Das Blut des Teufels
hatte, er solle das Dorf vorbereiten. Für den Fall, dass entgegen der Warnung doch keinerlei Gefahr bestand, hatte er geplant, den Professor ins Dorf zu geleiten, die Vorstellung zu übernehmen und so jedes Blutvergießen zu verhindern.
Er zog in Betracht, ins Dorf zurückzukehren. Die Inka waren zwar auf Feindseligkeiten vorbereitet, jedoch nicht auf solche. Er sollte sie warnen – sie mussten fliehen. Aber er wusste, dass Pachacutec niemals fliehen würde. Sie beide hatten an diesem Morgen lange miteinander gesprochen und es war klar, dass der Inkakönig eine Bedrohung der Autonomie seines Stammes keinesfalls hinnehmen würde. Pachacutec würde nicht davonlaufen.
Also blieb Norman weiterhin auf seinem Horchposten und spähte durch das Laub. Der Anführer der Männer, ein dicklicher Mann in einem Safarianzug und dazu passendem Hut, brüllte Befehle und ließ seine Männer in Reih und Glied zum Marsch auf das Dorf antreten. Seine Leute gehorchten unverzüglich. Seit die Landekufen den Boden berührt hatten, hatte es kaum zehn Minuten gedauert, bis das Angriffsteam unterwegs war. Es operierte mit militärischer Präzision.
Zwei Männer übernahmen die Vorhut. Geduckt liefen sie unter den Rotorblättern des Helikopters hervor und zu dem Pfad hinüber, der zum Dorf führte. Bei ihrer Erkundung aus der Luft hatten sie die gewundenen Pfade zum Dorf bestimmt kartographiert, da war sich Norman sicher. Die anderen vier Männer folgten langsamer, vorsichtig, die Gewehre schussbereit. Der große, rotgesichtige und schweißgebadete Anführer ging hinter ihnen. Er war mit einer Pistole bewaffnet und wurde von einem einzelnen Leibwächter flankiert.
Norman wartete, bis der gesamte Trupp im Dschungel verschwunden war, und wagte dann endlich wieder zu atmen. Er hockte nur da, unschlüssig, was er tun sollte. Er musste Sam Bescheid geben. Er versuchte, die Felswand in sein Blickfeld zu bekommen, durch die der Schacht zum Tempel führte, doch versperrte ihm der Regenwald die Sicht.
Wenn er sich nur seinen Weg durch den Dschungel bahnen könnte …
Er wollte sich gerade in Bewegung setzen, als ihn neue Stimmen an Ort und Stelle verharren ließen. Zitternd hockte er da. Auf der anderen Seite des Helikopters stiegen zwei weitere Männer aus. Den Professor erkannte Norman sofort. Er war unrasiert und seine Kleidung sah so aus, als hätte er seit Tagen darin geschlafen. Seine stolze Haltung war jedoch unverkennbar.
Henry trat stolpernd einen Schritt voran, geschoben von der Waffe eines großen dunklen Mannes in einer Mönchskutte. Der Bewaffnete hatte schwarzes Haar und zeigte einen noch finstereren Gesichtsausdruck. Auf seiner Brust glitzerte ein Silberkreuz.
Norman verstand nicht, was diese Verkleidung zu bedeuten hatte. Zweifellos war es eine List.
Als die beiden sich weiter vom Helikopter entfernten, drangen Worte bis zu ihm vor. »Entweder Sie arbeiten ohne Wenn und Aber mit uns zusammen«, sagte der dunkle Mann, »oder der Student an der Grabungsstätte wird dasselbe Schicksal erleiden wie Ihre Freundin.«
Henrys Schultern sackten zusammen. Er war geschlagen. Nickte.
Norman in seinem Versteck ballte in hilfloser Enttäuschung die Hände zu Fäusten. Der Bewaffnete musste von Philip gesprochen haben. Der Harvardstudent wurde drüben im Lager als Geisel gehalten.
»Wir werden die Gefangenen befragen«, fuhr der Mann fort, »und Sie werden uns dabei helfen.«
»Schon verstanden«, fauchte Henry zurück. »Aber wenn meinem Neffen oder einem der anderen etwas zustößt, könnt ihr euch eure Befragung in den Arsch schieben!«
Der Ausdruck des Mannes wurde noch finsterer, doch er trat bloß zurück. Mit der freien Hand holte er eine Zigarette heraus.
Als Norman eine bequeme Haltung einnehmen wollte, landete seine rechte Hand auf einem Brocken Vulkangestein. Er umklammerte ihn und starrte zu dem Mann hinüber, der den Professor gefangen hielt. Mühsam lockerte er den Stein und holte ihn heraus. Wenn er sich am Rand des Basalts entlangschliche, brächte das den Helikopter zwischen ihn und den Wächter. Schon hatte er sich in Bewegung gesetzt und glitt am Saum des Regenwalds entlang. Wie er wusste, hatte sich sogar der Pilot des Hubschraubers dem Angriffsteam angeschlossen, also gab es hier nur noch diesen einzelnen Wächter. Es war riskant, doch vielleicht konnte er mit seiner Tat sie alle retten. Wenn es ihm gelang, den Professor zu befreien, konnten sie zu zweit fliehen und sich Sams Gruppe anschließen.
Er packte den aufgefalteten Rand
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