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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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mehr an Bewegung, und blieb schließlich liegen auf … Rot!
    Â»Numéro trois, rouge!« Der Croupier zeigte mit seinem Rechen auf die Nummer drei.
    Flora konnte ihr Glück nicht fassen. Ungläubig starrte sie auf die Jetons, die der Croupier ihr zuschob – sie könne diese jederzeit beim Kassier in Geldscheine umtauschen, sagte er.
    So einfach ging das? Ein paar atemlose Momente, und schon hatte sie ihr Geld verdoppelt!
    Nach all der Trauer und den vielen Sorgen war ihr das Glück endlich hold, das spürte Flora tief drinnen. Da wäre sie ja dumm, wenn sie es nicht noch einmal wagte …
    Â»Rot!«
    Wieder ging es gut, die Kugel blieb auf der roten 23 liegen.
    Â»Das Fräulein hat ein glückliches Händchen«, bemerkte Floras Nebenmann und klatschte anerkennend in die Hände.
    Â»Anfängerglück«, murmelte ein Mann auf der Gegenseite des Tisches.
    Flora lachte in die Runde. Kuckucksspucke, so viel Geld auf einen Streich! Wenn sie das Friedrich erzählte … Aber das konnte sie ja gar nicht, er wusste doch nichts von ihrem Abenteuer.
    Während die anderen Spieler erneut ihre Einsätze tätigten, dachte Flora fieberhaft nach. So viel Geld, so leicht verdient. Aber hieß es nicht: Wie gewonnen, so zerronnen? Sollte sie es wirklich ein drittes Mal wagen?
    Â»Mesdames et Messieurs – faites vos jeux, s’il vous plaît!« Schon setzte der Croupier das Rad erneut in Bewegung.
    Flora holte ein letztes Mal tief Luft. Warum nicht? Rot war doch ihre Glücksfarbe!
    Â»Rot!«

    Entweder war der liebe Gott kein Spieler. Oder er war an diesem Abend in Baden-Baden nicht anwesend.
    Denn die Kugel blieb auf Schwarz liegen.

32 . K APITEL
    D er Gedanke, eines Tages ohne ihren Mann weiterleben zu müssen, war Ernestine Sonnenschein nie gekommen. Wenn sie sich überhaupt einmal mit derlei düsteren Überlegungen abgab, hatte sie im Geist immer Kuno an ihrem Grab gesehen. Wie er Blumen niederlegte. Und mit einer kleinen Harke dafür sorgte, dass ihre letzte Ruhestatt unkrautfrei blieb.
    Umso schockierender war für sie Kunos plötzlicher Tod. Er war zwar nicht mehr der Jüngste gewesen und mit seiner Gesundheit hatte es auch nicht zum Besten gestanden. Aber Kuno war schon immer irgendwie alt gewesen. Er hatte nie zu den ungestümen Männern gehört, die Steinchen ans Fenster der Angebeteten warfen oder Liebesbriefe schrieben. Schon zu der Zeit, als er um sie warb, hatte sein Auftreten etwas Hölzernes gehabt, auch war er schon damals kränklich gewesen. Anfangs hatte sie ihn wegen seiner schwachen Konstitution bemitleidet,später hatte sie sich nicht mehr darum gekümmert. Stattdessen hatte sie ihm den Haushalt geführt, so gut es ging.
    Das war nun der Dank …
    Ernestine biss die Zähne fest aufeinander.
    Wie jeden Morgen saß sie im Esszimmer. Nicht, weil sie sich in diesem Raum besonders wohl fühlte, ganz im Gegenteil. Der Anblick von Kunos leerem Stuhl war fast mehr, als sie ertragen konnte. Aber im Schlafzimmer hielt sie es ebenfalls nicht aus. Dort roch es sogar noch nach ihm. Genau wie im Bügelzimmer, wo seine Anzüge auf der Stange neben der Tür hingen.
    Beinahe zärtlich strich Ernestine über das Gesteck mit den Trockenblumen. Sogar jetzt dachte Flora noch daran, den Tisch mit Blumen zu schmücken!
    Flora pflegte auch Kunos Grab. Ernestine war seit der Beerdigung nicht mehr auf dem Friedhof gewesen. Ihre Trauer sei sicher zu groß, vermuteten die anderen. Ernestine ließ sie in diesem Glauben.
    Doch die Wahrheit lautete: Ihre Wut war zu groß.
    Kuno sollte ihr ja nicht mehr unter die Augen kommen, nicht einmal auf dem Friedhof.
    Wie konnte er es wagen, sie alleinzulassen?
    Wütend starrte Ernestine den Stuhl an, auf dem Kuno so viele Jahre gesessen hatte.
    Nicht einmal ein Testament gab es. Der Advokat, den Friedrich und sie aufgesucht hatten, behauptete jedoch, dass sich für sie dadurch nicht viel ändern würde.
    Sich so mir nichts, dir nichts davonzuschleichen – das war doch keine Art!
    Aber hatte er sein Leben nicht auf ähnliche Art und Weise verbracht? Immer hatte er seine Ruhe haben wollen, um Zeitung zu lesen. Bismarck und der Kaiser – ja, damit hatte sich Kuno ausgekannt. Darüber hatte er sich stundenlang mit Schierstiefel unterhalten können.
    Andere Gespräche hingegen waren ihm wesentlich unwichtiger gewesen. Hätte er

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