Das Blutband: Der 11. Handyman Jack Thriller (German Edition)
um, dann beeilte er sich, wieder in Gias warmes Bett zu kommen.
2.
Jemand hat mir gesagt, Sie können mir vielleicht helfen. Ich brauche Hilfe, um meine Tochter davon abzuhalten, einen schrecklichen Fehler zu machen.
Christy P.
Jack starrte auf die letzte E-Mail, die über seine Website – repairmanjack.com – hereingekommen war. Nichts davon hätte ihn wirklich interessiert, selbst wenn er zurzeit Aufträge annehmen würde. Er würde sie alle später absagen.
Er hatte überlegt, eine Seite bei MySpace zu starten, weil da allein schon aufgrund der Größe eine gewisse Anonymität gewährleistet war, hätte es sich aber beinahe wieder anders überlegt, als er feststellen musste, dass die Domains repairmanjack, repairman-jack und repairman_jack da bereits vergeben waren. Schöne Scheiße! Er hatte sich schließlich mit www.myspace.com/fix_its zufriedengeben müssen.
Aber nachdem er die Seite eingerichtet hatte, war ihm klargeworden, dass ihn da nur andere Mitglieder von MySpace kontaktieren konnten, deswegen hatte er seine alte Seite ebenfalls behalten.
»Jack? Kann ich dich mal eine Minute stören?«
Obwohl er im Arbeitszimmer war und Gia ein Stockwerk höher, konnte er die Anspannung in ihrer Stimme heraushören. Er hatte eine ziemlich klare Vorstellung davon, was da nicht stimmte.
»Ich komme sofort.«
Er gönnte sich noch einen hastigen Schluck Kaffee und sah auf die Zeitanzeige des Computers. Vicky würde ihren Bus verpassen, wenn sie sich nicht beeilten.
Er nahm nur jede zweite Stufe, als er nach oben lief.
»Wo bist du?«
»Vickys Zimmer.«
Das hatte er sich schon gedacht.
Er ging hinein und da saßen die beiden Lieben seines Lebens auf dem Bett. Vicky sah zur Seite und Gia saß hinter ihr und hielt ihr langes dunkles Haar fest.
»Ich kann es nicht tun«, sagte Gia und sah ihn mit Augen an, die der amerikanischen Flagge entsprachen: blau auf weiß mit roter Umrandung. »Ich kann es immer noch nicht.«
Gia wirkte viel zu dünn. Nach ihrem Unfall hatte sie immer noch nicht wieder Gewicht zugelegt. Sie hatte während ihres Komas und der frühen Rekonvaleszenzphase stark abgenommen, nahm jetzt aber nicht wieder zu, nachdem alles wieder mehr oder weniger normal war. Auch wenn sie nicht ausgemergelt war, waren ihre Wangen nicht wirklich rund und verliehen ihr ein hageres Aussehen. Sie weinte immer noch dann und wann, weigerte sich aber, Antidepressiva zu nehmen, auch wenn ihre Therapeutin ihr das geraten hatte.
Sie hatte ihr blondes Haar wachsen lassen, so dass es länger war als zu irgendeiner Zeit, seit er sie kannte, und jetzt die Ohren und den Nacken bedeckte.
Aber im Augenblick war nicht ihr Haar das Problem, sondern das von Vicky: Gia hatte angefangen, es zu einem langen Zopf zu flechten, hatte das aber gründlich verhunzt. Nicht so schlimm wie in den Wochen zuvor, aber trotzdem … früher hatte sie das in 30 Sekunden geschafft, mit verbundenen Augen. Aber jetzt …
»Sieh dir dieses Wirrwarr an.«
Jack hockte sich neben sie und küsste sie auf die Wange.
»Du machst das jeden Tag besser. Du darfst nur nicht aufgeben. Du weißt, was Doktor Kline gesagt hat.«
»›Übung, Übung, Übung.‹« Sie seufzte. »Aber es ist so frustrierend. Am liebsten würde ich schreien.«
Und manchmal tat sie das auch. Aber nie, wenn Vicky in der Nähe war. Jack konnte sie dann hören, in einem anderen Zimmer oder einem anderen Stockwerk. Er fragte sich, wie oft sie wohl zu schreien begann, wenn sie hier allein war.
Vicky wandte ihr teilweise den Kopf zu. »Komme ich zu spät zur Schule, Mommy?«
»Es wird alles gut, Liebling.«
Manche Dinge waren in den drei Monaten seit dem Unfall besser geworden, aber das Leben war ganz sicher nicht mehr zur früheren Normalität zurückgekehrt. Jack hatte auch seine Zweifel, dass es das je wieder tun würde. Die gebrochenen Knochen waren verheilt, aber es blieben Narben – auf dem Körper, dem Verstand, der Psyche.
Vicky hatte noch die besten Chancen, das alles unbeschadet zu überstehen. Die ungeborene Schwester, auf die sie sich eingestellt hatte, würde nicht mehr kommen, und sie hatte sich damit abgefunden. Emma war nicht mehr als die Wölbung am Bauch ihrer Mutter und ein Bild auf einem Ultraschallmonitor gewesen, nicht eine kleine Person, die sie vor sich sehen und berühren konnte.
Für Gia war das anders. Vor drei Monaten war sie als werdende Mutter auf die Straße getreten und Tage später wieder aufgewacht, um zu erfahren, dass sie das Baby verloren
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