Das Blutgericht
außerdem kopfüber in den fauligen Graben geworfen und ihn damit gerettet. Wäre er auf den Boden gefallen, hätte Hunter ihn mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit getötet. Das trübe Wasser hatte ihm Deckung gewährt, so dass er davonschwimmen konnte. Er hatte einige Meter weiter westlich von der Stelle, an der er ins Wasser gefallen war, wieder auftauchen können, wo ins Wasser hängende Pflanzen ihn vor Hunters Blicken schützten. Dort hatte er Luft holen und die beiden Dinge überprüfen können, die ihm am wichtigsten waren. Die Glock war nass, aber noch funktionstüchtig. Nach seinem letzten Sturz in den Inter-Coastal Waterway hatte er sich die Mühe gemacht, sein Buch in Schutzfolie einzupacken, deswegen war es nur ein wenig feucht, als er es aus der Pilotenmontur fischte. Alles war bestens.
Und dann war Fortuna auch noch auf seiner Seite: Die FBI-Helikopter zwangen Hunter dazu, sich vom Entwässerungsgraben wegzubewegen, und gaben ihm damit die Chance zur Flucht. Als er das Dröhnen der Hubschrauber und das heftige Knallen von Gewehrschüssen hörte, wusste er, dass das FBI Hunter mit ihm verwechselt hatte. Vielleicht würden sie den Bastard umbringen und es ihm damit leichter machen, Bradley ein zweites Mal zu erwischen. Aber auf das Glück allein konnte er sich nicht verlassen. Er musste die Dinge selbst ins Rollen bringen.
Er krabbelte den Graben entlang und fand eine Stelle, an der er herausklettern konnte. Als er auf der Böschung lag, wurde er Zeuge, wie drei bewaffnete Männer sich aus dem Hubschrauber abseilten und wie Hunter sie innerhalb von Sekunden ausschaltete. Sehr beeindruckend. Hunter erwies sich als gefährlicher Gegner. Es war an der Zeit, entschied er, ihn zu erledigen.
Bei einem Blick über seine Schulter schaute er sich noch einmal das Umspannwerk an, zu dem er Bradley hatte bringen wollen. Die Gebäude sahen etwas heruntergekommen aus, als ob sie seit einiger Zeit nicht mehr in Betrieb gewesen wären. Sie waren von einem Maschendrahtzaun umgeben, aber hier und da konnte er Löcher im Zaun ausmachen, durch die über die Jahre immer mal wieder irgendwelche Vandalen eingebrochen waren und auf dem Gelände herumgestöbert hatten. Fenster und Türen eines der näher gelegenen Gebäude waren mit Metallplatten verbarrikadiert, aber er entdeckte auch eine offen stehende Tür, deren Metallplatte jemand herausgerissen hatte.
Beim Aufstehen sah er sich nach hinten um.
Hunter erwiderte seinen Blick. Dantalion nickte in Richtung der Gebäude.
Komm und hol’s dir, Arschloch.
Dann marschierte er über die Felder und beachtete dabei kaum die beiden McDonnell-Douglas-Hubschrauber, die in der Nähe kreisten. Sein Bein bereitete ihm Schmerzen. Sein Arm noch nicht, aber das war nur eine Frage der Zeit. Er musste die Gebäude erreichen, bevor Hunter nahe genug bei ihm war, um zu schießen. Wenn dann Hunter ungedeckt über das freie Feld auf ihn zukam, wäre er ein leichtes Ziel für Dantalions Kugeln.
Ein Hubschrauber kam vom Umspannwerk her angeflogen, sein Rotorgeräusch war wie das Brummen einer wütenden Hornisse. Es war keiner der schwarzen Kampfhubschrauber, sondern der Bell Jet Ranger, der von dem Piloten geflogen worden war, dessen Kleidung er nun trug.
Der Hubschrauber kam aus der Sonne, aber er konnte einen einzelnen Mann an Bord ausmachen: einen der FBI-Männer, die in Eunice Jorgensons Haus gewesen waren. Wahrscheinlich das Arschloch, das ihn hatte umlegen sollen.
Dantalion blieb stehen und hob die Glock. Er sah, wie der Hubschrauberpilot die Augen aufriss. Dantalion feuerte. Drei schnelle Schüsse, die ein Zickzackmuster in die Frontscheibe lochten. Hinter dem zersprungenen Glas veränderte das Cockpit seine Farbe, als blutroter Nebel aufstieg.
Dann tauchte der Hubschrauber nach unten ab in seine Richtung. Dantalion war gezwungen auszuweichen, als die surrenden Rotorblätter über ihm die Luft zerhackten. Er hetzte nach links und spürte den Schwall verdrängter Luft, der Hubschrauber taumelte krachend zu Boden. Hinter ihm hörte es sich an, als ob die Erde explodierte. Erdbrocken, Staub und Gras regneten auf ihn herab. Darauf folgte das Aufheulen eines überdrehenden Motors, das Bäng!-Bäng!-Bäng! der Rotorblätter, die sich in die Erde fraßen, und das kreischende Gequietsche, als glühende Metallfetzen in die Luft katapultiert wurden.
Er drehte sich um.
Der Bell Jet Ranger war nur noch ein Haufen Altmetall. Öliger schwarzer Rauch stieg von den ausgebrannten Motorteilen auf
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