Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
Oberfläche ausgesetzt hätte. Es hatte zu helle Haut und goldene Augen. Diese Elfen leben lange«, fuhr er leise fort. »Und die meisten von ihnen erinnern sich noch daran. Für die meisten Elfen ihres Stamms ist Zokora jung und unerfahren.«
»Zokora ist fast siebenhundert Jahre alt!«
»Und ihre Mutter wurde fast viertausend. Viele sind über tausend Jahre alt, manche sogar zweitausend oder älter.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie gesetzt manche in ihren Wegen sind. Es gibt eine Art, etwas zu machen, und so macht man es. Jeder Stein wäre beweglicher als diese alten Elfen. Nach den Maßstäben ihres Stammes ist Zokora eine Rebellin, eine Umstürzlerin, die Traditionen auf den Kopf stellen will, die älter sind, als wir es uns vorstellen können. Sie will sie an die Oberfläche führen. Zerren wäre wohl das bessere Wort. An der Oberfläche werden die Männer nicht dumm. Sie können denken. Sie können aufbegehren. Sie werden keine Sklaven sein.« Er hielt die kleine Waffe gegen das Licht und bewunderte den Schimmer auf dem polierten Metall. »Zokora ist die Königin. Will sie an der Oberfläche den Stamm führen, braucht sie einen König an ihrer Seite. Jemand, den auch die Männer, vor allem aber ihre Schwestern respektieren würden. Sie hat dazu mich ausgewählt und sagt, dass sie, seitdem sie denken kann, zu Solante gebetet hätte, ihr einen Mann zu schicken, den sie achten und ehren kann und der würdig wäre, an ihrer Seite den Stamm in eine neue Welt zu führen. Ich wäre es, weil ich sowohl ihrem Volk angehörte als auch der Oberfläche. Gerade weil die Götter es für richtig hielten, mich in diesen Körper zurückzuführen, wäre ich die Antwort auf ihr Gebet.«
»Oh«, sagte ich nur.
»Genau das«, nickte Varosch. »Oh. Das dachte ich ebenfalls. Ich habe mich noch immer nicht daran gewöhnt, dass dies mein Körper sein soll … und dann das. Du erinnerst dich an Bruder Gerlon?«
Ich nickte. Er war es, der mir mein Schwert zurückgebracht und mich so ins Leben zurückgerufen hatte.
»Er und Zokora waren in diesem alten Tempel in einer Zelle eingeschlossen. Gerlon hatte ein Vision. Er sah ihre Göttin mit Boron verhandeln und mit dem Namenlosen. Gerlon konnte nicht wissen, wie die dunklen Elfen Astarte oder eben Solante sehen. Doch er beschrieb sie so, wie sie sich für Zokora darstellt, als Kriegerin, gewappnet und mit einem Speer bewaffnet. Sie ist überzeugt, dass die Götter in dem Moment über mich verhandelt haben, und dass dies der Grund ist, warum ich wiedergeboren wurde.« Er legte die Waffe zur Seite und sah mich fast flehend an. »Ich liebe Zokora. Wenn es für mich einen Grund gab, aus dem Reich der Toten zurückzukehren, dann ist sie es. Als Mensch … als Mensch hätte ich nur eine Liebschaft sein können. Für den Augenblick, den mein Leben noch gewährt hätte. Doch dieser Körper ist jung, wohl nicht viel älter als zweihundert Jahre. Es können Jahrhunderte vergehen, bis er anfängt zu altern. Das ist es, was sie mir anbietet. Jahrhunderte, vielleicht mehr, an ihrer Seite, nicht als Liebhaber oder … Schoßtier, wie manche Elfen uns Menschen sehen, sondern als jemand, der gleichberechtigt neben ihr steht. Sie ist überzeugt, dass dies unsere Bestimmung ist. Nachdem du den Krieg der Götter für uns gewonnen hast, werden wir, nach ihren Worten, den Stamm auf die Oberfläche führen, in eine neue Welt, in eine neue Zukunft. Sie ist überzeugt davon … ich bin es nicht. Ich habe Angst davor. Sie würde es nie zugeben, aber wenn ich ihr kein Geschenk mache, wird es sie hart treffen; gebe ich ihr eines, wird sie es annehmen. Das weiß ich. Und wenn ich dann um meine Freiheit bitte … wird sie sie mir geben. Und mir nicht verzeihen, solange sie leben wird.«
»Und wenn du sie fragst, ob sie bei dir sein will?«, fragte ich ihn leise.
»Havald«, sagte er rau. »Elfen wissen von Geburt an, dass sie lange, nach unseren Maßstäben fast ewig leben werden. Manche von ihnen leben so lange, dass sich in ihrer Zeit sogar die Gebirge verändert haben. Es ist nichts, womit sie sich befassen. Sie wissen, sie werden diese Zeit haben. Aber ich … wie viele gute Jahre hätte ich gehabt? Ich war gerade zweiundzwanzig, als ich starb. Zwanzig Jahre noch? Dreißig? Vielleicht ein paar mehr, bliebe ich gesund und von manchen Gebrechen verschont. Fünfzig vielleicht, wie Bruder Jon? Dann hätte ich mich wahrhaft von den Göttern gesegnet gefühlt. Aber
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