Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Blut des Teufels

Titel: Das Blut des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
Vom Netzwerk:
sprachlos auf dessen Mitte.
Norman beugte sich näher zu der Stelle, an der Sam gearbeitet hatte. Auch er blieb stumm und richtete sich bloß mit offenem Mund auf.
Sam starrte weiter die freigelegte Stelle an. Mitten in den Beschlag war ein Kreuz geritzt, an dem die winzige Gestalt eines Mannes hing.
»Jesus Christus!«, fluchte Sam.
    Guillermo Sala saß auf einem Baumstumpf am Rand des Regenwalds, ein Gewehr an seinem Knie. Die Sonne, die hinter ihm dem Horizont entgegenkroch, warf die schlanken Schatten junger Schößlinge, die am Rand der Ruine wuchsen, fünfzehn Meter weit zu der viereckigen Grube. Aus der Öffnung drang der Schimmer von Laternen in die Dämmerung hinaus und verschluckte die Schatten, die nach dem Schacht griffen. Sogar die hungrigen Schatten wussten, was dort unten lag, dachte Gil. Gold.
    »Wir könnten ihnen jetzt die Kehle durchschneiden«, meinte Juan zu ihm. Er nickte zu dem Kreis aus Zelten hinüber. Die Wissenschaftler hatten sich dorthin zurückgezogen, um die eingeritzten Bilder auf dem Grabmal zu studieren. »Und Grabräubern die Sache in die Schuhe schieben.«
    »Nein. Mord an Gringos wirbelt zu viel Staub auf«, erwiderte Gil. »Wir halten am Plan fest. Warten die Nacht ab. Wenn sie schlafen.« Er saß geduldig da, während Juan neben ihm nicht still sitzen konnte. Vier Jahre in einem chilenischen Gefängnis hatten Gil viel darüber gelehrt, wie hoch der Preis für zu große Eile sein konnte.
    Juan fluchte unterdrückt. Gil hingegen horchte lediglich auf die Geräusche des erwachenden Regenwalds hinter sich. Nachts im Mondschein wurde der Dschungel lebendig. Jeden Abend fand in den schwarzen Schatten das Spiel zwischen Jäger und Gejagtem statt. Gil liebte diese Zeit des Abends, das erste Erwachen eines Waldes, der seine grüne Unschuld abschüttelte und sein schwarzes Herz zeigte.
    Ja, er konnte wie der Regenwald auf die Nacht und den Mond warten. Schließlich hatte er schon fast ein volles Jahr gewartet. Zunächst, während er dafür gesorgt hatte, dass er als Wächter für dieses Team angeheuert wurde, dann, als er seine Gefolgschaft zusammengestellt hatte. Er war zur Bewachung der Grabstätte hergekommen und erfüllte seine Pflicht – aber nicht, um die Vergangenheit für diese Yankee-Wissenschaftler zu bewahren, sondern um sich selbst die Schätze zu sichern.
    Diese Amerikaner, diese Maricons , ließen ihm mit ihrer Blindheit der Armut gegenüber die Galle hochsteigen. Die Grabmale eines Landes zu geschichtswissenschaftlichen Zwecken auszurauben, wo doch die kleinste Kostbarkeit dort unten eine Familie auf Jahre ernähren könnte! Gil erinnerte sich an die Schätze, die 1988 in Pampa Grande in einem unberührten Grabmal der Moche entdeckt worden waren. Ein wahrer Strom aus Gold und Edelsteinen. Bauern, die versucht hatten, auch nur einen Krümel aus der reichen Ernte zu ergattern, waren durch die Hände der Wächter gestorben, nur damit die Schätze in ausländischen Museen dahinsiechen konnten.
    Eine solche Tragödie wird sich hier nicht wiederholen, dachte er. Es war das Erbe unseres Volks! Wir sollten diejenigen sein, die von unserer Vergangenheit profitieren!
    Gils Hand verirrte sich zu der Ausbuchtung in seiner Weste. Dort steckte eines der vielen Geschenke der linksgerichteten Guerilla in den Bergen, die Gil bei diesem gewagten Unternehmen unterstützt hatte. Er tätschelte die Handgranate in seiner Tasche.
    Eigentlich sollte sie lediglich nach dem Grabraub die Spuren verwischen, aber wenn diese pelotudo Amerikaner versuchten, dazwischenzugehen … na ja, es gab immer raschere Methoden zu sterben als durch eine Messerklinge.
    Maggie O’Donnel verachtete Latein. Das war nicht einfach nur Widerwillen gegen die tote Sprache, sondern eine von Herzen kommende Abscheu. Sie hatte eine strikt katholisch geführte Schule in Belfast besucht und war zu einem jahrelangen Studium der lateinischen Sprache gezwungen gewesen. Doch selbst nach wiederholten Schlägen auf die Fingerknöchel durch sadistische Nonnen war davon nichts bei ihr hängen geblieben. Jetzt starrte sie die Kohle-Nachzeichnung der Inschrift an der Tür an, die sie auf dem Tisch im Hauptzelt ausgebreitet hatten.
    Sam hatte ein Vergrößerungsglas über einer der filigranen Zeichnungen des obersten Beschlags angebracht. Über seinem Kopf baumelte eine Lampe. Er war der beste Epigraphiker der Studentengruppe, äußerst geschickt im Entziffern uralter Sprachen. »Meiner Meinung nach heißt das hier Nos Christi defenete,

Weitere Kostenlose Bücher