Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
tausend Jahre? Ich weiß nicht einmal, wie ich mir das vorstellen sollte.« Er seufzte. »Zokora würde sich fürs Leben binden. Unausweichlich. Sie folgt einem Ehrenkodex, den sie niemals brechen würde. Alles, was ich an Fehlern begehen würde, würde sie für mich schultern. Würde ihr zur Last gelegt werden. Eine Trennung ist nicht vorgesehen. Es gab wohl mal einen Fall, wo jemand seine Königin bat, ihn mit einem Dolch zu erlösen. Sie tat ihm den Gefallen. Vier Jahre lang, bevor sie erst ihn und dann sich selbst tötete. Dieser Schritt ist unumkehrbar, Havald. Er bindet mich, solange ich lebe. Und das kann sehr, sehr lange sein. Zu lange, sollte ich meine Entscheidung bereuen.«
»Es kann auch sein, dass wir das falsch betrachten«, gab ich langsam zu bedenken.
Er sah mich fragend an.
»Wir alle haben die Zeit, die uns die Götter geben. Ich weiß von den Elfen, dass sie die Zeit oftmals nicht wahrnehmen. Sie sind manchmal überrascht, wenn es wieder Winter ist oder wieder zehn Jahre vergangen sind. Vielleicht ist es einfach nicht wichtig.«
Er nickte langsam. »Wie empfindest du es denn? Sind zehn Jahre nur ein Blinzeln?«
»Nur im Nachhinein, Varosch«, sagte ich leise. »Nur im Nachhinein. Und vergiss nicht, Zokora ist anders. Sie … sie lernt.«
»Ja«, lachte er. »Es ist manchmal erschreckend, wie schnell sie lernt.«
»Wie lange hast du Zeit mit deiner Entscheidung?«, fragte ich ihn.
»Lange genug«, lächelte er, auch wenn es nicht sehr freudig aussah. »Jahre? Jahrzehnte?«
»Warum dann nicht warten, bis du mehr über dich und sie und ihr Volk weißt, du dich an diesen Körper gewöhnt hast?«
»Es war ein ungeheurer Schritt für sie. Sie wartet nun darauf, wie ich reagiere. Du kennst sie, sie würde fünfzig Jahre warten, oder hundert, ohne es noch einmal anzusprechen. Aber ich werde wissen, dass sie auf meine Antwort wartet. Ich liebe sie, Havald. Aber ist das genug? Ich habe oft genug gesehen, dass die Liebe nicht immer reicht. In dem Haus der Lüste, in dem ich lebte, oder dann im Tempel Borons. Es ist sogar so, dass es meistens nicht reicht. Tatsächlich scheinen solche Ehen am ehesten zu gedeihen, die aus Vernunft geschlossen sind.« Sein Blick war fast gequält, als er weitersprach. »Mittlerweile verstehe ich dich besser, Havald. Sie glaubt, ich wäre von ihrer Göttin für sie auserwählt worden. Nur … ich kann das nicht glauben. Was, wenn ich sie enttäusche? Ihr zur Last werde? Es fängt schon an. Ihre Schwestern mögen nicht, dass ich Boron huldige. Zokora aber sagt, dass der Gott ja auf den Handel eingegangen wäre, und also sowohl Solante als auch Boron dieser Vereinigung ihren Segen gegeben hätten, also wäre es nur recht und billig, dass ich weiterhin dem Gott huldige, der es möglich macht, die dunklen Elfen zurück ans Licht zu führen, indem er ihr den Gefährten gab, den sie dazu braucht. Aber was ist, wenn sie sich täuscht? Gerlon wahrhaftig nur dem Wahn verfallen war? Ich bin ein einfacher Mann, Havald. Mein Vater war ein Fischer und ein Trunkenbold, ich wuchs in einem Haus der Lüste auf, und obwohl man mich im Haus meines Gottes annahm, habe ich es doch nie vermocht, mich zu entscheiden, sein Priester zu werden, mein Leben ihm zu widmen und sein Wort und seine Gerechtigkeit in die Welt zu tragen.«
»Ich denke, dass du das die ganze Zeit schon tust.«
»Aber nicht als Priester. Sondern nur aus meiner Überzeugung heraus. Den letzten Schritt habe ich nie getan … und ich glaube nicht, dass ich ihn tun werde. Dazu hält die Welt zu viel für mich, habe ich zu viel gesehen und erlebt, als dass ich jetzt noch nur nach Tempelregeln leben könnte. Ganz abgesehen davon, dass ich nicht einmal weiß, ob der Tempel noch steht.«
Der Lindwurm Byrwylde war durch Lassahndaar gewalzt und hatte einen großen Teil der Stadt niedergerissen, und ob der Tempel weiterhin stand, konnte ich ihm auch nicht sagen.
»Wenn sie ein Mensch wäre, würdest du zögern?«
Varosch lachte schallend. »Sie als Mensch, das ist schwer vorstellbar. Aber ich weiß, was du meinst. Nein, ich würde nicht zögern.«
»Dann gehe mit ihr auf die Jagd und schenke ihr diese Armbrust … diesen Bolzenwerfer. Bitte sie um die nächste Ewigkeit mit ihr zusammen. Und schaue nicht zurück.«
Er nickte langsam. »Danke, Havald«, sagte er rau. »Du weißt, dass ich dich jahrhundertelang ob deinem Rat verfluchen werde, wenn es ein Fehler war?«
»Das nehme ich in Kauf«, sagte ich. »Ich möchte dich
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