Necroman
Zuerst waren es nur die Wolken, die über den sturmgepeitschten Himmel trieben. Unheimliche und dunkle Gebilde. Manche riesengroß wie überdimensionale Häuser. Andere wiederum glichen mächtigen Klumpen, die ab und zu ihre Form verloren, wenn der Wind zu hart in sie hineinschlug.
Sie vermehrten sich. Aus einer bestimmten Richtung wehten sie herbei, denn sie wurden erst zu diesem mächtigen und bedrohlichen Riesen, wenn der Wind den Staub, den er aus einer unheilvollen Tiefe geholt hatte, auf dem Firmament verteilte.
Kein Sternenschimmer durchbrach diese bedrohliche Düsternis. Kein Mondstrahl schickte seine bläuliche Blässe aus. Der Himmel blieb wie eine riesige düstere Welt für sich und wartete auf weiteren Nachschub, der ständig herangetragen wurde und immer neue Figuren schuf.
Es war grauenhaft, denn der Wind blieb nicht stumm. Er heulte und pfiff, er produzierte Töne, die auch von einer überdimensionalen Knochenflöte hätten stammen können, auf der ein Riese spielte.
Es brodelte. Es donnerte in der Ferne. Blitze zuckten auf und ließen die Macht der Urgewalten ahnen. Sie stanzten Lücken in die Wolkenformationen, schufen wieder neue Gebilde, und der Wind packte und riss sie mit sich.
Das Spiel dauerte. Aus der Tiefe kam immer mehr Nachschub, und die größte aller Wolken raste explosionsartig in die hüllenlose Schwärze hinein, bis sie einen bestimmten Punkt erreicht hatte, wo sie plötzlich zerrissen wurde.
Die Teile flogen auseinander, zerfaserten. Andere blieben, drehten sich im Kreis, und aus dem Dunkel entstand eine neue Gestalt. Schwarz und bleich zugleich, denn unter der Schwärze leuchtete das fahle Gelb der alten Knochen.
Ein Skelett war geboren. Riesig groß und mit einer Sense bewaffnet. Es war der Necroman!
***
Tim Baker schlief, und Tim Baker träumte. Er schlief unruhig, denn sein Traum war schlimm. Wie schon so oft war er hineingeworfen worden, ohne es selbst lenken zu können, und er durchlebte den Schrecken dieser anderen Welt.
Ready für Freddy…
So hatte er auch noch vor kurzem dem Freddy-Krueger-Kult gefrönt.
Hatte davon geträumt - wie die Jugendlichen in einem dieser Filme in Freddys Alptraumwelt hineingezerrt zu werden, aber das war ihm nie gelungen. Erst in den letzten Wochen hatten ihn die Träume eingeholt und ihn hineingeschafft in eine fürchterliche Welt. Tim war einfach hineingefallen.
Kurz nach dem Einschlafen hatte er sich immer in einer wundervollen Umgebung gesehen. Er war durch einen langen, hell erleuchteten Flur gelaufen, und er hatte am Ende des Flurs seine Freunde gesehen, die auf ihn warteten und ihm zuwinkten.
Er lief schneller, immer schneller, war auch sicher, sie zu erreichen und den einen oder anderen in die Arme zu schließen, dann aber war es passiert.
Kurz vor dem Ziel hatten sich die Gestalten seiner Freunde aufgelöst.
Sie waren regelrecht verpufft und hatten Tim Baker im Stich gelassen.
Wo er sie gesehen hatte, gab es nichts mehr, abgesehen von einem gewaltigen Loch in der Wand, aus dem ihm eine Eiseskälte entgegenwehte und er auch die schrecklichen Geräusche des heulenden und pfeifenden Windes hörte. Er konnte nur immer kurz in die andere Welt hineinschauen, wo er die dunklen Wolken in einer noch dunkleren Umgebung sah, und die Furcht plötzlich wie Schlamm in ihm hochstieg, ihn lähmte, so dass der aus dem Loch dringende Sog alle Chancen hatte.
Zuerst kippte Tims Körper nach vorn. Dann zerrte jemand an seinen Beinen, so dass er den Kontakt mit dem Erdboden verlor und waagerecht in der Luft lag.
Auch das dauerte nur einen kurzen Moment, denn der Sog verstärkte sich und schien aus unzähligen kleinen Armen zu bestehen, die seinen gesamten Körper umklammerten. Es gab keine Stelle, die nicht von ihnen zusammengepresst wurde, selbst der Hals war von einem dieser widerlichen Tentakel umschlungen.
Tim fiel. Er hörte sich immer lauter schreien, als ihn der Sog in die Dunkelheit hineinzerrte, um ihn wenig später in die Wolken zu stoßen.
Da schrie er auch noch, obwohl sein Hals umklammert war, und er brüllte in das gewaltige Tosen hinein, in dem seine Stimme allerdings unterging, obwohl ihn die Angst fast umbrachte.
Der Himmel schluckte ihn. Die Wolken waren wie Mäuler. Sie schnappten nach ihm, sie spielten mit ihm, und er trieb wie ein loses Blatt im Herbstwind durch diese schreckliche Welt.
Sein Körper war zu einem Spielball geworden. Er drehte sich in der Luft.
Er bekam die schwungvollen Stöße, die ihn schräg in die
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