Das Blut des Skorpions
sein.
Unauffällig näherte er sich dem Maler, nahm ihn sachte beim Arm und führte ihn ein paar Schritte von der Gruppe weg.
Fulminacci war nicht wenig überrascht von diesem Verhalten des reservierten Geistlichen.
»Auf ein Wort, Maestro Sacchi«, murmelte der Bischof und überzeugte sich aus dem Augenwinkel davon, dass niemand ihr Gespräch unter vier Augen mitbekam.
»Ganz wie es Euch beliebt, Monsignore«, antwortete Fulminacci prompt.
»Ich habe erfahren, dass Ihr in den vergangenen Tagen mehrfach in die Lage geraten seid, die Klinge mit dem Skorpion zu kreuzen«, begann de Simara. »Die Tatsache, dass Ihr diese Begegnungen überlebt habt, ist an sich schon ein Grund zur Verwunderung, und ich würde Euch lieber nicht mit dem Gefallen belasten, um den ich Euch bitten möchte…«
Als Fulminacci den Namen des Skorpions hörte, brach ihm sogleich der kalte Schweiß aus.
»… doch wie Ihr sicher gehört habt, ist diese üble Geschichte alles andere als erledigt. Der Skorpion wird heute Abend hier sein.«
»Und das, verzeiht mir meine Kühnheit, ist wahrlich keine gute Nachricht«, erwiderte Fulminacci, »zumal ich von dieser Geschichte, die Ihr da erwähnt, immer noch so gut wie nichts verstanden habe. Wenn ich tatsächlich schon wieder mein Leben aufs Spiel setzen soll, dann will ich nicht weiter im Dunkeln tappen.« »Ich bin nicht sicher, ob ich Euch so weit vertrauen kann«, sagte de Simara nachdenklich.
Derweil drehte sich das Gespräch zwischen Melchiorri, Bellori und Pater Ricci um die Technik der Wachsmalerei, die der Großmeister seit einiger Zeit intensiv studierte. Sowohl der Augustiner als auch der Kunsthändler hatten einiges dazu zu sagen, wodurch Beatrice sich von ihnen entfernen und diskret zu den beiden abseits sprechenden Männern treten konnte.
»Erlaubt mir, mich einzumischen, Monsignore. Ich glaube, Maestro Sacchi hat in letzter Zeit hinlänglich bewiesen, dass er Eures Vertrauens würdig ist. Darüber hinaus ist Euer großes Geheimnis gar nicht mehr so geheim, da inzwischen mehrere Personen davon Kenntnis haben.«
Der Bischof musterte die Kartenlegerin und wog offensichtlich das Für und Wider ihres Einwands ab.
»Nun gut«, sagte er schließlich. »Aber Ihr müsst mir versprechen, mit keiner Menschenseele darüber zu reden.«
KAPITEL LV
Wir haben wenig Zeit«, sagte de Simara, »bald kommen die ersten Gäste. Sagt, Maestro Sacchi, was wisst Ihr über die Situation in Schweden?«
»Äh… nun ja… nicht viel. Ich weiß, dass Christine abgedankt hat, um den katholischen Glauben anzunehmen, und dass Karl X. ihr auf den Thron gefolgt ist. Der jetzige König ist dessen Sohn, Karl XI., um dessen Gesundheit es, wie man hört, nicht zum Besten steht.«
»So ist es. Die Nachrichten, die uns aus Schweden erreichen, besagen, dass Karl XI. das Ende des Jahres wohl nicht mehr erleben wird. Der Wettlauf um seine Nachfolge hat bereits begonnen. Aufgrund der Jugend des Königs liegen die Regierungsgeschäfte in den Händen seines ersten Ministers, Magnus de la Gardie, eines der erbittertsten Feinde des Papsttums. Falls Karl stirbt, wird Magnus zweifellos eine ihm genehme Marionette auf den Thron heben. Diese Situation könnte durch eine Rückkehr Christines nach Schweden vermieden werden. Der Königin könnte es gelingen, den niederen Adel um sich zu scharen und aufzuwiegeln, der ihr immer noch treu ergeben ist und vor allem unter der hohen, von Magnus auferlegten Steuerlast leidet. Doch leider hat die Königin derzeit nicht die Absicht, in ihre Heimat zurückzukehren, und mit jedem Tag, der vergeht, verringern sich ihre Chancen, Schwedens Thron zurückzugewinnen. Im Moment interessiert sich Christine ausschließlich für ihr Vergnügen und nicht für die diplomatische Schlacht, die um sie herum im Gange ist, unter anderem auch, damit ihr weiter die bei ihrer Abdankung vereinbarten Gelder ausbezahlt werden. Wie Ihr seht, sind die Erfolgsaussichten der heiligen Mutter Kirche, die skandinavische Nation in ihren Schoß zurückzuholen, gering. Allein… da wäre noch etwas. Karl IX., der Großvater der Königin, besaß nicht nur große Fähigkeiten als Regent, sondern auch als Liebhaber. Seine galanten Abenteuer waren zahlreich, aber uns interessiert nur ein spezielles. Kurz nach seiner Thronbesteigung hatte er eine stürmische Affäre mit einer polnischen Prinzessin, die dem Geschlecht der Jagiellonen angehörte. Ihren Namen zu erwähnen wäre in diesem Palast nicht angebracht.
Aus diesem
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