Das Bourne-Attentat
Veronica zog eine Aktenmappe aus ihrer Tasche, die sie aufschlug und daraus vorlas. »Wie diese Unterlagen deutlich machen, haben sie ihre Nachrichtendienst-Teams systematisch auch außerhalb von Afghanistan und dem Irak eingesetzt, und das nicht selten mit verheerenden Ergebnissen. Sie haben Informanten bestochen und zumindest in einem Fall eine laufende Geheimoperation der CI gefährdet.«
Der Präsident warf einen Blick auf die Unterlagen, die Veronica ihm reichte, und sagte schließlich: »Das mag ja durchaus überzeugend sein, aber der Kongress scheint auf Luthers Seite zu stehen. Er hat ihm fünfundzwanzig Millionen Dollar jährlich zugestanden, um Informanten zu bezahlen und Söldner zu rekrutieren.«
»Das ist ein Teil des Problems, nicht der Lösung«, erwiderte Veronica entschieden. »Dahinter steckt eine falsche Strategie, wie sie schon in den Zeiten des OSS nach dem Zweiten Weltkrieg in Berlin angewandt wurde. Es ist oft genug vorgekommen, dass unsere bezahlten Informanten irgendwann begonnen haben, für die andere Seite zu arbeiten und uns falsche Informationen zu liefern. Was die Söldner betrifft, die wir bisher rekrutiert haben – wie zum Beispiel die Taliban oder verschiedene andere muslimische Aufständische –, so haben sie sich letztlich alle, bis auf den letzten Mann, gegen uns gewandt und sind zu unseren erbitterten Feinden geworden.«
»Da ist etwas dran«, stimmte ihr der Präsident zu.
»Was früher war, ist vorbei«, warf General Kendall verärgert ein. Sein Gesicht hatte sich mit jedem Wort, das Veronica gesagt hatte, weiter verdunkelt. »Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass unsere neuen Informanten oder unsere Söldner, die wir für unseren Sieg im Mittleren Osten dringend benötigen, sich gegen uns wenden könnten. Ganz im Gegenteil, die Informationen, die sie uns liefern, sind unseren Männern auf dem Schlachtfeld von großem Nutzen.«
»Söldner sind per definitionem immer dem gegenüber loyal, der am meisten zahlt«, erwiderte Veronica. »Das hat sich seit den Zeiten der Römer immer wieder gezeigt.«
»Dieses Hin und Her bringt uns nicht weiter«, wandte LaValle ein und rutschte unbehaglich auf seinem Platz hin und her. Er hatte offenbar nicht mit einer so leidenschaftlichen Verteidigung gerechnet. Kendall reichte ihm ein Dossier, das er dem Präsidenten vorlegte. »General Kendall und ich haben fast zwei Wochen an diesem Vorschlag gearbeitet, wie die CI für die Zukunft umzugestalten wäre. Das Pentagon ist bereit, den Plan umzusetzen, sobald wir Ihre Zustimmung bekommen, Mr. President.« Zu Veronicas Entsetzen warf der Präsident einen Blick auf den Vorschlag und wandte sich dann ihr zu.
»Was sagen Sie dazu?«
Veronica kochte innerlich vor Wut. Es wurde also bereits an ihrer Entmachtung gearbeitet. Andererseits, so dachte sie, war das eine wichtige Lektion, die sie hier lernte. Traue niemandem, nicht einmal scheinbaren Verbündeten. Bis zu diesem Augenblick hatte sie gedacht, dass sie die volle Unterstützung des Präsidenten genoss. Die Tatsache, dass LaValle, der im Grunde ja nur das Sprachrohr von Verteidigungsminister Halliday war, genügend Einfluss hatte, um dieses Treffen einzuberufen, war noch keine wirkliche Überraschung. Doch dass der Präsident von ihr verlangte, die Übernahme ihrer Organisation durch das Pentagon in Erwägung zu ziehen, war empörend und darüber hinaus beängstigend.
Ohne auch nur einen Blick auf die verheerenden Pläne zu werfen, straffte sie ihre Schultern. »Sir, dieser Vorschlag ist, gelinde gesagt, irrelevant. Ich finde es, offen gesagt, empörend, dass Mr. LaValle sein Geheimdienst-Imperium auf Kosten der CI ausdehnen will. Zum einen ist das Pentagon absolut nicht imstande, das Vertrauen unserer vielen Agenten im Auslandseinsatz zu gewinnen. Zum anderen hätte das eine gefährliche Vorbildwirkung für das gesamte Geheimdienstwesen. Unsere Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung würden von einer Kontrolle durch das Pentagon in keiner Weise profitieren. Im Gegenteil, die Geschichte des Pentagon ist geprägt von Gleichgültigkeit gegenüber dem einzelnen Menschenleben, von illegalen Operationen und von Verschwendung, so dass es ihm wahrlich nicht zusteht, in fremden Revieren zu wildern, schon gar nicht in dem der CI.«
Allein die Anwesenheit des Präsidenten zwang LaValle, seinen Zorn im Zaum zu halten. »Sir, in der CI herrscht das Chaos. Sie muss unverzüglich geordnet werden. Wie ich schon sagte, unser Plan kann
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