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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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undurchdringlichen Gestrüpp stand.
    Fulminacci musste all seine Fähigkeiten aufbieten und erneut die Strategie ändern, weil er wusste, dass er auf diese Weise nicht mehr lange Widerstand leisten konnte. Er setzte seine nicht geringe Körperkraft ein, die der seines Gegners überlegen war, und verlieh seinen Abwehrschlägen mehr Wucht, um die Distanz zwischen ihnen zu verringern. Bei einem Duell aus nächster Nähe konnte er seine Jugend und überlegene Kraft besser zu seinem Vorteil nutzen.
    Der Skorpion schien auf seine verzweifelte List hereinzufallen, und bald kämpften sie Schulter an Schulter, nur durch die gekreuzten Griffe ihrer Waffen voneinander getrennt. Zum ersten Mal empfand Fulminacci so etwas wie leise Zuversicht. Aus der Nähe konnte er all die schmutzigen Tricks anwenden, die er als einer der Hauptakteure bei vielen Wirtshausraufereien gelernt hatte: Schulterstöße, Beinstellen, Ohrfeigen mit dem Rücken der freien Hand, Fußtritte und Spucken. Doch der Skorpion wusste offenbar auch mit dieser Art von Kampftechnik umzugehen. Er wich geschickt all seinen Schlägen und Attacken aus, erwiderte sie ebenso kraftvoll und führte seinerseits ein paar unfeine Kniffe ins Feld, mit denen der Maler nicht gerechnet hatte.
    Mittlerweile wusste Fulminacci nicht mehr, welchen Heiligen er noch anrufen sollte. Jeder Dreh, jeder Kniff, jede Finte, die er sich ausdachte, lief an der Klinge des Gegners ab wie Brunnenwasser am Waschbrett.
    In dieser schwierigen Lage griff er zu einem verzweifelten Mittel, einem Stoß, den ihm sein Fechtlehrer einmal beigebracht hatte, allerdings mit der Warnung, ihn nur im Falle höchster Gefahr zu wagen. Mit einer heftigen Drehung des Unterarms, in die er übermenschliche Kraft legte, entwand er sich seinem Gegenüber, der ihn mit gekreuzter Klinge abgeblockt hatte, ging plötzlich in die Knie, als die feindliche Waffe nicht auf ihn zielte, und stieß mit seinem Degen von unten zu, in der Absicht, den Skorpion direkt ins Herz zu treffen. Dieser Stoß war zweifach gefährlich. Erstens musste man dazu ein Knie auf dem Boden absetzen, wodurch man sich im Falle eines Misserfolgs dem Gegenschlag aussetzte, ohne zurückweichen zu können. Zweitens blieb dabei die gesamte linke Körperhälfte ohne Deckung. Und selbst wenn der Stoß ins Ziel traf, hatte der Gegner, falls er genauso schnell war und die Absicht erahnte, einen Bruchteil einer Sekunde Zeit, um selbst noch einen Hieb anzubringen. Sein Fechtlehrer hatte ihm damals, in seinen fernen Jugendjahren in Pavia, erzählt, wie es schon so manches Mal vorgekommen sei, dass zwei Kontrahenten sich gegenseitig aufgespießt hätten.
    Das Schwert des Skorpions wurde durch die kraftvolle seitliche Drehung seines Degens ein paar Handbreit zurückgeschoben und gab ihm Gelegenheit, auf ein Knie zu fallen und den Stoß auszuführen.
    Die Reaktionsgeschwindigkeit des Mörders war erstaunlich.
    Statt durch eine Lücke in dessen Deckung ins Ziel zu treffen, krachte Fulminaccis Degen erneut gegen das Schwert des Skorpions. Der Aufprall von Stahl auf Stahl war klirrend und schrill, und die Klinge des Malers brach eine Handbreit über dem Griff ab und machte ihn vollkommen wehrlos gegenüber dem unvermeidlichen Gegenangriff.
    Der Skorpion schlug nicht sofort zu, sondern hielt einen Augenblick inne und lächelte; dann, nachdem er die Wirkung seines Hiebs im Voraus ausgekostet hatte, hob er sein Schwert, um dem Maler den Garaus zu machen.
    Dieses kleine Zögern erwies sich als entscheidend.
    Die Klinge des Skorpions, die zischend auf Fulminaccis ungeschützten Hals zusauste, traf auf ein unerwartetes Hindernis.
    Bischof de Simara, der inzwischen das Dickicht umrundet und die Lichtung von der anderen Seite betreten hatte, war mit seiner Waffe vorgestürzt und hatte die tödliche Bahn des Mörderschwerts unterbrochen. Der Skorpion war jedoch kein Fechter, der sich leicht überrumpeln ließ. Mit einem schnellen Satz entfernte er sich von seinem neuen Widersacher und ging sofort wieder in die Ausgangsstellung.
    Der Maler blieb keuchend auf dem Boden liegen. Sein Herz schlug in einem so wilden Rhythmus wie maurische Musik, und er wusste, dass er um die sprichwörtliche Haaresbreite davongekommen war.
    Nicht, dass die momentane Situation Anlass zu großem Optimismus gegeben hätte.
    Was konnte ein Bischof, ein Kirchenmann, obendrein noch ein alter, gegen den gefährlichsten Meuchelmörder Europas ausrichten?
    Nein, das böse Ende war nur aufgeschoben, sagte sich

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