Das blaue Haus (German Edition)

sie fragende Blicke untereinander aus. Erst als sie das Baby schreien hörten, wurde ihnen die Situation in der Scheune bewusst. Sie fühlten sich plötzlich betroffen und schlecht. Niemand zweifelte mehr Lieutenant Connors Entscheidung an.
Der Notarzt traf ein. Aber auch er wurde von Connors zurückgehalten. Der stierte immer noch gebannt durch ein Fenster in das Innere der Scheune, wie ein Kind zur Weihnachtsbescherung.
Er wollte dieses Zeichen eigentlich nicht geben, nicht unter diesen Umständen, aber was anderes verlangte jetzt sein Verantwortungsgefühl von ihm, als das Zeichen zum Einsatz zu geben?
    6. Mai 1997. Valley Falls/Kansas. Auf der Gelton-Farm.
    Das große Scheunentor öffnete sich im gleichen Moment, als Dane im Fenster das Gesicht von Lieutenant Connors erblickte.
Das Baby fing an zu schreien, als das grelle Licht in die Scheune einfiel. Ben Newshorn fühlte sich seiner Ergriffenheit beraubt und sah erschrocken auf – genau wie Sarah.
Dane wollte nach seiner Waffe greifen, doch sie war während der Geburt aus seinem Hosenbund gefallen. Sie lag nun einige Meter von Sarahs Decke entfernt.
Als Sarah schrie, wagte Dane den Sprung zur Waffe.
Connors schoss. Er wollte es eigentlich nicht, aber dieser Gelton hatte ihn dazu gezwungen. Connors schoss mehrmals – so unvorbereitet wie erschrocken.
Dane hörte noch den Anflug der Kugel und spürte den harten Einschlag in seinem Hals, der ihn nach hinten schmiss. Sein letzter Gedanke war Sarah, wobei er lächelte, als er vor seiner Frau zu Boden fiel. Seine Hände waren durchweicht von der Geburt seines Sohnes und seine Augen feucht von der Liebe zu seiner Frau Sarah, in deren unmittelbaren Nähe er starb.

Sarah Gelton wurde mit dem Baby direkt in ein Krankenhaus gebracht. Sie war völlig verstört eingeliefert worden und verlor jede Beziehung zu dem Kind.
Sie ließ viele Tage nicht von der Theorie ab, dass ihr Vater schon immer von Danes Existenz gewusst und dieses Treffen auf dem Friedhof bewusst inszeniert habe. Sie begründete es mit diesem unglaublichen Zufall, der sich zweifellos ereignet hatte und damit, dass ihr Vater keinerlei Schock gezeigt habe, als Dane plötzlich hinter ihr gestanden hatte. Aber wann hatte Ben Newshorn jemals seine wahren Gefühle gezeigt?
Er hatte große Mühe, sie von dem Gegenteil zu überzeugen.
Elisabeth Newshorn wurde der Besuch bei ihrer Tochter in den ersten Wochen strikt untersagt, dafür hatte ihr Mann gesorgt.
Als sich Sarahs Zustand nach einigen Wochen wieder stabilisierte, haben Jim Clark und Ben Newshorn mit ihr zusammen alle Aufzeichnungen von Raimund Geers gelesen, die er während seiner Zeit mit Dane gemacht hatte. Er hatte jedes Wort von Dane und jedes Gespräch mit ihm bis zu seinem Tod dokumentiert und analysiert. Das ließ diese Niederschrift entstehen und auch das vorherige Werk über das Leben von Dane Gelton, veröffentlicht unter dem Titel Die Scheune , noch einmal korrigieren, weil nun detailliertere Angaben, die Dane im Gespräch mit Ragee gemacht hatte, vorlagen.
Jim Clark, einst bester Freund von Dane, hatte diese Autobiografie verfasst und kurz vor dessen Tod veröffentlicht. Das Werk wurde kurzum wieder vom Markt entfernt und korrigiert erneut veröffentlicht, sodass es jetzt weitgehend vollständig ist. Ganz vollständig wird es nie werden, denn wer konnte schon wirklich in die Gefühlswelt von Dane Gelton hineinsehen?
Ben Newshorn hat sich von seiner Frau scheiden lassen und wohnt nun allein in Denver. Der Kontakt zu seiner Tochter ist durchwachsen.
Mit Hilfe von Linda und Jim Clark hat Sarah ein halbes Jahr später die Gelton-Farm verkauft und sich in der Nähe von Topeka ein neues, aber viel kleineres Anwesen gekauft, wo ihr Sohn aufwachsen sollte. Allerdings hat sie weiterhin große Probleme, sich diesem Kind emotional zu nähern. Man sagte ihr, das würde sich mit der Zeit geben. Aber es gab sich nicht.
Der Junge sieht Dane unglaublich ähnlich, hat zweifellos seine Augen und den Namen bekommen, den Dane sich laut Aufzeichnungen gewünscht hatte – Christopher.
Doch Christopher Gelton wuchs unter fürchterlichen Bedingungen auf ...
    Die Geschichte geht weiter.

Weitere Bücher
    Die Scheune
    Dies ist die Geschichte von Dane Gelton aus Kansas - einem Opfer. Als Vierjähriger ist er dem Missbrauch und der Gewalt hilflos ausgesetzt. Sein ärgster Feind: ein Peiniger, der sich nicht im Griff hat. Seine engsten Verbündeten: zwei Brüder, die vor seinen Augen getötet werden. Sein einziger Halt: