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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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perfekt sich ihre Körper aneinanderschmiegten, gerade so, als wären sie füreinander geschaffen. Flora bettete ihre Wange in die Beuge an Konstantins Hals, genoss den warmen, feuchten Kokon aus Schweiß und Liebe, in den ihr Liebesakt sie eingewebt hatte. Wie Adam und Eva. Wie im Garten Eden …
    Schon prickelten die Härchen auf ihrer salzigen Haut erneut vor Lust, als Konstantin sich ruckartig aufsetzte.
    Â»Ich werfe dich nur ungern aus meinem Bett, meine Liebe, aber wir müssen aufstehen. Püppi kommt gleich unter die Erde …«

    Für Flora war der Sommer 1873 ein einziger Rausch – und Konstantin ihre Medizin und ihr Gift zugleich. Sie trafen sich in seinem Hotel, wo Flora stets den Hintereingang benutzte. Sie trafen sich in der freien Natur. Natürlich sahen sie sich auch auf den Festen, zu denen Flora den Blumenschmuck lieferte und er als Gast eingeladen war, aber diese Abende waren für Flora eher Qual als Freude. Am liebsten hätte sie all die gackernden Hühner, die sich um Konstantin scharten, kaum dass er den Raum betrat, davongejagt. Konstantin, dem ihre eifersüchtigen Blicke nicht entgingen, tändelte dann nur umso mehr mit seinen Bewunderinnen.
    Natürlich schaute er auch bei Flora vorbei, was wiederum von den Damen, die ihn so gern in ihrer Mitte hatten, kritischbeäugt wurde. Verschwand er nach ein paar gehauchten Liebesschwüren wieder in der Menge, tröstete sich Flora mit dem Wissen, dass es Stunden gab, in denen er nur ihr allein gehörte.
    Sie wurde immer geschickter im Erfinden von Aufträgen, Ausreden und Gründen, das Haus und den Laden zu verlassen. Kam sie von einem ihrer Stelldicheins zurück, war ihr Rock oft fleckig vom Gras, ihre Arme zerkratzt.
    Â»Brombeersträucher«, sagte Flora dann, oder: »Ich bin ausgerutscht, so was Dummes!« Dabei hatte sie sich freiwillig in Nesseln und Dornen gewälzt.
    Kaum dass sie das Haus betreten hatte, wusch sie sich schweren Herzens den Duft der Liebe vom Leib, damit nur ja niemand Konstantins Geruch an ihr wahrnahm.
    Du bist schlecht! Eine Sünderin! Nicht wert, die Ehefrau eines braven, guten Mannes wie Friedrich zu sein.
    Tausendmal nahm sie sich vor, Konstantin nie, nie wiederzusehen. Aber wie ein Drachen, der nicht entfliehen kann, weil er von einer nahezu unsichtbaren Schnur zurückgehalten wird, flog sie immer wieder zu Konstantin zurück. Wie hätte sie ihn auch verlassen können? Wie sollte sie je wieder auf das verzichten, was nur er ihr zu geben vermochte?
    Das, was ihre Familie und die Kunden im Geschäft von ihr erlebten, war nur ein unvollkommener Teil. Erst Konstantin machte sie … vollständig. In seiner Nähe wurde sie übermütig, bei ihm konnte sie kindisch lachen, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen – und manchmal war er sogar noch alberner als sie! In seinen Armen waren die Nörgeleien der Kunden weit weg. Da gab es kein Gerede von heilenden Wässern, nein, es gab prickelnden Champagner!
    Doch kaum rannte Flora nach einem Stelldichein atemlos nach Hause, drückte die Last auf ihren Schultern wieder schwer. Alexander. Ernestine. Friedrich! Dazu die vielen Aufträge, Bestellungen bei den Gärtnern, Rechnungen, die geschrieben werden wollten. Sie musste heim, hatte keine kostbare Minute mehr zu verlieren, schnell, schnell!
    Es gab Momente, in denen sich ihre beiden Leben überlappten: dann, wenn sie am Bindetisch stand und ihr die Arbeit besonders leicht von der Hand ging. Wenn jede Bewegung in die nächste floss, wenn jeder ihrer Handgriffe inspiriert war von erotischer Sehnsucht. Wenn sie ihre Kreativität aus dem Füllhorn der Liebe schöpfte.
    Doch die meiste Zeit gelang es ihr, die beiden Leben zu trennen.
    Hätte sie dies nicht gekonnt, wäre sie verrückt geworden.

52 . K APITEL
    N eun Uhr. Eigentlich hätte er um diese Zeit längst in der Trinkhalle sein müssen. Friedrich beschleunigte seinen Schritt. Nicht, dass den Gästen so früh morgens schon der Sinn nach einem Glas Heilwasser stand. Aber bevor die ersten Damen und Herren kamen, musste er noch den Boden fegen, die Abfallkörbe leeren, die Glasscheiben der Türen von den Fingertappen des Vortages säubern …
    Eigentlich bist du nichts anderes als ein Lakai, ging es ihm nicht zum ersten Mal durch den Sinn. Räumst den feinen Herrschaften hinterher, bist ihnen zu Diensten .
    Seine Vorträge

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