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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Conversationshaus läuft man vom Marie-Eluise aus nicht einmal fünf Minuten. Aber höchstwahrscheinlich wird Gustav Körner trotzdem keinen Käufer finden. Nicht jeder hat solch ein Glück wie der Besitzer des alten Hotels Stéphanie Les Bains.« Friedrich lachte kurz auf. »Männer wie Anton Brenner, die sich eines alten Kastens erbarmen, Männer mit Visionen also, die waren schon immer rar gesät.«
    Lady Lucretia nahm erneut einen Schluck Heilwasser.
    Â»In diesem Punkt gebe ich Ihnen recht. Aber vergessen Sie nicht – es gibt auch Frauen mit Visionen!« Die Engländerin brach in ihr wieherndes Lachen aus. »Ich habe da nämlich eine Idee … Oh my god ! Gleich zehn Uhr!« Sie stand so rasch auf, dass die Sitzbank zu wackeln begann. »Meine Anwendungen warten auf mich. Ich fürchte, lieber Mister Sunshine, wir müssen unser Gespräch vertagen. Wie wäre es mit morgen früh – nein, da bin ich mit Ingrid zu einem Waldmarsch verabredet. Morgen Mittag kommt Doktor Green und – warten Sie …«
    Â»Welches Gespräch? Was für eine Idee? Ich wüsste nicht –«
    Lady Lucretia unterbrach seinen Einwand mit einer abrupten Handbewegung. »Warum besuchen Sie mich nicht einfach am kommenden Sonntagnachmittag in meinem Hotel? Sonntag ist der einzige Tag, an dem ich keine Bäder oder andere Anwendungen genieße. Ich hätte also Zeit für Visionen.«

53 . K APITEL
    E s war eine gute Idee gewesen, sich für die Verlobungsfeier eine neue Destination zu suchen, dachte Irina Komatschova beim Blick aus dem Fenster. Wiesen, Auen, die hübschen Fischteiche … Eine wahrhaftige kleine Perle hatte sie hier entdeckt!
    In Baden-Baden hingegen ging es ständig nur darum, welche Räumlichkeit die exklusivste war. Dieses Spiel wollte Irina nicht mitspielen. Sie betrachtete es daher als Glücksfall, dass ihr der Oberkellner ihres Hotels vom Gasthof seiner Tante, dem Forellenhof, erzählt hatte. Weit sei es dorthin nicht, hatte der Mann gemeint. Man musste nur die Lichtenthaler Allee entlangfahren, hinter dem Kloster war es dann nur noch ein Katzensprung bis zu dem neueröffneten Gasthof, der etwas versteckt in einem kleinen Weiler namens Gaisbach mitten im reizvollen Oostal lag.
    Warum nicht?, hatte sich Irina gefragt und ihre Verlobungsfeier kurzerhand aufs Land verlegt. Ein ländlich-rustikales Mittagessen, ein bisschen Musik zur Feier des Tages. Für den Abend war dann die Heimfahrt in die Stadt geplant. Ihr Verlobter war damit einverstanden gewesen.
    Zugeben, dem Waldhotel Forellenhof fehlte es an Eleganz. Kronleuchter, Tafelsilber und Porzellan aus königlichen Manufakturen suchte man im hiesigen Speisesaal vergebens. Dafür war die Atmosphäre sehr intim und die Forellen aus der dem Hotel angeschlossenen Fischzucht köstlich. Die Wirtin und ihre drei Töchter trugen fleißig Speisen und Getränke heran. Auf Irinas Bitte hin hatten sie sogar eine Gruppe junger Mädchen in bunten Trachten aufgetrieben, die bei der Ankunft der Gäste heimische Tänze aufführten. Irina schmunzelte. Eine gute Idee – sogar Konstantin hatte seinen Blick nicht von den bäuerlichen Schönheiten abwenden können.
    Kurzum, im Forellenhof zu feiern war wirklich die richtige Entscheidung gewesen, und bezahlbar obendrein …
    Im Gegensatz zum Blumenschmuck! Flora Sonnenschein hatte sich ihre ländlich anmutenden Körbe, gefüllt mit Sonnenblumen und allerlei anderem Kram, wieder einmal ziemlich gut bezahlen lassen, ärgerte sich Irina. In dem Moment schmiegten sich zwei Arme von hinten um ihren Leib.
    Â»Irinotschka, Liebste – bist du glücklich?«, flüsterte ihr eine tiefe Stimme ins Ohr und Irina nickte.
    Glücklich? Wenn ich heute sterben würde, würde ich dann als glückliche Frau sterben?, fragte sie sich, während sie und ihr Verlobter den Augenblick der Zweisamkeit am Fenster genossen. Kurz darauf lockerten sich die Arme schon wieder und eine Hand klopfte ihr auf die Schulter. Wie bei einem Pferd, dachte Irina.
    Â»Liebste, warum gehst du nicht zurück in den Saal? Bestimmt vermissen dich unsere Gäste schon! Ich würde mich gern noch einmal in meine Rede vertiefen.« Ihr Verlobter wedelte mit einem Stapel Papier.
    Â»Du und deine Reden!« Lächelnd winkte Irina ihrem zukünftigen Ehemann nach.
    War Vernunft gut für das Glück?

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