Das Bourne-Attentat
nationalsozialistischen Schutzstaffel, SS genannt. Es war das Symbol, das einer der Männer im Cadillac als Tätowierung am Arm getragen hatte.
»Nicht waren – sind«, erwiderte Specter. »Das sind die Leute, die mich entführen wollten, Jason. Sie wollen mich verhören und umbringen. Jetzt, wo sie auch mit Ihnen Bekanntschaft gemacht haben, werden sie mit Ihnen das Gleiche machen wollen.«
Kapitel acht
»Dach oder Keller?«, fragte Arkadin.
»Das Dach«, entschloss sie sich augenblicklich. »Der Keller hat nur einen Weg hinein und hinaus.«
Sie liefen, so schnell sie konnten, zur Treppe und stürmten, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf. Arkadins Herz pochte, während das Adrenalin durch seine Adern strömte. Von unten hörte er die Laufschritte der Männer. Die Schlinge zog sich um ihn zusammen. Er lief zum Ende des schmalen Ganges, wo er mit der rechten Hand die Metallleiter herunterzog, die zum Dach führte. Sowjetische Bauten aus dieser Zeit waren bekannt dafür, dass die Türen alles andere als solide waren. Er wusste, dass es ihm nicht schwerfallen würde, auf das Dach zu gelangen. Von dort war es ein kurzer Sprung zum nächsten Haus, und immer weiter, dann auf die Straße hinunter, wo es nicht mehr schwierig war, dem Feind zu entwischen.
Arkadin schob Devra durch die quadratische Luke in der Decke und kletterte selbst hinauf. Von unten hörte er die Rufe der drei Männer. Nachdem sie in Filjas Wohnung nachgesehen hatten, nahmen sie jetzt die Verfolgung auf. Oben angekommen, lief Arkadin sofort zu der Tür, die zum Dach hinaufführte; er versuchte, sie zu öffnen, doch die Klinke bewegte sich nicht. Er drückte mit aller Kraft, doch die Tür ging nicht auf. Schließlich zog er einen Ring mit dünnen Lockpicks aus der Tasche, schob einen Dietrich ins Schloss und bewegte ihn auf und ab – ohne etwas zu erreichen. Er sah sich das Schloss genauer an und erkannte schließlich, warum das so war: Das billige Schloss war innen zugerostet. Es würde nicht aufgehen.
Er drehte sich um und starrte auf die Leiter. Da kamen schon seine Verfolger. Und er hatte keinen Ausweg mehr.
»Am 22. Juni 1941 marschierten die deutschen Truppen in Sowjetrussland ein«, erklärte Professor Specter. »Sie trafen auf Tausende und Abertausende von feindlichen Soldaten, die sich entweder ergaben oder einfach desertierten. Bis August dieses Jahres hatte die Invasionsarmee eine halbe Million sowjetische Kriegsgefangene gemacht. Viele von ihnen waren Muslime – Tataren aus dem Kaukasus, Turkmenen, Kirgisen, Aserbaidschaner, Usbeken, Kasachen und andere Volksgruppen aus dem Ural und von der Krim. Was all diese Muslime gemeinsam hatten, war ihr Hass auf die Sowjets, insbesondere auf Stalin. Um es kurz zu machen – als diese Muslime in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, boten sie den Nazis an, auf ihrer Seite an der Ostfront zu kämpfen, wo sie den größten Schaden anrichten konnten, indem sie das Land infiltrierten und sowjetische Geheimdienstinformationen entschlüsselten. Der Führer war erfreut; die Ostlegionen wurden auch für Reichsführer-SS Heinrich Himmler interessant, der den Islam als eine männliche, kriegerische Religion ansah, die gewisse Gemeinsamkeiten mit der SS-Philosophie aufweise, vor allem den blinden Gehorsam, die Bereitschaft zur Selbstaufopferung und die Abwesenheit jeglichen Mitleids mit dem Feind.«
Bourne nahm jedes Wort und jedes Detail der Fotos in sich auf. »Stand seine Sympathie für den Islam nicht in Widerspruch zu den nationalsozialistischen Ideen von der Rangordnung der Rassen?«
»Sie kennen die Menschen besser als die meisten, Jason. Der Mensch hat eine unendliche Fähigkeit, sich die Wirklichkeit so zu deuten, dass sie mit den eigenen Ansichten übereinstimmt. So war es auch bei Himmler, der Slawen und Juden als Untermenschen betrachtete. Das Asiatische an diesen Muslimen, die ja sozusagen Nachfahren von großen Kriegern wie Attila und Dschingis Khan waren, machte sie in seinen Augen zu höherwertigen Menschen.
Und so wurden diese Muslime zum Kern der Ostlegionen, aber die Besten behielt Himmler bei sich und ließ sie im Geheimen von seinen besten SS-Führern ausbilden. Und so kam es, dass sie als Elitekämpfer, Spione und Killer unter seinem Kommando arbeiteten. Er nannte diese Einheit die Schwarze Legion. Sie sehen, ich habe mich eingehend mit den Nazis und ihren Ostlegionen beschäftigt.« Specter zeigte auf das Abzeichen mit den drei Pferdeköpfen und dem Totenkopf. »Das ist
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