Das Bourne-Attentat
hatte. Er konnte es gar nicht erwarten, das Gesicht des Generals zu sehen, wenn er einen Blick auf die Informationen warf. Er griff in die Innentasche seines Mantels und zog den Umschlag hervor. Ganz normales Papier war immer noch der sicherste Weg, um Daten aus dem CI-Gebäude zu schmuggeln, denn die vorhandenen Sicherheitssysteme registrierten alle elektronischen Speichermedien, die größere Dateien enthalten konnten.
Ein Lächeln trat auf Feirs Gesicht. »Das volle Programm. Jedes kleinste Detail über die Typhon-Agenten rund um den Globus.« Er hielt die Unterlagen hoch. »Und jetzt reden wir doch mal über das, was ich dafür bekomme.«
»Was wollen Sie?«, fragte Kendall mit wenig Begeisterung. »Einen höheren Rang? Mehr Einfluss?«
»Ich will Respekt«, sagte Feir. »Ich will, dass LaValle mich genauso respektiert, wie Sie es tun.«
Die Lippen des Generals verformten sich zu einem merkwürdigen Lächeln. »Ich kann nicht für Luther sprechen, aber ich will sehen, was ich tun kann.«
Als er sich vorbeugte, um die Unterlagen an sich zu nehmen, fragte sich Feir, warum er so ernst war – nein, schlimmer noch, er sah richtig bedrückt drein. Feir wollte ihn gerade danach fragen, als eine groß gewachsene, elegante schwarze Frau Fotos von ihm zu knipsen begann.
»Verdammt, was soll das?«, rief er, als er von den Blitzen geblendet wurde.
Als er wieder klar sehen konnte, stand plötzlich Soraya Moore bei ihnen. Sie hielt den Umschlag mit den Unterlagen in der Hand.
»Das ist heute kein guter Abend für Sie, Rodney.« Sie nahm das Handy des Generals an sich, schaltete es ein, und das Gerät begann das aufgenommene Gespräch zwischen dem General und Feir abzuspielen, so dass alle seinen Verrat mithören konnten. »Nein, ich würde sagen, dass Sie alles in allem ausgespielt haben.«
»Ich habe keine Angst vor dem Tod«, sagte Devra, »wenn’s das ist, was dir Sorgen macht.«
»Ich mache mir keine Sorgen«, erwiderte Arkadin. »Wie kommst du darauf?«
Sie biss in das Schokoladeneis, das er ihr gekauft hatte. »Du hast diese tiefe senkrechte Falte zwischen den Augen.«
Sie wollte ein Eis haben, obwohl es noch tiefster Winter war. Vielleicht ging es ihr um die Schokolade, dachte er. Aber das war eigentlich egal. Es bereitete ihm jedenfalls ein erstaunliches Vergnügen, ihr irgendwelche kleinen Wünsche zu erfüllen, so als würde er sich damit selbst eine Freude machen, auch wenn ihm das eigentlich unmöglich erschien.
»Ich mache mir keine Sorgen«, wiederholte er. »Ich bin einfach nur sauer.«
»Weil dir dein Chef gesagt hat, dass du dich von Bourne fernhalten sollst.«
»Ich werde mich nicht von Bourne fernhalten.«
»Dann wird dein Chef sauer auf dich sein.«
»Da kann man nichts machen«, sagte Arkadin und beschleunigte seine Schritte.
Sie waren im Zentrum von München; er wollte an einem zentralen Ort sein, wenn Ikupow ihm mitteilte, wo er sich mit Bourne treffen wollte, damit er so schnell wie möglich dort sein konnte.
»Ich habe keine Angst vor dem Tod«, sagte Devra noch einmal. »Ich frage mich nur eines: Was tut man, wenn man keine Erinnerungen mehr hat?«
Arkadin sah sie an. »Was?«
»Wenn du einen Toten vor dir siehst – was siehst du dann?« Sie biss erneut in ihr Eis. »Nichts, oder? Du siehst überhaupt nichts. Das Leben hat sich aus dem Staub gemacht, und damit auch alle Erinnerungen, die man über die Jahre angesammelt hat.« Sie sah ihn an. »In diesem Moment hörst du auf, ein Mensch zu sein, aber was bist du dann?«
»Wen kümmert’s?«, sagte Arkadin. »Es muss eine verdammte Erleichterung sein, keine Erinnerungen mehr zu haben.«
Soraya erschien kurz vor zehn Uhr vormittags im NSA-Safehouse, so dass sie, nachdem sie die verschiedenen Sicherheitseinrichtungen passiert hatte, pünktlich in die Bibliothek geführt wurde.
»Frühstück, Madam?«, fragte Willard, während er sie über den blauen Teppich geleitete.
»Ja, heute gern«, antwortete sie. »Ein Omelett Fines Herbes wäre fein. Haben Sie Baguette?«
»Gewiss, Madam.«
»Schön.« Sie nahm das Bildmaterial, das General Kendall belastete, von einer Hand in die andere. »Und eine Kanne Ceylontee, Willard. Danke.«
Sie ging weiter zu Luther LaValle, der an seinem gewohnten Tisch seinen Morgenkaffee trank. Er sah mit misstrauischem Blick auf den verfrühten Frühlingsanfang hinaus. Es war so warm, dass im Kamin nur kalte weiße Asche lag.
Er drehte sich nicht zu ihr um, als sie sich setzte. Sie legte das
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