Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
Vom Netzwerk:
deshalb mussten wir die Preise ein bisschen erhöhen. Nichts Persönliches, versteht sich, Gott schütze die wohltätige Bruderschaft von San Pancrazio, aber Ihr wisst ja, wie das ist, das Gesetz von Angebot und Nachfrage…«
    Kommentarlos holte Melchiorri einige Münzen aus seiner Kuttentasche und ließ sie in die geöffnete Hand des hinterhältigen Kerls fallen.
    »Santino, geh mit den Brüdern«, rief der daraufhin einem der Männer am Tisch zu.
    Der Betreffende stand unwillig auf, aber nicht ehe er noch einen großen Schluck Wein getrunken hatte.
    »Nehmt eine Bahre, Brüder«, raunte Melchiorri und zeigte auf einen Stapel der Geräte.
    Zane schnappte sich eine der primitiven Tragen, die aus nichts weiter als zwei mit einem schmutzigen Stück Hanfstoff verbundenen Stöcken bestanden, und folgte den anderen. Die Bahre war trotz ihrer primitiven Machart ein sperriger Gegenstand, doch in den Händen des Slawen wirkte sie wie ein Spielzeug.
    Der Wärter namens Santino zog einen enormen Schlüssel aus seinem Gürtel und öffnete damit eine niedrige Holzpforte neben dem Tisch, an dem seine Kollegen die Würfelpartie wieder aufgenommen hatten, ohne die drei eines weiteren Blickes zu würdigen.
    Sie gingen durch einen weiteren langen Gang, dessen Wände Feuchtigkeit absonderten und von in regelmäßigen Abständen aufgehängten Öllampen schummerig beleuchtet wurden.
    Am Ende des Gangs mussten sie noch eine Treppe hinabsteigen, die tief ins Erdinnere vorzustoßen schien.
    Je tiefer sie kamen, desto mehr sank die Temperatur, und schließlich fing der Maler trotz der schweren Kutte der Bruderschaft vor Kälte an zu bibbern.
    Mehr um die angespannte Stimmung aufzulockern als aus wirklichem Interesse sagte er zu Melchiorri:
    »Diese Sache mit den Bahren habe ich noch nicht ganz begriffen.«
    Als der Wärter das hörte, drehte er sich ruckartig um und musterte den Maler neugierig.
    »Entschuldigt, Santino, er ist neu«, sagte der Großmeister hastig. »Er leistet diesen Dienst zum ersten Mal in den Kerkern des Heiligen Offiziums. Bruder Gaspare, wie ich Euch bereits erklärt habe, dürfen keinerlei Gegenstände mit ins Gefängnis gebracht werden. Damit wir nun aber die sterblichen Überreste der armen Sünder, die hier ihre Seelen ihrem Schöpfer überantwortet haben, nicht auf den Schultern forttragen müssen, stellen die Wärter den barmherzigen Bruderschaften freundlicherweise diese Bahren zur Verfügung. Wie Ihr versteht, ist es nur recht und billig, dass sie dafür eine kleine Entschädigung erhalten. Doch jetzt wollen wir schweigen, aus Respekt vor denen, die an diesem Ort ihre furchtbaren Sünden abbüßen.«
    Trotz des dämmerigen Lichts sah Fulminacci, wie die Augen des Freundes durch die Sehschlitze der hohen, spitzen Kapuze Blitze auf ihn abschossen.
    »Hier ist es«, sagte der Wärter und blieb vor einer Zellentür stehen. »Macht schnell.«
    Santino öffnete die Tür und ging den dreien in das enge Gefängnis voraus.
    Es war jedoch niemand darin.
    »Die… Die Zelle ist leer«, rief Fulminacci mit einem Beben in der Stimme. »Na, dann ist sie wohl schon weggebracht worden«, sagte der Kerkermeister mit einem kaum verhohlenen hämischen Grinsen. »Sieht so aus, als wärt Ihr umsonst gekommen.«
    »Aber… wer kann die Leiche abgeholt haben?«, fragte Melchiorri, der seine Überraschung kaum besser verbergen konnte.
    »Pah, was weiß ich. Vermutlich eine andere Bruderschaft. Zur Zeit herrscht hier unten ein dauerndes Hin und Her, sage ich Euch. Die Konkurrenz ist Euch offenbar zuvorgekommen!«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich«, widersprach der Großmeister. »Die Familie hat uns damit beauftragt, den Leichnam in Empfang zu nehmen. Sie wird gewiss nicht noch andere damit betraut haben.«
    »Dann haben vielleicht die Kollegen die Tote fortgeschafft, weil sie dachten, dass niemand sie abholen kommt.«
    »Wohin werden die Leichen gebracht?«
    »Gewöhnlich in die Ställe. Jeden Abend kommt ein Wagen mit Heu, und wenn das Futter abgeladen ist, werden die Toten aufgeladen und weggekarrt. Fragt mich nicht, wohin, denn ich weiß es nicht.«
    »Schnell, Santino, führt uns zu den Ställen«, sagte Melchiorri in drängendem Ton.
    »Immer schön langsam, Bruder. Das war nicht abgemacht. Wenn ich Euch zu den Ställen bringen soll, müsst Ihr einen Zuschlag zahlen. Ich hab meine Zeit schließlich auch nicht zu verschenken.«
    Der Maler war drauf und dran, dem widerlichen Kerl an die Gurgel zu gehen, doch Zane, der ihn

Weitere Kostenlose Bücher