren, so lange dauert der Flug. Mir wird sogar bewußt, daß es beinahe dieselbe Stelle ist, an der ich schon am Montag gestürzt bin. Ich segle sieben, acht Meter durch die Luft, ich weiß, ich war gerade ziemlich schnell unterwegs, und ich weiß, es wird weh tun.
    Beim Aufprall krache ich mit den Rippen heftig auf meinen Skistock, und ich spüre, wie sie eingedrückt werden. Es tut wirklich weh, und zwar so, daß ich es kaum wahrnehme, als ich mit dem Kopf aufschlage. Ich brülle ein bißchen. Als die auf den Flug folgende Rutschpartie über den Hang endet, spucke ich sofort aus. Kein Blut, das beruhigt mich, offenbar steckt mir keine Rippe in der Lunge.
    Ich sitze im Schnee und ringe nach Luft. Ein Junge, zehn Meter entfernt, etwa zehn Jahre alt, der den ganzen Auftritt mit angesehen haben muß, beginnt zu weinen und fährt davon. Ein Amerikaner bleibt stehen und fragt mich, ob alles okay sei. Ich verständige mich mit ihm darauf, daß an mir keine Verletzungen zu sehen sind und ich allein bis zur nächsten Hütte komme. Else, die vorausgefahren ist, ruft an, wo ich bleibe.
    Irgendwie schaffen wir es vom Berg runter. An der letzten Hütte machen wir noch eine Rast. Ich schicke SMS aus: Woran merke ich, ob eine Rippe gebrochen ist oder nur geprellt?
    Daniel antwortet als erster: Mit einem Rippenbruch kannst du ganz schnell draufgehen. Bei einer Prellung hast du noch eine Chance .
    Sag nicht solche Sachen , schreibe ich zurück.
    Innere Verletzungen? schreibt er.
    Hör auf, einen Hypochonder fertigzumachen , schreibe ich.
    Mit so was scherze ich nicht , schreibt er.
    Besonders ernst nehme ich nicht, was er sagt, denn Daniel ist auch so freundlich, Menschen mit Flugangst während des Fluges von mysteriösen Geräuschen zu erzählen. Dann kommt die Antwort des Prinzen, sie ist sachlich: Kann man selbst auf dem Röntgenbild oft schwer erkennen . Von inneren Verletzungen kein Wort. Guter Mann, ich brauche also nicht nach Bad Aussee zum Röntgen zu fahren, zum Glück, ich verabscheue Spitäler. Allerdings steht da auch noch: Einzelheiten erspare ich dir lieber .
    Im Hotel versuche ich mich hinzulegen,

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