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Das Blut der Medusa

Das Blut der Medusa

Titel: Das Blut der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Schon viele wollten es tun, glaube ich. Es ist keinem gelungen. Nimm auch du es hin, und sei froh, daß du vor deinem Ende einen letzten Blick in ein wunderschönes Paradies werfen kannst.«
    Das war der reine Zynismus, aber wir kümmerten uns nicht darum und wollten auch nicht, daß die Emotionen noch weiter hochkochten. Ich drückte Clarissas Hand. Sie war schweißfeucht. Das Mädchen stand unter einem ungemein starken Streß.
    Der Alte wandte uns den Rücken zu, weil er die Tür öffnen mußte. Sie besaß eine schlichte Holzklinke, die er nur zur Hälfte nach unten drückte. Er stellte sich so, daß wir durch die Öffnung schauen konnten und abermals eine Überraschung erlebten.
    Diese. Tür führte nicht ins Haus. Sie begrenzte nur mehr eine Einfahrt, die das Gebäude in zwei Hälften teilte. Eine zweite Tür war am anderen Ende der Einfahrt nicht vorhanden. Unser Blick fiel in einen wunderschönen Kunstgarten, der von der Frische des Wassers durchzogen wurde.
    »Bitte, geht. Ihr seid noch willkommen. Atmet den Hauch des Paradieses, bald wird es vorbei sein.«
    Ich behielt Clarissa an der Hand. Sie zitterte und setzte ihre Schritte zögernd.
    »Keine Sorge«, hauchte ich, »wir werden es überstehen.«
    Der Maler lachte und setzte seine Spiegelglas-Brille wieder auf, die er während des Gesprächs abgenommen hatte. Dann ließ er uns laufen. In der Einfahrt entdeckten wir rechts und links jeweils eine Tür, zu der Marmortreppen hochführten. Mit Marmorplatten war auch der Boden gefliest, über den wir schritten. Alles wirkte so kostbar. Ich kam mir vor wie inmitten einer Filmkulisse.
    Wir gingen nicht schnell, saugten das Bild auf, das sich jenseits des Durchgangs vor uns auftat.
    Der Garten besaß schon eine orientalische Pracht. So hatten die Märchenerzähler der Kalifen und Wesire die Gärten ihrer Herrschaften beschrieben.
    Viel Wasser, herrliche Blüten. Bänke mit dicken Kissen beladen, die als Ruhelager dienten. Schalen mit Früchten standen zwischen hohen, gefüllten Tonkrügen.
    In großen Käfigen zwitscherten exotische Vögel. Ihr Gesang vermischte sich mit dem Plätschern der Brunnen. Die Fontänen schössen mal bogenförmig hoch, dann wiederum spien die steinernen Mäuler großer Fische sie aus.
    Marmor, wohin wir schauten. Dazwischen kleine Garteninseln mit Bäumen, die ihre breiten Blätter und prächtige Blumenkörbe ausbreiteten.
    Eine wirkliche Insel, ein Hof hinter dem Haus, dessen Rückseite in Höhe der ersten Etage von einer Galerie eingenommen wurde. Aber kein sichtbarer Horror oder erkennbares Grauen — bis eben auf die verteilt stehenden Statuen. Sie alle zeigten junge Männer in der Blüte ihres Lebens.
    Die Verschwundenen, die Aussteiger, die nie mehr in ihre Heimat zurückkehren würden.
    Ich spürte die innerliche Anspannung. Am liebsten hätte ich eine Bombe in dieses Idyll hineingeschleudert, aber ich riß mich zusammen, und auch Clarissa mußte es.
    De Greco war hinter uns geblieben. »Ich werde mich jetzt schon von euch verabschieden«, erklärte er. »Später kann ich euch in Stein bewundern. Vielleicht werde ich euch auch malen und die Bilder euren Verwandten schenken als Erinnerung.«
    »Schlag ihn doch nieder, John!« preßte Clarissa hervor und drehte sich um.
    »Nein, keine Provokation.«
    »Dann mache ich es.«
    Bevor ich sie daran hindern konnte, hatte sich Clarissa losgerissen. Sie rannte auf den Mann zu. »Du… du…«
    De Greco blieb stehen. Als Clarissa zuschlug, da bewegte er sich, und das verdammt schnell. Es gelang ihm, ihre Handgelenke abzufangen und sie festzuhalten. In dieser Haltung blieben beide für Sekunden, bis der Alte ihr zeigte, wozu er fähig war.
    Erdrückte Clarissa in die Knie, obwohl sie auch nicht gerade schwächlich war und sich gegen den Griff stemmte. Als ich eingreifen wollte, ließ der Maler das Mädchen los und schleuderte es gleichzeitig zurück, so daß es zu Boden fiel.
    »Greift mich nie mehr an!« beschwor er uns mit einer heiser klingenden Stimme. »Nie mehr!« dann drehte er sich um und verschwand durch eine Tür im Haus.
    Ich half Clarissa hoch. Sie weinte leise und auch voller Wut. »Es… es tut mir leid, John, aber ich konnte nicht anders.«
    »Schon gut, Mädchen, schon gut.«
    Sie strich ihr Haar zurück. »Weißt du, daß er eiskalte Hände gehabt hat, John? So wie ein Toter.«
    Ich hob die Schultern. »Vielleicht ist er tot.«
    »Wie meinst du das denn?«
    »Kennst du nicht den Begriff Zornbie?«
    Sie schauderte zusammen und

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