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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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im Auge behalten hatte, schritt rechtzeitig ein. Der Slawe wusste genau, dass die Wahrscheinlichkeit, mit heiler Haut und vor allem mit Beatrice davonzukommen, gleich null war, wenn hier unten in den Kerkern ein Handgemenge entstand.
    »Also gut, Santino, nehmt diesen Dukaten«, sagte Melchiorri und drückte dem Wärter eine Münze in die Hand, »und nun führt uns rasch zu den Ställen.«
    Auf dem Weg wurde der Maler von noch schlimmeren und heftigeren Kälteschauern erfasst, die jedoch wenig mit den eisigen Temperaturen in diesen finsteren Verliesen zu tun hatten.
    Zu hören, wie Melchiorri und dieser zynische Wärter von Beatrice als »der Leiche« oder »der Toten« sprachen, hatte ihm das Blut in den Adern gefrieren lassen. Er sagte sich immer wieder, dass es ja nur eine List war, doch dieser unvorhergesehene Zwischenfall ließ plötzlich alles in einem neuen, unheilvollen Licht erscheinen.
    Was, wenn der Trank tatsächlich tödlich gewirkt hatte?
    Oder wenn Beatrice, der Himmel möge es verhüten, bereits tot gewesen war, als man ihr das Fläschchen gebracht hatte?
    Oder wenn sie infolge der Misshandlungen gestorben war, denen ihr hilfloser Körper möglicherweise ausgesetzt worden war?
    Oder wenn…?
    Die schlimmsten Vorstellungen überstürzten sich in seinem Kopf und erzeugten immer neue Schreckensbilder, bis er, ohne es zu merken, die vor ihm gehenden Gefährten aus den Augen verloren hatte. In ihrer Eile, zu den Ställen zu gelangen, hatten die anderen nicht bemerkt, dass er zurückgeblieben war.
    Als er seiner Umgebung wieder gewahr wurde, war er allein.
    Fulminacci blieb erschrocken stehen, weil ihm klar war, dass er sich ohne Führer in diesem Gängelabyrinth nicht zurechtfinden würde.
    Obendrein hatte die kleine Gruppe einen anderen Weg zu den Ställen genommen als den, den sie gekommen waren.
    Er erinnerte sich vage, um mehrere Ecken gebogen zu sein, wusste aber, dass er nicht dieselbe Strecke zurückgehen konnte, ohne sich komplett zu verirren.
    Reglos und mit angehaltenem Atem spitzte er die Ohren und lauschte auf die Schritte der Gefährten, um sich an ihnen zu orientieren. In den Korridoren gab es eine Vielzahl von Geräuschen: quietschende Türangeln, leises Stöhnen, das Schlurfen von Gefangenen, die sich in den Zellen bewegten, und das alles gedämpft und verworren durch den Hall in diesen endlosen unterirdischen Gängen. Fulminacci zögerte lange und versuchte, den richtigen Weg mithilfe irgendeines kleinen Hinweises zu erraten. Als er sich der Vergeblichkeit seines Tuns bewusst wurde, schlug er wahllos irgendeine Richtung ein.
    Sein Bestreben war es, baldmöglichst eine Treppe zu finden, die nach oben führte. Das Wissen um die Masse von Stein über seinem Haupt verursachte ihm plötzlich Platzangst, und er lechzte nach offenem Himmel, nach Licht und Luft.
    Er nahm einen Gang, der nach links abbog, und fand sich kurz darauf an einer Wegkreuzung wieder, von der drei gleich aussehende Tunnel abgingen. Auf gut Glück wählte er einen davon, denn manchmal hilft das Glück auch den Verzweifelten, und er schien eine gute Wahl getroffen zu haben, denn nach ein paar Biegungen stand er vor einer sich aufwärts windenden Wendeltreppe.
    Ohne Zaudern stieg er die Stufen hinauf und achtete dabei auf mögliche Laute aus den oberen Etagen. Die Treppe führte in eine Art Vorraum mit einem Tisch und vier Hockern, auf denen zum Glück niemand saß. Auf dem Tisch lagen einige Kleidungsstücke, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich auch hier normalerweise Wärter aufhielten. Fulminacci nahm den erstbesten Gang und fing an zu laufen, begierig, diesen bedrückenden Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Als er um die zigste Ecke bog, stieß er heftig mit jemandem zusammen, der ihm aus der anderen Richtung entgegenkam.
    Es war ein kleiner Mann von skelettartiger Magerkeit mit einer langen Hakennase und der schwarzweißen Ordenstracht der Dominikanermönche.
    Der Mönch stürzte und schlug gegen die raue Wand des Gangs, wobei er ein eher überraschtes als schmerzhaftes Wimmern ausstieß.
    Auch der Maler bekam den Stoß zu spüren. Er fiel zwar nicht, strauchelte aber und fuchtelte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten.
    Nach dem ersten Schreck blieben die beiden Männer einen Augenblick lang starr, dann stützte sich der Dominikaner an der Wand ab und erhob sich, wobei er den Maler mit seinem Blick durchbohrte.
    Die Augen des Mönchs blitzten vor Ärger und verletzter Würde, aber nicht das war es,

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