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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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geerbt hatten, getötet worden war? Es musste jahrtausendealt sein. Und sein Hüter war der Junge, den ich liebte. Mein Mund war trocken.

Das Blut der Ersten
    A ls Julien zurückkam, saß ich auf dem Sofa und drehte es in den Händen. Ich sah zu ihm auf. Selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich keinen Ton hervorgebracht. Einen Augenblick hatte er an der Tür gezögert, jetzt kam er wortlos durch den Raum, schob die Bruchstücke des Tisches und die Scherben der Glasplatte mit dem Fuß beiseite und kniete sich vor mich auf den Boden. Minutenlang starrten wir beide stumm auf das Röhrchen, ehe er mir, noch immer wortlos, die Hand entgegenstreckte. – Und dann drehte er es in den Händen. Sein St-Georgs-Amulett baumelte daneben. Sekunden gerannen zu einer Ewigkeit. Ich glaubte, mein eigenes Herz viel zu laut in meinen Ohren pochen zu hören.
    An seiner Lippe hatte er das Blut weggewischt, doch unter dem Riss an seiner Wange klebte noch ein Rest. Meine Finger zitterten, als ich sie zu seinem Gesicht hob. Julien hielt sie auf, ehe ich ihn berühren konnte. Seine Augen waren noch nicht ganz zu ihrem üblichen Quecksilberton zurückgekehrt und auch seine Eckzähne wirkten noch ein wenig zu lang für den Rest seines ebenmäßigen Gebisses.
    »Das ist nichts. Wir haben beide schon schlimmere Prügel bezogen.«
    Ich ließ meine Hand in meinen Schoß zurückfallen. Ja.Vor gar nicht allzu langer Zeit. Und auch meinetwegen. Beide.
    »Und Adrien?«
    Julien zog die Schultern hoch. »Wie gesagt: Wir haben beide schon schlimmere Prügel bezogen. – Er hat es dort unten halbwegs bequem. Mach dir um ihn keine Sorgen.«
    Das konnte doch alles nicht sein Ernst sein. »Hast du ihm wenigstens den Knebel …«
    »Er wird nicht lange brauchen, um ihn allein loszuwerden.«
    Ich schluckte. »Was … hast du jetzt vor? Mit Adrien.«
    »Ich lasse ihn gehen, sobald alles vorbei ist. Zuvor …« Er rieb mit dem Daumen über das Gold. »Adrien würde weiter alles daransetzen, um zu verhindern, was wir tun werden, oder es an sich zu bringen, wenn ihm das nicht gelingt.«
    Erneut sahen wir beide auf das Röhrchen in seinen Händen. Das Schweigen zwischen uns hatte etwas Erstickendes, dehnte sich ins Unendliche.
    »Julien …«, setzte ich irgendwann leise an, doch er schüttelte den Kopf.
    »Er hat recht, weißt du.« Seine Stimme klang ebenso leise wie meine.
    »Wer? Adrien?«
    Julien nickte. »Ich könnte dich damit töten.« Erst jetzt blickte er von dem goldenen Zylinder auf. »Es ranken sich unzählige Legenden darum, eine unwahrscheinlicher als die andere, aber was es wirklich vermag …«, er schüttelte abermals den Kopf, »… das weiß niemand mit Sicherheit.« Seine Augen suchten in meinen. »Ich könnte dich damit töten, Dawn.«
    »Hatte er mit dem anderen auch recht?«
    Fragend neigte er den Kopf.
    »Brichst du wirklich das Versprechen, das du deinem Vater gegeben hast?«
    Er holte einmal tief Atem. Es klang wie ein Seufzen.»Alles, was er gesagt hat, ist wahr«, sagte er endlich kaum hörbar. »Ich breche nicht nur mein Versprechen gegen Papa, ich breche jedes Gesetz, das sich auf das Blut bezieht, und versündige mich gegen alles, was meiner Art heilig ist.«
    »Julien, das darfst du nicht tun.« Diesmal ließ er mich gewähren, als ich die Hand nach ihm ausstreckte. Behutsam legte ich sie an seine Wange. »Du kannst nicht alles aufgeben, was dir bisher etwas bedeutet hat. Nicht nur meinetwegen.«
    » Nur deinetwegen, Dawn?« Sein Mund verzog sich für einen kurzen Moment in einem Anflug von trauriger Amüsiertheit. »Die Fürsten, unsere Gesetze, das Blut … das alles bedeutet mir nichts. Du aber schon.« Er wandte den Kopf ein klein wenig und küsste meine Handfläche. Ich spürte, wie er kurz zusammenzuckte. »›Si notre amour est un rêve, ne me réveille jamais.‹ – Erinnerst du dich?«
    Im ersten Moment konnte ich nur nicken, denn mein Hals war mit einem Mal wie zugeschnürt. Wenn unsere Liebe ein Traum ist, weck mich niemals auf. Das hatte er im Bohemien zu mir gesagt, als er dort kurz vor Halloween auf der Geige für mich gespielt hatte. Er war sogar noch weiter gegangen: Er hatte gesagt, ich sei dieser Traum.
    »Ja. Natürlich«, brachte ich endlich hervor.
    Julien lächelte. »Ich werde um diesen Traum kämpfen. Mit allem, was ich habe; mit allem, was ich kann, und mit allem, was ich bin. Ganz gleich, wie hoch der Preis ist: Ich zahle ihn.« Abermals streiften seine Lippen meine Handfläche. »Und das Versprechen,

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