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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nicht auch einmal mit dem Verwalter desConversationshauses sprechen können? Vielleicht hätte dann ihr Blumenladen die Säle schmücken dürfen?
    Zu Beginn ihrer Ehe, als sie den Laden neu aufgemacht hatten, waren Ernestine etliche Ideen dieser Art durch den Kopf gegangen. Sie hätte nur allzu gern Schwung in das neue Geschäft gebracht. Doch Kuno wollte schon damals am liebsten nur seine Ruhe.
    Â»Zerbrich dir nicht unnötig deinen Kopf! Misch dich nicht ein!« Noch heute klangen ihr seine Worte im Ohr.
    Irgendwann hatte sich Ernestine gefügt und die folgenden Jahrzehnte in der Annahme verbracht, dass sich für sie als Frau in geschäftlichen Dingen nur äußerste Zurückhaltung ziemte. Erst bei ihrem Besuch in Gönningen waren ihr Zweifel gekommen – Floras Mutter und die anderen Frauen zerbrachen sich nämlich sehr wohl ihren Kopf übers Geschäft! Und sie mischten sich ein. Sie ließen nicht zu, dass der Mann in der eigenen Mutund Tatenlosigkeit ertrank. So wie sie es getan hatte.
    Ernestine schüttelte sich, als sei ein Schauer über ihren Rücken gelaufen. Es war ihr nie um Reichtum gegangen. Aber wenigstens ein bisschen mehr Geld – das wäre schön gewesen.
    Unwillkürlich fiel ihr Blick auf die Schublade, in der sie ihr Haushaltsgeld aufbewahrte. Sie brauchte die Lade nicht zu öffnen, um zu wissen, wie wenig Geld sich darin befand. Von wegen: »Zerbrich dir nicht deinen Kopf!«
    Wie sollte es nur weitergehen? Wovon sollten sie leben?
    Den Kopf in beide Hände gestützt, sah sie, dass Sabine hereinkam, um den Tisch fürs Mittagessen zu decken. Einen Suppenteller für jeden, mehr war nicht nötig.
    Dass Friedrich oft stundenlang bei ihr saß und ihre Hand hielt, war lieb gemeint, aber wenig hilfreich. Der gute Bub gab zwar brav seinen Lohn ab, aber dass dieser nicht ausreichte, um eine ganze Familie zu ernähren, schien ihm zu entgehen. Genauso wie ihm entging, dass sich Flora vor Sorgen verzehrte. Wie ein Schatten ihrer selbst huschte sie durchs Haus!
    Dabei konnte sie doch wahrlich nichts dafür, dass das Geschäft so schlecht ging. Daran waren eher Else Walbusch und die anderen blasierten Weiber schuld, die es dem Lehrmädchen nicht zutrauten, schöne Sträuße zu binden.
    Â»Das wird schon wieder«, war das Einzige, was Friedrich zu diesem Umstand zu sagen hatte.
    Ernestine schnaubte. So etwas hätte auch von Kuno kommen können.
    Wenn sie eines in ihrem Leben gelernt hatte, dann war es die Tatsache, dass rein gar nichts »wurde«, wenn man sich nicht darum kümmerte.
    Sie musste mit Friedrich sprechen. Mit Flora und mit Sabine. Ernestine betete zum lieben Gott, dass sie dann nicht vor lauter Wut auf Kuno laut losbrüllen würde.
    Als wolle sie schon einmal üben, räusperte sie sich.

    Kurze Zeit später saß die Familie beim Mittagessen. Da platzte Flora heraus: »Wenn sich im Laden nicht bald etwas ändert, können wir zumachen!«
    Ohne aufzuschauen, löffelte Friedrich seine Suppe weiter.
    Flora fuhr fort: »Jetzt, wo Kunos Stammkundschaft nicht mehr regelmäßig kommt, haben wir nur noch eine Chance: Wir müssen die Kurgäste als Kunden gewinnen! Und das einzige Mittel, was mir dazu einfällt, ist die Sache mit der Blumensprache. Ich weiß, dass Kuno dafür nichts übrighatte, er fürchtete die Gefahr, durch missverständliche Botschaften die Kundschaft zu verprellen. Aber –«
    Â»Damit hatte Vater doch recht, oder?«, unterbrach Friedrich sie. »Am Ende laufen uns auch noch die letzten Kunden davon …«
    Ernestine schaute stumm von einem zum anderen.
    Â»Jetzt hör dir doch erst einmal an, was ich mir ausgedacht habe. Du kennst doch mein Notizbuch. Darin habe ich so viele Informationen gesammelt, dass es ein Leichtes wäre, die schönsten Blumendeutungen herauszusuchen. Wenn ich also sozusagen mein eigenes Blumen- ABC schreibe und dieses drucken lasse …«
    Friedrich schlug sich mit der Hand auf die Stirn. »Jetzt verstehe ich – heute ist der erste April!« Er lachte auf.
    Missbilligend schaute Ernestine ihn an. Merkte er nicht, wie ernst es Flora war?
    Â»Friedrich, das ist kein Scherz!«, rief Flora entsetzt. »Ganz im Gegenteil, ich habe in dieser Angelegenheit schon nach Hause geschrieben. Seraphine wäre bereit, mir zu helfen, sie würde dafür sogar nach Baden-Baden kommen.

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