Das Blut Des Daemons
empfing mich auch hier gedämpftes Licht. Im Gegensatz zu draußen waren die Wände nicht getäfelt, sondern mit dezent gemusterten, hellen Stofftapeten bespannt, auf denen wiederum weitere Gemälde geschmackvoll arrangiert waren. Die Füße eines weißen Ledersofas und eines passenden Sessels, die, durch einen flachen Couchtisch aus dunklem Holz getrennt, mitten im Raum standen, versanken in einem orientalisch wirkenden Teppich. Die Wanddahinter teilten sich ein Sekretär und eine Art Anrichte. Fenster gab es keine. Durch eine Tür zur Linken konnte ich in das angrenzende Schlafzimmer sehen.
»Ich vermute, die Einrichtung ist nicht ganz nach Ihrem Geschmack, Princessa. Die Gäste, die Seine Gnaden normalerweise in diesen Räumlichkeiten beherbergt, zählen in der Regel zu den ältesten und mächtigsten Vampiren und sind meist dementsprechend antiquiert in ihren Vorstellungen. Aber ich bin sicher, dass die Zimmerflucht, die für Sie im zweiten Stock eingerichtet ist, mehr dem Geschmack einer jungen Frau dieses Jahrhunderts entspricht. – Kommen Sie weiter.« Abermals ging Michail voran. Die Teppiche waren – sofern das überhaupt möglich war – im Schlafzimmer noch flauschiger als in dem kleinen Salon. Ein riesiges Bett, in dem mühelos drei, wenn nicht sogar vier Personen Platz gefunden hätten, nahm beinah die gesamte hintere Hälfte des Raumes ein. Die Bettdecke war auf einer Seite einladend zurückgeschlagen. Auf der anderen Seite lagen ein paar langärmelige, moderne Shirts und zwei Paar Jeans – das eine hell und an einem Bein mit einem schimmernden Ornament verziert, das andere dunkel und verglichen mit dem ersten geradezu schlicht – zur Auswahl bereit. Eine ganze Längswand bestand nur aus Lamellentüren, hinter denen sich wohl ein Kleiderschrank verbarg. In der Ecke daneben reflektierte ein Ankleidespiegel das Licht. Auch hier gab es keine Fenster. Und auch hier waren Weiß und Creme die vorherrschenden Farben.
Michail hatte das Schlafzimmer vor mir durchquert und öffnete eben eine Tür in der dem Schrank gegenüberliegenden Wand. Diesmal griff er nur in den Raum hinein und ließ das Licht im Inneren aufflammen.
»Das Bad, Princessa. Ich habe mir erlaubt, Ihnen einen Bademantel und Handtücher bereitzulegen.« Er trat beiseite, um mich vorbeizulassen. Ich hatte mein altes Bad in SamuelsHaus oder das des Hale-Anwesens für elegant gehalten, aber dieses hier setzte neue Maßstäbe: ein Waschbecken, das in eine Marmorplatte eingelassen war, die einen Ton dunkler war als die Fliesen aus cremefarbenem Marmor an Boden und Wänden; eine Duschkabine, in der man vermutlich zu zweit duschen konnte, ohne sich dabei zu berühren; ein halbrunde Badewanne, in der jemand, der nur ein bisschen kleiner war als ich, ertrinken konnte; und ein mannshoher, glitzernder Spiegel, der in der Wand gegenüber bis zur Decke reichte. Ich rieb die Handfläche an meinen Jeans. Nein, wenn ich es genau bedachte, traf elegant es nicht wirklich; eher dekadent. Und nach meiner ehrlichen Meinung gefragt hätte ich zugeben müssen, dass ich das Bad des Anwesens diesem hier bei Weitem vorzog.
»Darf ich Ihnen die Jacke abnehmen, Princessa?« Ohne meine Antwort abzuwarten, griff Michail nach Juliens Lederjacke.
»Nein!« Hastig entzog ich mich seinen Händen.
»Wie Sie wünschen, Princessa.« Michail deutete eine kleine Verbeugung an.
»Ich wollte nicht … Entschuldigen Sie, …«
»Michail, Princessa. Nur Michail. Bei meinem Nachnamen bricht sich jeder Nicht-Russe die Zunge.« Abermals die Andeutung einer Verbeugung zusammen mit einem kurzen Lächeln.
»Ich wollte nicht unhöflich sein, Michail. – Und bitte, sagen Sie Dawn zu mir.«
»Ich habe Sie auch nicht als unhöflich empfunden, Dawn. – Dann lasse ich Sie nun allein, damit Sie sich ein wenig frisch machen können.« Er neigte den Kopf etwas zur Seite. »Es sei denn, von den Kleidern, die ich für Sie aus den Schränken in dem Zimmer oben herausgesucht habe, entspricht nichts Ihrem Stil …«
»Nein.« Ich warf einen raschen Blick an ihm vorbei zum Bett. »Das ist schon in Ordnung.«
Sein Nicken war eher eine erneute kleine Verbeugung. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Dawn?«
Das »Nein danke« war schon fast heraus, als mir etwas einfiel. »Könnten Sie mir vielleicht eine Kette besorgen? Meine ist … zerrissen und ich würde gerne …« Ich verstummte ein wenig hilflos. … das Blut der Ersten und das St.-Georgs-Amulett meines Freundes, der vielleicht
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