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Das Blut der Rhu'u

Das Blut der Rhu'u

Titel: Das Blut der Rhu'u Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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haben, um ihnen zuzusehen, auch der junge Mönch Gao. Er beobachtete sie besonders intensiv.
    Wie Cassie gehofft hatte, fühlte sich nach einer Weile ein älterer Mönch bemüßigt, ihnen »ein paar Tricks« beizubringen. Er begann, eigene Übungen neben ihnen auszuführen. Kara und Cassie brauchten eine Weile, bis sie verstanden, dass er ihnen damit zeigen wollte, wie sie ihre Techniken verbessern konnten. Dass sie recht schnell begriffen und das Gezeigte in die Praxis umsetzen konnten, vor allem aber wohl auch die Ernsthaftigkeit, mit der sie sich darum bemühten, verschaffte ihnen zumindest bei diesem Mönch und einigen Zuschauern einen gewissen Respekt, wie Kara mit ihren empathischen Sinnen deutlich fühlte, die mit jedem Tag schärfer wurden.
    Auch das war eine Begleiterscheinung ihrer neuen Existenz, an die sie sich noch lange nicht gewöhnt hatte und die ihr ebenfalls Unbehagen bereitete. Zu wissen, was die Leute in ihrer unmittelbaren Umgebung fühlten, war fast so, als könnte sie ihre Gedanken lesen. Höchst unangenehm, weil sie dadurch Dinge mitbekam, die sie gar nicht wissen wollte. Und die sie auch nichts angingen. Sie würde als Nächstes lernen, wie man diese Wahrnehmung blockieren konnte.
    Als sie nach dem Training und der darauf folgenden eiskalten Dusche unter einem Wasserfall neben dem Kloster in den ihnen zugewiesenen Raum zurückkehrte, spürte Kara die angespannte Erwartung ihrer Familie wie eine körperliche Berührung. Nur Camiyu war die Ruhe in Person und gelassen, zufrieden und fast schon glücklich. Er saß mit gekreuzten Beinen auf seinem Lager, den Rücken gegen die Wand gelehnt, und las in der Chronik. Sie gesellte sich zu ihm. Er lächelte ihr zu. Sie fand, dass rote Haare und grüne Augen ihm erheblich besser standen als die klassische James-Bond-Kombination von schwarzen Haaren zu blauen Augen. Sie verliehen seinem Gesicht eine angenehme Ausstrahlung und nahmen ihm den Eindruck von Strenge, das es bei ihrer ersten Begegnung gehabt hatte. Wahrscheinlich hatte er den James-Bond-Look bewusst im Hinblick auf seine »Agententätigkeit« bei der Gemeinschaft des Lichts gewählt.
    »Wie machst du das?«, fragte sie ihn. »Ich meine, so gelassen und ruhig zu bleiben.«
    Er legte die Chronik zur Seite. »Nach fünfzehn Jahren in der Gemeinschaft des Lichts weiß man seinen Geist zu beschäftigen und den Dingen, die man nicht beeinflussen kann, ihren Lauf zu lassen. Meditation in einer täglichen sogenannten Kontemplationsstunde ist für jeden Pflicht.«
    »Kann man das auch lernen, ohne gleich fünfzehn Jahre in so eine Gemeinschaft gehen zu müssen?«
    »Natürlich. Mit regelmäßiger Meditation. Inzwischen weißt du ja, dass die auch eine Voraussetzung für erfolgreiches Praktizieren von Magie ist.«
    Sie nickte. »Ich schaffe es aber einfach nicht, meinen Geist dabei angemessen zu beruhigen. Vor allem kann ich die Empathie nicht abblocken. Ich fühle mehr von den Leuten, als ich wissen will.«
    »Das kommt mit der Zeit. Schließlich praktizierst du ja noch nicht allzu lange. Weder Meditation noch Magie.«
    »Stimmt.« Sie sah ihn nachdenklich an. »Hast du was dagegen, wenn ich eine Weile bei dir sitzen bleibe? Ich hoffe, dass deine Gelassenheit etwas auf mich abfärbt.« Sie hoffte, dass er den Vorwand nicht durchschaute, denn eigentlich wollte sie in seiner Nähe sein, weil sie sich zu ihm hingezogen fühlte.
    »Gern. Wenn du möchtest, können wir zusammen an deinem mentalen Schutzschild arbeiten. Dessen im Moment noch vorhandene Schwäche ist nämlich der Grund für deine überaktive Empathie.«
    »Ja, bitte. Wenn es dir nichts ausmacht.«
    »Nicht das Geringste. Im Gegenteil.« Er lächelte, rückte so herum, dass er ihr gegenübersaß, und nahm mühelos die klassische Meditationshaltung des Lotussitzes ein.
    Kara schaffte diese Position nur halb. Sie saßen so nahe bei einander, dass ihre Knie sich berührten. Camiyu nahm ihre Hände und legte sie so, dass sie beide ihre Arme bequem auf den Oberschenkeln ruhen lassen konnten und sich ihre Fingerspitzen trotzdem noch berührten. Für Kara war das ein ausgesprochen angenehmes Gefühl.
    »Schließ die Augen«, forderte er sie auf. »Und nun stell dir vor deinem geistigen Auge einen Ort absoluter Ruhe vor. Stell dir so bildhaft wie möglich vor, dass du mit diesem Ort und seiner Ruhe verschmilzt. Saug die Ruhe in dich ein und sei einfach nur da .«
    Kara tat wie ihr geheißen. Es ging leichter, als sie erwartet hatte. Sie tauchte in den

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