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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Gesellschaft leisten. Nun war der Tee kalt und Kostia schlief noch immer.
    Es war noch gar nicht lange her, da hatte er sie frühmorgens schlaftrunken zu sich ins Bett gerufen und sie hatten sich geliebt. Liebe …
    Püppis Blick fiel auf das prasselnde Kaminfeuer, das das Dienstmädchen entzündet hatte, als es den Tee brachte. Fröstelte sie, weil sie müde war? Oder vor lauter Angst? Auch die konnte sich eisig anfühlen, niemand wusste das besser als Püppi.
    Sie waren erst gestern in Baden-Baden angekommen. Piotr war mit ihnen gereist, was die lange Fahrt zumindest für Konstantin etwas kurzweiliger hatte werden lassen. Am Abend hatte gleich ein Willkommensfest bei Popo stattgefunden – nichts Großes, schließlich waren noch längst nicht alle Freunde da. Auch Popos Reisekoffer hatten noch unausgepackt im Weg gestanden.
    Wie hatten sich alle gefreut, sich wiederzusehen! Aus lauter Begeisterung über die Rückkehr nach Baden-Baden trage er sichmit dem Gedanken, eine Kirche bauen zu lassen, hatte Fürst Gagarin gemeint. Und Matriona Schikanowa hatte verkündet, dass in wenigen Tagen ihr Mann und die vier Söhne anreisen würden – sehr zu Popos und Piotrs Freude, denn die Schikanows galten als vorzügliche Reiter und Kartenspieler, auf die man in der letzten Saison hatte verzichten müssen, weil es die Geschäfte in Petersburg so verlangt hatten. Die liebe Anna hatte von einer Opernpremiere erzählt, welcher sie in Kairo beigewohnt hatte. »Aida« – eigentlich hatte Giuseppe Verdi seine Oper schon zwei Jahre zuvor anlässlich der Eröffnung des Suez-Kanals spielen wollen, war aber mit der Partitur nicht fertig geworden.
    Irina Komatschova hatte nichts erzählt, aber Püppi wusste, dass sie den Winter damit verbracht hatte, ihren Gütern auf der Krim Kontrollbesuche abzustatten. Als Konstantin von Monte Carlo schwärmte, hatte sie grimmig dreingeschaut und wissen wollen, ob er denn wenigstens zum Malen gekommen sei. Und dass die mediterrane Küste im Gegensatz zur Krim doch gewiss eine Fülle an Motiven böte.
    Eilig hatte Püppi das Thema gewechselt – der Gedanke an Konstantins Malerei machte sie immer ein wenig betrübt.
    Lieber Konstantin! Der Drang, zu ihm zu gehen und ihn zu herzen, wurde fast übermächtig. Wie sehr liebte sie diesen Mann! Und er schien sie ebenfalls zu lieben. Denn nur um bei ihr sein zu können, hatte er den ganzen Winter über sämtliche Pläne in Bezug auf seine Malerei hintangestellt. Dabei hatte er so viel malen wollen. Den Winterjasmin. Den Hafen von Monte Carlo mit den vielen Booten. Sie, Püppi, mit Sonnenschirm in einem der vielen Parks. Doch man stelle sich vor: Ihr zuliebe hatte er seinen großen Traum, einmal als großer Künstler gefeiert zu werden, beerdigt …
    Püppi wusste sehr wohl, dass Konstantin manchmal, wenn er glaubte, sie würde schlafen, ins Nebenzimmer ging, um die Mappe mit seinen Aquarellen durchzublättern. Sie hörte sein leises Seufzen, das vom Rascheln der Bögen nicht übertönt werden konnte. Was ging ihm durch den Kopf, wenn er seine Werkeansah? Fragte er sich, was gewesen wäre, wenn er sich nicht für sie, Püppi, sondern für seine Kunst entschieden hätte?
    Konstantin war noch immer äußerst liebenswürdig zu ihr. Dennoch glaubte Püppi zu spüren, dass er ihr gegenüber etwas weniger aufmerksam war als zu Beginn ihrer Reise im vergangenen Oktober. Ja, manchmal glaubte sie sogar eine gewisse Ungeduld zu verspüren.
    So wie gestern Abend.
    Nachdem alle viel zu viel Wodka getrunken hatten, war irgendjemand auf die Idee gekommen, Popos Reiseschränke auszupacken. Das Ganze endete damit, dass alle kichernd und aufgekratzt in Männerkleidung herumrannten.
    Püppi hatte die Idee kindisch gefunden und sich lediglich einen von Popos Spitzhüten aufgezogen. Konstantin hingegen hatte sich ausstaffiert wie ein russischer Korsar. Wie hatten alle gelacht, als er urplötzlich mit Popos Schimmel am Zügel in der Haustür erschienen war! Irina hatte gegackert wie ein Huhn, das zwei Eier auf einmal gelegt hatte.
    Fesch hatte er ausgesehen, ihr kleiner Korsar. So jung, so voller Leben.
    Das Pferd war in der ungewohnten Umgebung schnell unruhig geworden, ein Diener hatte das Tier wieder in den Stall bugsiert. Dann hatte Gagarins Neffe mit dem Geigenspiel begonnen. Und Kostia hatte getanzt.

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