Das Blut des Teufels
was hier liegt.« Jetzt war Henry an der Reihe, seine Geschichte über seine Zeit bei den Mönchen in der Abtei Santo Domingo zu erzählen. Als er die forensische Pathologin Joan Engel erwähnte, brach seine Stimme. Ein weiterer Tod in dem jahrhundertelangen Kampf um den Besitz dieses seltsamen Goldes. Maggie verstand den Schmerz, der sich hinter den Worten des Professors verbarg, den Teil der Geschichte, der unausgesprochen geblieben war, und sie hakte nicht nach.
Anschließend wischte sich Henry die Nase und wandte sich dem Tempel zu. »Also haben die Inka hier tatsächlich errichtet, was der Abt erträumt hat. Ein Monument, das groß genug ist, um eine außerweltliche Macht zu erreichen.«
»Aber ist es die Münze Gottes?«, fragte sie und nickte zu Sam hinüber. »Oder das Blut des Teufels?« Sie warf einen Blick zur angrenzenden Caldera hinüber. »Worin besteht letztlich sein Ziel? Welchen Zweck erfüllen diese Kreaturen?«
Henry schüttelte den Kopf. »Ein Experiment? Vielleicht zu unserer Fortentwicklung? Vielleicht zu unserer Vernichtung?« Er zuckte mit den Schultern. »Wer weiß, welche Intelligenz die Handlungen des Tempels steuert. Wir werden es womöglich nie erfahren.«
Gedämpfte Stimmen und das Scharren von Absätzen auf Felsstein erregten plötzlich ihre Aufmerksamkeit. Norman und Denal konnten unmöglich schon zurückgekehrt sein. Plötzlich wurden sie von Taschenlampen geblendet, die vom Tunneleingang auf sie gerichtet wurden, und jemand rief ihnen einen Befehl zu: »Keine Bewegung!«
Maggie und Henry rührten sich nicht. Was blieb ihnen auch anderes übrig? Hinter ihnen gab es keine Fluchtmöglichkeit. In Wahrheit jedoch wollte keiner von beiden Sam im Stich lassen. Sie warteten, dass die Leute herankamen. »Tu, was sie von dir verlangen!«, warnte Henry.
Den Teufel werde ich tun! Aber das sagte sie nicht laut.
Ein Riese von Mann, der den Berichten des Professors zufolge nur Abt Ruiz sein konnte, trat auf sie zu. Maggie erhielt nur einen ganz flüchtigen Blick auf ihn. »Professor Conklin, Sie haben sich als so einfallsreich wie eh und je erwiesen und uns geschlagen.« Stirnrunzelnd betrachtete er Maggie. »Natürlich hatten Sie es nicht so schwer, die Zungen zu lösen, könnte ich mir vorstellen. Diese Inka haben sich als ziemlich stur erwiesen. Ah, ja, aber das Endergebnis ist das Gleiche. Wir sind da!«
Der Abt ging an ihnen vorüber, um einen Blick auf die Kammer zu werfen. Einen Moment lang starrte er bloß reglos hinein. Dann schauderte er am ganzen Körper und fiel schließlich auf die Knie. »Ein Wunder!«, rief er auf Spanisch aus und schlug eilig das Zeichen des Kreuzes. »Die Skulptur auf dem Tisch ist anscheinend Christus persönlich. Wie in unserem Gewölbe in der Abtei. Ein Zeichen!«
Maggie und Henry sahen einander an. Keiner von beiden hatte die Absicht, den Abt über seinen Irrtum aufzuklären.
»Seht mal, wie es vom Dach tröpfelt! Die alten Inkaerzählungen sprechen von einer Hauptader. Dass es dort wie Wasser von den Bergen herabfloss. Hier ist sie!«
Maggie drückte sich näher heran. Sie wusste, dass der Abt früher oder später seinen Irrtum erkennen würde. Sie durfte nicht zulassen, dass diese Männer Sams Heilung störten, und räusperte sich. »Diese Kammer hier ist lediglich ein Kinkerlitzchen«, sagte sie leise.
Der Abt, der immer noch auf dem Boden kniete, drehte sich zu ihr um. In seinen Augen leuchtete nach wie vor das Gold. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Das ist bloß der Tempel, der Eingang«, erwiderte sie. »Die echte Quelle liegt im nächsten Tal. Die Inka nennen es janan pacha .«
»Ihren Himmel?«, fragte der Abt.
Maggie nickte. Sie war froh darum, dass der Mann einige Kenntnisse von der Inkakultur besaß, und warf Henry einen Blick zu. Dessen Stirn zeigte tiefe Furchen, während er über ihren Plan nachdachte. Er missbilligte ihn, blieb aber stumm. Maggie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Abt zu. »Der Tempel hier ist bloß ein Totempfahl an der Straße und dient der Anbetung. Ein Durchgang zu den Wundern, die dahinter liegen.«
Der Abt erhob sich. »Zeigen Sie es mir!«
Maggie wich einen Schritt zurück. »Nur gegen die Zusicherung, dass uns nichts geschieht.«
Abt Ruiz schaute den Gang hinab, ein Auge argwöhnisch zusammengekniffen.
»Der Himmel wartet«, sagte Maggie, »doch ohne meine Hilfe werden Sie ihn nie finden.«
Der Abt machte ein finsteres Gesicht. »Na schön. Ich verspreche, dass Ihnen nichts geschieht.«
»Schwören Sie
Weitere Kostenlose Bücher