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Das Blut der Akkadier - Serienspecial (German Edition)

Das Blut der Akkadier - Serienspecial (German Edition)

Titel: Das Blut der Akkadier - Serienspecial (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Bay
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andere.
    Der Akkadier ging die ‚St. George Terrace‘ hinunter und steuerte auf den ersten Programmpunkt an diesem Abend zu. In seinem Magen bildete sich ein altbekannter Klumpen.
    Obwohl es schon weit nach Feierabend war, kamen auch jetzt noch etliche Geschäftsleute aus den umliegenden Bürokomplexen gehetzt, sprangen in Taxis oder rannten kopflos über die Straße. Quietschende Reifen, Autohupen und menschliches Gebrabbel vermischten sich zum ganz alltäglichen Straßenlärm. Das Leben vibrierte um Brix herum, doch niemanden interessierte es, wohin er ging.
    Auf dem Weg zur ‚Bronte Street‘ teleportierte er sich immer wieder ein paar Meter vorwärts, ohne dass es jemand bemerkte. Sie waren alle zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Eigentlich traurig. Da lebte er auf diesem Planeten als Beschützer der Menschheit und keiner der Sterblichen wusste davon. Niemand erinnerte sich an den komisch gekleideten Typen, der in dem Bankenviertel doch abstrakt wirken musste und dennoch wie ein Schatten durch die Massen glitt. Manchmal fragte er sich, wie es wäre, seine Bestie mitten in der Rush Hour freizulassen. Dann könnte ihn wohl niemand mehr übersehen. Doch ein solcher Kontrollverlust hätte schwerwiegende Folgen. Naham würde wüten und zerstören. Menschen töten, nur um ihr Blut sprudeln zu sehen, und sich daran laben. Chaos würde ausbrechen und diese Vorstellung erzeugte ein beängstigend warmes Kribbeln in Brix’ Bauch. Die einzige Möglichkeit, seine Aufgaben als Akkadier zu erfüllen, bestand darin, seine Bestie Tag und Nacht unter Kontrolle zu halten. Sich niemals in der Nähe von Sterblichen zu verwandeln und Nahams Kräfte nur soweit einzusetzen, dass er die Beherrschung über seinen Körper nicht verlor.
    Brix verließ die ‚St. George Terrace‘, huschte durch einige Nebenstraßen und bog schließlich in die ‚Bronte Street‘ ein, die im krassen Gegensatz zum Bankenviertel vollkommen still und schlecht beleuchtet vor ihm lag. Wenige Meter weiter klapperte ein schweres Eisengitter, das so einladend wirkte wie das Tor zur Hölle. Der Akkadier passierte den Eingang und stapfte im Inneren des umzäunten Bereiches über trockene Sandwege und ausgedörrte Grasflächen. Die Grabsteine auf dem ‚East Perth Cemetery‘ waren spärlich gesetzt und ließen den Friedhof noch einsamer erscheinen. Als hätte man sie im Vorbeigehen verloren oder lieblos hingeworfen, ergaben die Kreuze und Steine weder ein einheitliches Bild, noch konnte man hier von wirklichen Denkmälern sprechen.
    Brix überquerte das Areal bis ganz hinten, wo ein paar Bäume standen. Hier war es nicht ganz so trostlos. Seine Schritte verlangsamten sich, je näher er dem einen Grabstein kam. Er vergrub die Hände in den Manteltaschen, ignorierte den Schweiß, der sich bildete, und blieb schließlich stehen. Der Akkadier holte tief Luft und wendete sich dem kleinen, einst weißen Denkmal zu, das in den Jahren ergraut war und von nun Moos überzogen wurde. ‚Dorothy Simmons‘ stand in antiker Schnörkelschrift über den Jahreszahlen ‚1792 – 1844‘. Mehr nicht. War damals nicht üblich. Zumindest nicht auf diesem Friedhof.
    Dotty. Nur an diesem einen Tag im Jahr erlaubte er sich, in Erinnerungen zu schwelgen.
    Er sah ihren adretten Haarknoten, den sie sich jeden Morgen gebunden hatte, und die einzelne Strähne, die stets widerspenstig herausrutschte. Wenn sie vor dem großen ovalen Spiegel in ihrem Schlafzimmer stand, hatte sie ihre Gewänder immer mehrmals glatt gestrichen, bis alles perfekt saß. Dabei hätte absolut nichts ihre makellose Erscheinung beeinträchtigen können. Brix saß meistens auf ihrem Bett und sah ihr zu, bis sie sich lächelnd zu ihm umdrehte. Die dunklen Kleider ließen ihre helle Haut oftmals blass erscheinen. Doch sie passten zu ihrem braunen Haar und den schokoladenbraunen Augen. In Gedanken konnte er sie vor sich sehen. Dotty kam auf ihn zu, legte eine Hand an seine Wange und küsste seine Stirn.
    „Bis heut Abend, mein Schatz.“
    „Pass auf dich auf“, hatte er immer geantwortet.
    „Und du auf dich, Albrix.“
    Dotty verließ das Schlafzimmer und er hörte sie die Außentür der Wohnung schließen. Wie jeden Tag ging sie zu dem kleinen Schokoladengeschäft, in dem sie arbeitete und von dem sie ihm jeden Abend erzählte.
    Brix holte hastig Luft, als er bemerkte, dass er den Atem angehalten hatte. Es gab unendlich viele Erinnerungen an sie, doch diese war ihm noch heute am lebendigsten. Vermutlich, weil sie

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