Das Blut des Skorpions
Geneigtheit zur Schau stellen. Er würde sich auf das eitle Geschwätz dieser aufgeblasenen Leute einlassen, an ihren albernen Spielen teilnehmen und mit all diesen als große Damen gekleideten Huren scherzen. Er würde sogar, ohne mit der Wimper zu zucken, die Königin selbst, diesen personifizierten Skandal, ertragen, die nicht nur frech mit ihren sapphischen Liebschaften prahlte, sondern auch eine schändliche Beziehung zu einem Kirchenfürsten unterhielt.
Auf die erzwungene Mitarbeit Fieschis würde er zwar verzichten müssen, da es dem Spion gelungen war, seine Tochter der longa manus der Inquisition zu entziehen, aber das hatte keine große Bedeutung mehr. Die Ereignisse der vergangenen Stunden, so demütigend und beleidigend sie auch gewesen waren, hatten ihm das Werkzeug geliefert, um dieses Vipernnest mit einem einzigen Handstreich auszuheben.
Alles war vorbereitet, jede Einzelheit genauestens bedacht, nichts dem Zufall überlassen worden.
Und wenn der Zeitpunkt gekommen war, würde die Falle zuschnappen, blitzartig und unerbittlich.
Die Personen, die ihn entführt, misshandelt und eingesperrt hatten, würden in den Verliesen des Heiligen Offiziums landen, wo man über genügend Zeit und Mittel verfügte, um ihnen ein volles Geständnis abzuringen, auf das die unvermeidliche und gerechte Strafe folgen würde.
Der Scheiterhaufen.
Dieser Skandal würde die schwedische Königin, ihren verderbten, liederlichen Hofstaat und auch Kardinal Azzolini und seine Anhänger mit ins Verderben reißen.
So gesehen konnte er den unbesonnenen Dummköpfen, die es gewagt hatten, Hand an ihn zu legen, regelrecht dankbar sein. Sie hatten ihm den Vorwand geliefert, nach dem er schon seit Monaten suchte, um mit eisernem Besen den wurmstichigen Klüngel hinauszukehren, der den Heiligen Stuhl Petri zu einem widerlichen Marktplatz der Seelen und Gewissen gemacht hatte.
Er wusste, dass viele Menschen sich nach einem Aufbruchssignal sehnten. All die, denen die heilige, erlösende Mission der Kirche am Herzen lag und die bisher verwirrt und in alle Winde zerstreut die Zähne zusammengebissen hatten, weil sie sich den weltlichen und korrupten Kräften, die das Sagen hatten, nicht zu widersetzen wussten, würden sich unter dem Banner des wahren Glaubens zusammenfinden und eine gemeinsame Front bilden, um eine Veränderung herbeizuführen.
Dann, dann endlich würde die Geschichte eine neue Wendung nehmen.
Eine reinigende Welle würde über ganz Europa hinwegschwappen, die Ketzereien hinwegspülen, dem Irrtum ein Ende machen und den Leib der heiligen Kirche des Erlösers von den Schlacken befreien, die sich in diesem lasterhaften, eitlen Zeitalter angesammelt hatten und ihre klare, unverbiegbare Botschaft erstickten.
Der strafende Arm der heiligen Inquisition würde wie der Flügel eines Racheengels auf die Schlupfwinkel der Ungläubigen niedergehen und mit gewaltigem Schlag die Abertausend Sündenpfuhle vernichten, in denen sogenannte »Wissenschaftler«, beschützt von Laxheit und Gleichgültigkeit, den Willen des Schöpfergottes durch die »Vernunft« zu ersetzen beabsichtigten.
Eine gewaltige Aufgabe lag vor ihm, ein ungeheures Werk der Läuterung, doch er würde nicht zögern und nicht schwanken, um es in Angriff zu nehmen.
Das Feuer würde die Bastionen derjenigen reinigen, die durch die Herrschaft des Zweifels die unverbrüchlichen Gewissheiten des wahren Glaubens und mit ihnen seine weltliche Festung, die Kirche Christi, untergraben wollten.
Das Nachdenken über die große Mission, die der Allmächtige ihm anvertraut hatte, ließ den zerbrechlichen Leib des Dominikaners vor Erregung beben und trieb ihn fast zur Raserei vor Ungeduld, endlich zur Tat schreiten zu können.
Nicht einmal die alten Rivalen seines heiligen Ordens, diese sogenannten Streiter Christi, welche die erhabene Aufgabe, die ihnen vom heiligen Ignatius von Loyola übertragen worden war, verraten hatten, indem sie Glauben und Vernunft, Gehorsam und Erkenntnis durcheinanderbrachten – nicht einmal sie würden von dem läuternden Strafgericht verschont werden.
Niemand, niemand würde entkommen.
Es würde keine Gnade, keine Ruhe, kein Entrinnen geben, bis das reine Banner des Lammes Gottes triumphiert hatte.
Die Stunde war nicht mehr fern.
KAPITEL LIV
Nanni, wir wollen gehen, bist du denn immer noch nicht fertig?«, rief Beatrice entnervt.
»Einen Augenblick noch«, antwortete Fulminacci hinter dem Paravent. »Dräng mich nicht zur
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