Das Blut des Skorpions
davon ausgehen, dass Muti inzwischen jede Einzelheit über uns weiß.«
»Zum Glück genießt der Palazzo Riario diplomatische Unantastbarkeit, was bedeutet, dass wir sicher sind, solange wir uns hier aufhalten.«
»Wir können aber nicht bis ans Ende unserer Tage hierbleiben«, sagte Beatrice. »Verschwinden wir lieber, falls das überhaupt noch möglich ist.«
»Nein, nein, wir sollten nichts überstürzen«, widersprach der Großmeister, der nach dem ersten Schrecken allmählich zu seiner gewohnten Kaltblütigkeit zurückfand. »Ich bin sicher, dass es eine Lösung gibt. Die Inquisition streckt ihre herrschsüchtigen Krallen inzwischen über ganz Europa und einen Teil der Neuen Welt aus, und selbst wenn es uns gelingen sollte zu entkommen, gäbe es nirgends einen Ort, an dem wir sicher wären. Nein, mit einer Flucht würden wir nur die Rache dieses Unmenschen hinauszögern. Die Sache muss hier und jetzt erledigt werden. Ich habe keine Lust, den Rest meiner Tage vor den Häschern des Heiligen Offiziums davonzulaufen. Wir müssen Ruhe bewahren, scharf überlegen und nicht in Panik geraten. Denkt daran, dass unser Leben außerhalb dieser Mauern keinen Scudo mehr wert ist. Es muss einen Ausweg geben, und ich werde ihn finden!«
KAPITEL LIII
Habt Ihr Neuigkeiten?«, fragte der Skorpion. »Nichts zu machen, tut mir leid. Ich habe jeden Mann, jede Frau, jeden Burschen darauf angesetzt und die ganze Stadt Zoll für Zoll durchkämmen lassen. Ich habe all meine Informationsquellen bis über die Grenzen der Vorsicht hinaus ausgeschöpft. Kein Hinweis, keine Andeutung. Absolut nichts.«
»Das war zu erwarten. Aber das ist kein großes Problem. Meine Vorgehensweise steht fest.«
»Ihr wollt Euren Plan wirklich ausführen?«, erkundigte sich Fieschi.
»Selbstverständlich. Mein Bernstein befindet sich dort. Und auch die Patres.«
»Das ist Selbstmord, das ist Euch hoffentlich bewusst. Wollt Ihr es Euch nicht noch einmal überlegen? Vielleicht könnte man einen anderen Aktionsplan ins Auge fassen, das Ende des Festes abwarten und dann zuschlagen…«
»Das wäre zwecklos«, unterbrach ihn der Skorpion. »Sie erwarten mich dort, und ich will sie nicht enttäuschen. Alles wird wie vorgesehen ablaufen.«
»Ich finde immer noch, dass es Wahnsinn ist. Es sind zu viele, selbst für Euch.«
»Wenn Ihr tut, worum ich Euch gebeten habe, wird es keine Schwierigkeiten geben. Ist das Boot bereit?«
»Es wartet auf Euer Kommen. Der Fährmann weiß Bescheid, er ist ein erfahrener Mann.«
Der Skorpion erhob sich von seinem Schemel.
»Kein Grund also, weiter zu zögern.«
»Ich fürchte, das ist das letzte Mal, dass ich Euch sehe.«
»Unterschätzt mich nicht. Das haben schon zu viele getan.« Capitaine de la Fleur ging mit großen Schritten über den gepflasterten Hof an der Hinterseite des Palazzos. Es blieb nicht mehr viel Zeit. Bald würden die ersten Gäste eintreffen, und es gab immer noch einige Details zu klären.
Die Männer waren dabei, die ihnen zugewiesenen Posten einzunehmen, aber die Waffen mussten noch an den festgelegten Plätzen verstaut werden, wo sie im Bedarfsfall leicht zugänglich waren.
Die Königin hatte zugestimmt, wenn auch widerwillig und nach viel Theater, den Palast bewachen zu lassen, dabei aber unnachgiebig darauf beharrt, dass die Wachen im Hintergrund bleiben und vor allem keine Waffen tragen sollten. Nur die fünfzehn Mitglieder ihrer Leibwache hatten die Erlaubnis, im Palast selbst Waffen zu tragen, denn auf dieses Privileg wollte die Monarchin nicht verzichten. Der Umstand, dass man ihr die Gründe für die Notwendigkeit eines ansehnlichen bewaffneten Wachkorps nicht offen darlegen konnte, hatte selbst für den diplomatisch geschickten Bischof de Simara ein unüberwindliches Hindernis dargestellt, der am Ende diesen Kompromiss hatte akzeptieren müssen.
Die Leibwache der Königin war ungefähr so nützlich wie ein Hund mit drei Schwänzen: aufgeputzte, schleifengeschmückte Gecken, hübsch anzusehen, aber ohne Courage und militärische Ausbildung. Wenn eintraf, was der Bischof und Kardinal Azzolini prophezeiten, würden diese Nichtsnutze sich im Nu aus dem Staub machen.
Unter diesen Umständen hatten sich die Musketiere damit abfinden müssen, ihre Degen an ein paar strategischen Punkten im Palast und dem umgebenden Park zu verstecken und darauf gefasst zu sein, sie beim ersten Anzeichen von Gefahr zu ergreifen.
Ein anderer Streitpunkt war der der Kleidung gewesen.
De la Fleur hatte
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