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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Fensteröffnung, einen Luftschacht, den er wegen des hohen Grases zuerst nicht bemerkt hatte. Die Entdeckung wurde von Erleichterung begleitet: Offenbar war die Stimme, die ihn geweckt hatte, doch nicht übernatürlichen Ursprungs.
    »Was machst du dort im Keller?«, fragte er. »Wer bist du?«
    »Ich bin Pater Bernardo Muti, der stellvertretende Inquisitor. Holt mich um Gottes willen hier raus!«
    »Ja, ja, und ich bin der König von Frankreich!«, erwiderte Gerlando. »Ich mag alt sein, aber ich lass mich trotzdem nicht gerne auf den Arm nehmen.«
    »Bitte hört mir zu«, fuhr die Stimme etwas weniger hochmütig fort. »Ihr müsst mir glauben, ich bin wirklich Bernardo Muti. Wenn Ihr kein Ungläubiger seid, müsst Ihr mir helfen.«
    »Und wie bist du dort in den Keller gekommen?«, wollte Gerlando wissen.
    »Ich bin von irgendwelchen Schurken entführt worden. Befreit mich bitte, wenn Ihr ein gläubiger Christ seid.«
    »Irgendwie ist mir die Sache nicht ganz klar«, beharrte Gerlando. »Wenn du tatsächlich der bist, der du zu sein behauptest, wie zum Teufel konnte man dich dann in den Keller sperren?«
    »Ich sage Euch doch, ich bin entführt worden! Ich weiß nicht, wer diese Unholde sind, aber sobald ich frei bin, werde ich es herausfinden. Und dann wird es ihnen schlecht ergehen!«
    »Setzen wir mal für einen Moment voraus, dass du die Wahrheit sagst«, erwiderte Gerlando darauf, »und setzen wir ebenfalls voraus, dass ich mir die Mühe mache, dich zu befreien… Was hätte ich davon? Schließlich geht mich diese Sache nichts an. Wenn jemand dich in den Keller gesperrt hat, wird er schon seine Gründe dafür haben, schätze ich.«
    »Ich flehe Euch an, lasst nicht zu, dass Euer durchaus verständliches Misstrauen Euch davon abhält, mir zu helfen. Wenn Ihr mich aus diesem verhassten Gefängnis herauslasst, ist Euch die ewige Dankbarkeit der heiligen römischen Kirche sicher!«
    »Von Dankbarkeit kann man nicht runterbeißen«, entgegnete der Alte dickköpfig.
    »Da habt Ihr recht, Signore. Deshalb werde ich dafür sorgen, dass Ihr außer unserer Dankbarkeit auch eine Belohnung erhaltet, die Eurer guten Tat angemessen ist.«
    »Ah, jetzt reden wir endlich vernünftig«, sagte Gerlando. »Erzähl mir mehr von dieser Belohnung. Was meinst du, wie viel du ausspucken… äh, erübrigen kannst, wenn ich dir heraushelfe?«
    »Herrgott, keine Ahnung… Habt Ihr denn kein bisschen Verständnis für das Unglück, das einen Bruder in Christo befallen hat? Kennt Ihr keine Nächstenliebe?«
    »In letzter Zeit nicht so sehr, nein. Aber schweifen wir nicht ab, sondern sprechen lieber wieder über die Belohnung. Ich nehme jede Währung: Scudi, Dukaten, Lire, hölländische Gulden…«
    »Wie Ihr wollt. Also, wenn Ihr die Tür zu diesem grässlichen Loch öffnet, werde ich Euch fünfzig Scudi bar auf die Hand auszahlen lassen.«
    »Habt Ihr hundert gesagt? Ich habe es nicht recht verstanden, weil ich ein wenig taub bin.«
    »Ja, meinetwegen hundert! Aber jetzt beeilt Euch und lasst mich heraus.«
    »Die Hälfte im Voraus«, feilschte Gerlando weiter.
    »Ich habe kein Geld bei mir«, antwortete die Stimme, »aber wenn Ihr die Freundlichkeit habt, mich zum Palast des Heiligen Offiziums zu begleiten, werde ich Euch vom Schatzmeister einhundertfünfzig frisch geprägte Scudi übergeben lassen.«
    »Na, dann sagen wir doch gleich zweihundert! Aber du musst warten, bis es dunkel wird. Jetzt sind hier zu viele Leute unterwegs, und außerdem muss ich mir erst den Schlüssel besorgen. Ich bin wirklich nicht sicher, ob ich dabei ein gutes Geschäft mache. Die Risiken sind hoch, und wer weiß, ob du überhaupt bezahlen kannst…«
    »Dreihundert! Dreihundert klingende Scudi, wenn Ihr mich hier rausholt. Aber Ihr müsst Euch sputen, ich kann nicht länger warten.«
    »Für dreihundert Scudi hole ich dich sogar aus der Hölle. Trotzdem müssen wir auf die Dunkelheit warten, jetzt ist es unmöglich. Hier oben herrscht ein Durcheinander, das glaubst du nicht. Sobald es Nacht wird, schließe ich dir die Tür auf. Du wartest schön hier.«
    »Wo soll ich denn auch hingehen?«
    Es kam keine Antwort auf Mutis gereizte Entgegnung. Gerlando hatte sich schon hinkend in Bewegung gesetzt.
    Er wusste, wo er den Kellerschlüssel fand, und auch, wie er unbemerkt daran kommen konnte.
    Während er die Lichtung überquerte und sich durch das Gestrüpp schlug, malte er sich bereits das herrschaftliche Leben aus, das er mit der für ihn ungeheuren Summe von

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