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Das Blut des Teufels

Titel: Das Blut des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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um Sein Licht auf ihn herabscheinen zu lassen. Keuchend hob Francisco den Kopf. Selbst eine so einfache Bewegung fiel ihm schwer. Noch ein einziger Schritt und der Regenwald lag hinter ihm. Ungehindert strahlte das Licht der aufgehenden Sonne über die roten und schwarzen Felsen des kahlen Berggipfels.
Sogar für ein Dankgebet war er zu schwach. Mühsam kletterte er auf allen vieren durch das letzte Unterholz zum Gipfel hinauf. Es musste dort geschehen. An ihrem heiligen Altar.
Er weinte jetzt, verschloss jedoch die Ohren vor dem eigenen Schluchzen. Auf Händen und Füßen legte er das letzte Stück zu dem Granitbrocken zurück. Nachdem er den steinernen Altar erreicht hatte, setzte er sich auf die Fersen und hob das Gesicht dem Himmel entgegen. Er schrie. Es war kein Gebet, sondern ein Jubelruf darüber, dass er noch lebte. Und alle sollten es hören.
Die Antwort kam prompt. Erneut erschallte das Geschrei der Jäger von der Brücke herauf. Sie hatten den Abgrund überquert und ihre Verfolgung wieder aufgenommen.
Francisco senkte das Gesicht. Rings umher erstreckten sich die zahllosen Gipfel der Anden bis zum Horizont. Einige waren schneebedeckt, doch die meisten ebenso kahl wie derjenige, auf dem er kniete. Einen Moment lang verstand er beinahe, weshalb die Inka diesen Berghöhen so viel Verehrung entgegenbrachten. Hier, inmitten der Wolken und des Himmels, war man näher bei Gott. Ein Gefühl der Zeitlosigkeit und eines Versprechens der Ewigkeit schien in dem himmlischen Schweigen zu liegen. Sogar die Jäger verstummten – entweder aus Respekt vor dem Berg oder um ihr Opfer unbemerkt zu beschleichen.
Francisco war zu erschöpft, um sich deswegen Sorgen zu machen.
Sein Blick ruhte auf der anderen Art von Gipfel, die es in dieser Bergregion gab. Unter ihm, Richtung Westen, lagen zwei rauchende Berge, Calderas, die in denselben morgendlichen Himmel hinauf starrten. Von hier aus sahen die im Schatten liegenden Gipfel aus wie zwei verwunschene Augen.
Er spuckte in ihre Richtung und hob eine Faust, den Daumen zwischen zwei Finger gesteckt – ein Zeichen gegen das Böse.
Francisco war bekannt, was in jenen warmen Tälern lag. Von seinem Altar auf den Berghöhen aus taufte er die Zwillingsvulkane: »Ojos el de Diablo«, flüsterte er … die Augen des Teufels.
Zitternd kehrte er ihnen den Rücken zu. Er konnte das, was zu tun war, nicht vollbringen, solange er jene Augen anstarrte. Er wandte sein Gesicht nach Osten, der aufgehenden Sonne entgegen.
Er kniete vor der prächtigen Helligkeit nieder, griff in sein Gewand und zog das Kreuz hervor, das ihm um den Hals hing. Er drückte das warme Metall gegen die Stirn. Gold. Das war der Grund, weshalb die Spanier sich mühsam durch diese fremden Dschungel gekämpft hatten – der Traum von Reichtum und Wohlstand. Jetzt würde ihre Habgier sie allesamt in die Verdammnis führen.
Francisco drehte das Kreuz um und küsste die goldene Gestalt auf der Vorderseite. Deswegen war er in dieses Land gekommen. Um den Wilden hier das Wort Gottes zu bringen – und nun war sein Kreuz die einzige Hoffnung der ganzen Welt. Er strich mit einem Finger über die Rückseite und tastete nach den Einkerbungen, die er sorgfältig in das weiche Gold geschnitten hatte.
Möge es uns alle erretten!, betete er schweigend und ließ das Kreuz in sein Gewand zurückgleiten, wo es nahe an seinem Herzen ruhte.
Francisco hob die Augen der Morgendämmerung entgegen. Er musste um jeden Preis verhindern, dass die Inka ihm das Kreuz wegnahmen. Obwohl er einen der heiligen Orte erreicht hatte – diesen natürlichen Altar auf dem Berggipfel –, musste er noch ein Letztes tun, damit das Kreuz auch wirklich in Sicherheit wäre.
Erneut holte er den Silberdolch des Schamanen aus dem Gewand.
Mit einem Reuegebet auf den Lippen bat er um Vergebung für die Sünde, die er nun begehen würde. Ob er damit seine Seele der Verdammnis überantworten würde oder nicht – ihm blieb keine andere Wahl. Mit Tränen in den Augen hob er den Dolch und schnitt sich mit der Klinge die Kehle durch. Er verspürte einen stechenden Schmerz, dann fiel ihm die Waffe aus den Fingern. Er stürzte vornüber auf die Hände. Blut strömte über die dunklen Steine unter ihm.
Im Schein der Morgendämmerung floss es leuchtend rot über den schwarzen Fels. Es war das Letzte, was er vor dem Tod sah – sein Blut, das über den Inkaaltar strömte und dabei glänzte wie Gold.

ERSTER TAG
Ruinen
    Montag, 20. August, 11.52 Uhr Johns Hopkins Universität

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