Das Blut der Akkadier - Serienspecial (German Edition)
trocken wurde, „als mir ein Taryk unbemerkt nach Hause folgte.“
Brix starrte in die schwarze Brühe seines Kaffees, als die Schande über sein Versagen wie eine Pestbeule in ihm aufplatzte. Übelkeit erfasste ihn. Er war es tausend Mal durchgegangen, hatte gehofft, einen anderen Verantwortlichen zu finden – doch es war ganz und gar seine Schuld gewesen. Seine Unachtsamkeit.
„Am Abend dieses vierzehnten Februars kam Dotty nicht nach Hause. Ich saß auf dem Bett ihres Schlafzimmers und wartete auf den Sonnenuntergang. Aber sie kam nicht. Sie verspätete sich nie.“ Der Akkadier fand die Kraft aufzusehen. In Ellas Augen standen Tränen. „Ich hab’ mich sofort zu dem Schokoladengeschäft teleportiert, in dem sie arbeitete. Das Schild an der Tür war auf ‚geschlossen‘ gedreht. Aber ich wusste, dass sie noch drin war.“ Er machte eine Pause. Sah den dunklen Verkaufsraum vor sich, als würde er ihn genau in diesem Moment durchqueren. Der Gestank von Schwefel besudelte das süßliche Aroma. Doch da war noch etwas anderes in der Luft. Brix’ Verstand weigerte sich nur, es anzuerkennen – Dottys Blut. Seine Beine wurden mit jedem Schritt schwerer, den er Richtung Küche machte. Sein ganzer Körper fühlte sich taub an. „Ich fand sie auf der Arbeitsfläche. Ihre Kleider waren hochgeschoben. Die Schenkel lagen geöffnet und blutig vor mir, beschmutzt mit einer schwarzen Flüssigkeit. Ihre Haut hatte einen grauen Farbton angenommen, genauso wie die Augen.“ Dottys Gesicht war im Entsetzen erstarrt – das letzte, was sie vor ihrem Tod gefühlt hatte. Und das war seine Schuld. Man hätte meinen können, als Akkadier ertrug er den Anblick eines Tarykopfers. Aber nicht dieses. Brix hatte sich reflexartig zur Seite gebeugt und an Ort und Stelle übergeben, hatte das Grauen, das ihn erfasste, nicht aufhalten können.
Das ist deine Schuld.
Deine Schuld! , schrie es in seinem Kopf.
Mit zitternden Hände schloss er ihre Beine und zog das Gewand zurecht, hob sie in seine Arme und ließ sich mit ihr an die Schränke gelehnt zu Boden. Er wiegte sie wie ein Kind, strich ihr zerzaustes Haar glatt und murmelte unverständliche Entschuldigungen. Als ob das an ihrem grausamen Ende noch irgendetwas ändern könnte. Und anstatt vor Wut wahnsinnig zu werden, rollte sich Naham in seinem Inneren zu einer Kugel zusammen und jaulte leise.
„Man hat ihr die Seele gestohlen und sie vergewaltigt.“ Brix’ Stimme klang hölzern. Es war das erste Mal, dass er diese Tatsache laut aussprach. „Ich hoffe, es ist in dieser Reihenfolge passiert.“
Im Augenwinkel nahm er wahr, dass Ella den Kopf senkte und sich mit der Hand über die Lider wischte. „Das ist das Traurigste, was ich je gehört habe“, murmelte sie, scheinbar bemüht, ihre Stimme zu kontrollieren.
Brix stieß die angehaltene Luft aus. „Ja. Das ist es wohl.“ Die Bilder vor seinem geistigen Auge wurden schwächer und verschwanden im Hintergrund, wo sie immer auf ihn warteten. Eigenartig. Fast fühlte er sich ein wenig befreit. Als hätte das Erzählen dieser Geschichte einen Teil des Schreckens genommen. Als könnte Ellas Anteilnahme etwas von der Dunkelheit vertreiben, die ihn seither begleitete.
Der Akkadier schaute auf und begegnete ihren warmen Augen, in denen er nicht das erwartete Mitleid fand, sondern Aufrichtigkeit. „Es ist nicht deine Schuld gewesen“, sagte sie, nicht um ihn zu trösten, eher als Feststellung. „Der Taryk hat das getan. Niemand sonst.“
Brix schüttelte kaum merklich den Kopf, sagte aber nichts dazu. In diesem Punkt würde er Ella niemals zustimmen.
„Weißt du, wer es war?“, fragte sie mit einer Härte in der Stimme, die sie auch gestern nach dem Kampf gehabt hatte.
„Ja“, grollte er und seine Trauer wurde von Zorn überschwemmt. „Er hat es mir gesagt, als ich ihn fand, hat es in allen Einzelheiten geschildert.“
„Und du hast ihn getötet.“
„Nein.“ Aus irgendeinem krankhaften Grund hatte er ihn unzählige Male verwundet, es aber nie zu Ende gebracht. Er hasste sich dafür. Sein Egoismus war scheinbar so grenzenlos, dass er Dottys Seele nicht einmal nach ihrem Tod gehen lassen wollte. Stattdessen blieb sie gefangen im Inneren dieses Scheusals. Und auch das war seine Schuld. „Ich …“ Er schüttelte abwesend den Kopf.
„Du konntest es nicht?“, fragte sie atemlos.
Er schämte sich in Grund und Boden dafür.
„Aber, Brix, du verlierst sie doch nicht, wenn du sie befreist. Sie wird immer ein Teil
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