Das Bourne-Attentat
kann Ihnen das allein schon eine Menge Ärger einbringen.«
Der Wind wurde stärker, und Veronica Hart strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Einfach so in die CI reinzuplatzen und mich mit Handschellen abführen zu lassen – LaValle hat mit dieser Aktion einen schweren Fehler gemacht.« Sie drehte sich um und sah zur NSA-Zentrale zurück, wo sie für drei Stunden eingesperrt war, bis Gold mit der Anordnung eines Bundesrichters auftauchte, die ihr die einstweilige Freilassung brachte. »Für diese Erniedrigung wird er bezahlen.«
»Veronica, tun Sie nichts Unüberlegtes.« Gold öffnete die Autotür für sie. »So wie ich LaValle kenne, wartet er nur darauf, dass Sie wütend auf ihn losgehen. So macht man meistens schwere Fehler.«
Er ging um den Wagen herum, setzte sich ans Lenkrad und fuhr los.
»Wir können ihn nicht so einfach davonkommen lassen, Stu. Wenn wir ihn nicht aufhalten, klaut er uns die CI, bevor wir so richtig mitbekommen, was überhaupt los ist.« Sie sah in die Nacht hinaus, während sie die Arlington Memorial Bridge überquerten. Das Lincoln Memorial tauchte vor ihnen auf. »Ich habe etwas geschworen, als ich das Amt übernommen habe.«
»Das ist so üblich.«
»Nein, ich meine etwas, das ich mir selbst geschworen habe.« In diesem Moment verspürte sie den Wunsch, Lincoln in der Gedenkstätte zu sehen, wie er auf seinem Marmorsessel saß und über all das Ungewisse nachzudenken schien, das vor jedem Menschen lag. Sie bat Gold, beim Memorial anzuhalten. »Ich habe das noch nie jemandem erzählt, Stu, aber an dem Tag, als ich offiziell zur DCI ernannt wurde, ging ich ans Grab des Alten. Waren Sie schon mal auf dem Arlington National Cemetery? Es ist ein ernüchternder Ort, aber er strahlt auf seine Art auch etwas Aufmunterndes aus. So viele Helden, so viel Mut, das Fundament unserer persönlichen Freiheit, Stu.«
Beim Lincoln Memorial stiegen sie beide aus. Als sie schließlich vor der majestätischen Granitstatue standen, blickten sie zu Lincolns ernstem weisem Gesicht hinauf. Jemand hatte zu seinen Füßen einen Blumenstrauß niedergelegt, dessen welke Blüten im Wind nickten.
»Ich stand ziemlich lange am Grab des Alten«, fuhr Veronica fort. »Und ich schwöre, ich habe ihn irgendwie gespürt, zuerst von außen, dann in mir drin.« Sie wandte sich dem Anwalt zu. »Die CI hat ein vorbildliches Erbe zu bewahren, Stu. Ich habe es an jenem Tag geschworen, und ich schwöre es jetzt wieder, dass ich es nicht zulassen werde, dass irgendetwas oder jemand dieses Erbe beschädigt.« Sie holte tief Luft. »Und dafür müssen wir alles geben.«
Gold erwiderte ihren Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ist Ihnen klar, was das bedeuten kann?«
»Ja, ich denke schon.«
»Also gut, Veronica, Sie entscheiden«, sagte er schließlich. »Wir werden alles geben.«
Rodney Feir fühlte sich gestärkt und unverwundbar, als er sich mit General Kendall im Champagnerzimmer traf, das für jene VIPs reserviert war, die die Freuden des Abends genossen hatten und noch ein bisschen verweilen wollten, mit oder ohne Mädchen. Natürlich war es viel teurer, sich mit den Mädchen hier aufzuhalten als ohne sie.
Das Champagnerzimmer war wie für einen orientalischen Pascha eingerichtet. Hier konnten sie es sich auf weichen Kissen bequem machen und den Schampus ihrer Wahl trinken. Genau der richtige Ort, so dachte Feir, um dem General die Informationen über Typhons Agenten für Auslandseinsätze zu übergeben. Doch zuerst wollte er einfach nur den puren Luxus genießen, der ihm hier in den Hinterzimmern des Glass Slipper zuteil wurde. Schließlich würde er früh genug in die raue Wirklichkeit zurückkehren, mit ihren Ärgernissen, den Demütigungen, der Schufterei und der Angst, die er jedes Mal empfand, wenn er etwas unternahm, um LaValles Pläne bezüglich der CI zu fördern.
Kendall saß mit dem Handy in der rechten Hand so steif da, wie man es von einem Militär erwarten konnte. Feir dachte sich, dass er sich in einer so luxuriösen Umgebung ein wenig unwohl fühlen musste. Die Männer plauderten eine Weile, schlürften ihren Champagner, tauschten Theorien über Anabolika und Baseball aus, über die Chancen der Redskins, die Playoffs im nächsten Jahr zu erreichen, über den Schlingerkurs der Börse, über alles Mögliche, nur nicht über das Berufliche.
Nach einer Weile, als der Champagner fast leer war, sah Kendall auf seine Uhr. »Was haben Sie für mich?«
Das war der Moment, auf den Feir gewartet
Weitere Kostenlose Bücher