Das boese Blut der Donna Luna
Sache nichts zu tun. Ich hab gesagt, was ich weiß, und mir ist noch immer speiübel. Glauben Sie, das ist cool, so was plötzlich vor sich zu haben? Und den Kopf hab ich aufgegessen, oder was?«
»Woher weißt du, dass der Kopf weg ist und nicht ein paar Meter daneben liegt?«
»Weil Ihre Kollegin schon vergeblich danach gesucht hat.«
»Komm schon, Marco, wir verhören ihn später auf dem Präsidium, da kann er dann seine Aussage machen. Als ich ihn traf, kotzte er sich gerade die Seele aus dem Leib, so geschockt war er.« Dann wandte sie sich an den jungen Mann: »Ganz ruhig, Gianluca, niemand wirft dir irgendetwas vor. Trotzdem müssen wir dich zur Beweisaufnahme erst einmal mitnehmen.«
»Na schön, aber was sage ich meinem Chef? Ich bin Klempner und angestellt. Ich kann nicht einfach so wegbleiben.«
»Ruf ihn an und sag ihm, dass du als Augenzeuge vernommen werden musst. Wir stellen dir eine Bescheinigung für deinen Vorgesetzten aus.«
»In Ordnung, Commissario. Aber ich hab damit nichts zu tun. O Gott, wieso bin ich heute Morgen bloß hierhergekommen? Hätte ich nicht einfach gemütlich im Bett liegen bleiben können?«
Gianluca vergrub den Kopf in den Händen. Lombardi nahm ihn unsanft beim Ellbogen und ließ ihn ins Auto steigen. Ein zweiter Wagen bog Staub aufwirbelnd um die Kurve: Der Gerichtsmediziner Parodi und Celsi von der Spurensicherung.
Dottor Parodis Glatzkopf glänzte vor Schweiß. Inzwischen war die Sonne über den Berg gestiegen und fing allmählich an, das Grüppchen rings um das Ginstergestrüpp weich zu kochen. Der warme Wind hatte sich gelegt, und es regte sich kein Lüftchen. Vielleicht nur eine kurze Feuerpause. Das Zirpen der Zikaden, die trotz der Hitze selbst nachts keine Ruhe gaben, war ohrenbetäubend.
»Der Tod ist höchstwahrscheinlich vor wenigen Stunden eingetreten«, stellte Parodi schließlich fest. »Es handelt sich um ein junges Mädchen, womöglich sehr jung: siebzehn, höchstens zwanzig Jahre alt. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob sie erst getötet und dann geköpft wurde, dazu braucht es eingehendere Untersuchungen. Jedenfalls scheint aus dem Schnitt Blut ausgetreten zu sein ... Jesses, was für eine üble Geschichte!«
Die Männer von der Spurensicherung, die in ihren Overalls vor Hitze fast zerflossen, suchten das Gelände eingehend nach aufschlussreichen Indizien ab. Sie nahmen Erdproben, machten Fotos. Der ausgedörrte Boden gab nicht viel her, Spuren blieben darauf nicht zurück. Vom Kopf der Toten war weit und breit nichts zu sehen.
»Was hältst du von dem Dickerchen, Nelly? Ist das unser Mann?«
Marco warf ihr einen fragenden Blick zu. Offensichtlich hätte er liebend gern gleich einen Haken hinter diese hässliche Angelegenheit gemacht.
»Ich weiß nicht. Ganz abgesehen vom Kopf selbst, fehlt das Werkzeug, mit dem man ihn hätte abtrennen können. Zumindest haben wir noch keines gefunden. Sicher, den Kopf hätte er natürlich sonst wohin schleudern können, die Böschung runter – übrigens, wir brauchen Hunde, sag Lorenzo Bescheid. Aber wie hätte er sie überhaupt transportieren sollen, ohne sich schmutzig zu machen? Und außerdem scheint er mir einfach nicht der Typ dazu zu sein.«
»Der Typ, der Typ, Nelly, du weißt ganz genau, zu was für Überraschungen solche Typen gut sind. Inzwischen würde ich nicht mal mehr für mich selbst die Hand ins Feuer legen, geschweige denn für dieses Riesenbaby. Vielleicht hat sie zu viel Geld verlangt oder ihn nicht zufriedengestellt oder was weiß ich. Und er könnte die Sache bei sich zu Hause oder sonst wo erledigt und sie dann hier abgeladen haben. Wir müssen mehr über ihn herausfinden.«
»Das auf jeden Fall. Aber dass ich den Mörder auf frischer Tat ertappe, das wäre das erste Mal in meiner gesamten Laufbahn. So ein Glück hat man so gut wie nie. Und wenn er sie hier abgeladen hätte, müsste er zumindest ein Auto in der Nähe haben. Lass das prüfen. Sobald der Staatsanwalt hier ist, fahren wir ins Präsidium. Wir müssen die einschlägigen Zuhälter und madames unter die Lupe nehmen.«
Kurz darauf erschien der Staatsanwalt Laurenti wie aus dem Ei gepellt in dunkelblauem Anzug und rosa Krawatte. Seine miese Laune war nicht zu übersehen. Mal wieder eine ermordete Prostituierte, dazu noch eine immigrierte, und das bei der Hitze, zum Kotzen! Ungeduldig wartete er darauf, dass die anderen ihre Arbeit beendeten, gab die Erlaubnis zum Abtransport der Leiche und rauschte in einer Wolke
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