Das Boese in uns
ist mein Nervenkitzel, eine Sache, die mich mit Befriedigung erfüllt: die Qualen, die sie spüren, wenn ich ihnen nicht gebe, was sie wollen.
»Dann ist es also vorbei«, sagt Rosario am Telefon zu mir.
»Es ist vorbei. Beide wurden zum Tode verurteilt und warten auf die Hinrichtung.«
Sie schweigt, und ich spüre diese Stille und verstehe sie. Es ist die Stille des unerfüllten, unvollendeten Satzes.
»Warum fühle ich mich nicht besser?«, fragt sie mich.
»Sie kennen den Grund.«
Sie schnieft. Sie weint.
»Ja. Ja, ich glaube, Sie haben recht.«
Es ist nicht genug, weil ihr Kind immer noch tot ist, für immer tot bleiben wird, nie zurückkehren wird. Nichts kann das richten, niemals.
»Danke, dass Sie mich angerufen haben, Smoky. Und für ... nun ja, für alles.«
»Auf Wiedersehen, Rosario.«
Wir legen auf, und ich weiß, dass dieser Abschied für immer ist. Die Familien der Opfer halten keinen Kontakt zu mir; ich bin in ihren Gedanken für immer mit dem Verlust ihrer Angehörigen verbunden. Rosario ist dankbar, doch ich muss in ihrer Vergangenheit verschwinden und darf nicht ihre Zukunft ausfüllen. Früher hat mir das zu schaffen gemacht, doch heute verstehe ich es aus sehr viel persönlicherer Sicht.
Ich fahre zu meiner nächsten Station und denke über die vergangenen Wochen nach. Habe ich etwas gelernt in dieser Zeit?
So sehr ich mich gegen das Lernen sträube wegen meiner Berührungen mit den Ungeheuern, so sehr weiß ich, dass es eine der wichtigsten Eigenschaften ist, die mich von ihnen unterscheiden. Ich kann lernen und mich verändern. Sie können es nicht.
Geheimnisse. Sie ziehen sich durch alles, was wir tun, alles, was wir sind. Die Religion nennt sie Sünden und sagt, dass sie uns den Weg ins Himmelreich versperren. Sie können klein sein oder groß. Wir können uns an sie klammern, als wären es Barren aus Gold. Jeder von uns hat sie.
Vielleicht hat die Religion recht. Vielleicht ist es auch nur eine weitere Metapher. Vielleicht, nur vielleicht, tragen wir den Himmel und die Hölle in uns, schon hier auf der Erde, und zu allen Zeiten. Vielleicht befördert es uns in eine Hölle auf Erden, wenn wir uns an unsere dunkelsten Geheimnisse klammern - und vielleicht ist die Erleichterung, die wir verspüren, wenn wir uns von diesen Geheimnissen befreien, eine Art Himmelreich.
»Hallo, Vater«, sage ich.
Vater Yates lächelt erfreut, als er mich sieht. Die Kirche ist leer. Er führt mich zur vordersten Bank und bittet mich, Platz zu nehmen.
»Wie geht es Ihnen?«, fragt er. »Gut, danke. Und Ihnen?«
Er zuckt die Schultern. »Besser. Einige Dinge haben sich geändert. Die Kirchen bekommen technisches Gerät, um die Beichtstühle auf Wanzen überprüfen zu können. Mit dem PR-Edikt, >dafür zu sorgen, dass das Sakrament der Beichte unantastbar bleibt, selbst in unserer modernen, von Technologie beherrschten Zeit<.«
»Irgendwann wird jemand zwei und zwei zusammenzählen.«
»Das glaube ich auch. Doch die Kirche zögert, ihre Schwäche einzuräumen.« Er lächelt. »Was eine ihrer Schwächen ist.«
»Sie sind noch immer nicht auf einen Kardinalsposten aus, wie ich sehe«, sage ich schmunzelnd.
»Ich bin nicht für ein solches Amt geschaffen, darum ist es mir egal.«
»Ich bin auch nicht karrieregeil«, rutscht es mir heraus. »Oh, Verzeihung, Vater.«
Er lacht. »Dann sollten wir am besten mit dem weitermachen, was wir bis jetzt getan haben.«
»Ja.«
»Nun, Michael Murphy hat gesagt, dass es ihm um die Wahrheit geht, doch letzten Endes hat er möglicherweise mehr dazu beigetragen, den sicheren Hafen des Beichtgeheimnisses zu beschädigen, als irgendjemand vor ihm in der Geschichte der katholischen Kirche.«
»So wird er es niemals sehen, Vater. Nicht in einer Million Jahren. Täter kommen nie mit ihren eigenen Widersprüchen zurecht.«
Wir schweigen. Ich blicke zum Kruzifix über dem Altar, von dem noch immer die Farbe abblättert, und an dem Jesus noch immer leidet.
»Weshalb sind Sie hergekommen, Smoky?«
»Ich brauche etwas von Ihnen.«
»Was?«
Ich zögere mit der Antwort: »Ich möchte Jesus wiederfinden.« Bin ich mir ganz sicher?
»Ich möchte, dass Sie mir noch einmal die Beichte abnehmen. Es geht schnell.«
Er sieht mich für einen Moment an. Dann erhebt er sich und deutet auf den Beichtstuhl an der Seite.
»Vergeben Sie mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Sie wissen, wie lange meine letzte Beichte zurückliegt. Ich habe heute einen Mann belogen. Es
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