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Das Bourne-Attentat

Das Bourne-Attentat

Titel: Das Bourne-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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verächtlich die Lippen. »Werden Sie mir jetzt wehtun? Glauben Sie mir, Sie können mir nichts tun, was schlimmer wäre als das, was man mir schon angetan hat.«
    Arkadin spürte, wie das Blut in seinen Adern pochte, doch er hielt sich zurück und dachte über ihre Worte nach. Was sie gesagt hatte, war wahrscheinlich die Wahrheit. Unter der Herrschaft der Sowjets war es vielen Ukrainern schlecht ergangen, besonders jungen attraktiven Frauen. Er musste die Sache ganz anders angehen.
    »Ich werde Ihnen nicht wehtun, auch wenn Sie sich mit den falschen Leuten eingelassen haben.« Er drehte sich um und setzte sich auf einen Stuhl mit Holzrahmen. Er lehnte sich zurück und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Ich habe auch schon genug Scheiße erlebt – ich war zweimal im Gefängnis. Ich kann mir vorstellen, was Sie durchgemacht haben.«
    »Ich und meine Mutter, Gott hab sie selig.«
    Die Lichter von vorbeifahrenden Autos leuchteten kurz durch die Fenster herein. In einer Gasse bellte ein Hund, dessen traurig klingende Stimme von den Mauern widerhallte. Ein Mann und eine Frau, die vorbeigingen, waren in einen heftigen Streit vertieft. In dem fleckigen Licht, das die zerrissenen Lampenschirme in die schäbige Wohnung warfen, sah Devra furchtbar verletzlich aus, fast wie ein Kind. Arkadin stand auf, streckte sich und ging zum Fenster, um auf die Straße hinauszublicken. Seine Augen erfassten jeden noch so kleinen Schatten, jedes noch so kurze Aufflackern von Licht. Früher oder später würden ihn Pjotrs Leute verfolgen; es war eine unvermeidliche Tatsache, über die er mit Ikupow gesprochen hatte, bevor er seine Villa verließ. Ikupow hatte angeboten, zwei seiner härtesten Burschen nach Sewastopol zu schicken, damit sie jederzeit eingreifen konnten, wenn es notwendig war. Doch Arkadin hatte abgelehnt, weil er lieber allein arbeitete.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Straße im Moment noch sauber war, wandte er sich wieder der Frau zu. »Meine Mutter ist auf keine schöne Art gestorben«, sagte er. »Sie wurde zu Tode geprügelt und in einen Wandschrank gesteckt, wo die Ratten an ihr nagten. Zumindest hat mir das der Leichenbeschauer gesagt.«
    »Wo war Ihr Vater?«
    Arkadin zuckte mit den Achseln. »Das weiß niemand. Damals war der Hundesohn vielleicht in Schanghai, vielleicht war er auch schon tot. Meine Mutter hat mir erzählt, dass er bei der Handelsmarine war, aber das glaube ich nicht. Sie hat sich geschämt, weil sie sich von einem Fremden hat schwängern lassen.«
    Devra hatte sich auf die aufgeschlitzte Armlehne des Sofas gesetzt, während er erzählte. »Es ist verdammt hart, nicht zu wissen, wo man herkommt, stimmt’s?«, sagte sie. »So als würde man irgendwo auf dem Meer treiben. Es gibt keinen Ort auf der Welt, wo du hinkommen kannst und dich zu Hause fühlst.«
    »Zu Hause«, sagte Arkadin mit schwerer Stimme. »Daran denke ich nie.«
    Devra bemerkte etwas in seinem Tonfall. »Aber Sie hätten es gern, stimmt’s?«
    Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Er überprüfte erneut die Straße mit der ihm eigenen Gründlichkeit. »Was hätte das schon für einen Sinn?«
    »Wenn man weiß, woher man kommt, dann weiß man, wer man ist.« Sie klopfte sich leicht mit der Faust an die Brust. »Unsere Vergangenheit ist ein Teil von uns.«
    Arkadin fühlte sich, als hätte sie ihn mit einer Nadel gestochen. »Meine Vergangenheit ist eine Insel, die ich schon vor langer Zeit verlassen habe«, erwiderte er voller Bitterkeit.
    »Trotzdem begleitet sie Sie, auch wenn’s Ihnen gar nicht bewusst ist«, betonte sie mit einer Entschiedenheit, die erkennen ließ, dass sie sich wieder und wieder mit dieser Frage beschäftigt hatte. »Wir können vor unserer Vergangenheit nicht davonlaufen, auch wenn wir’s noch so sehr versuchen.«
    Im Gegensatz zu ihm schien es ihr geradezu ein Anliegen zu sein, über ihre Vergangenheit zu sprechen. Das gab ihm zu denken. Glaubte sie etwa, dass sie beide da etwas gemeinsam hatten? Wenn ja, dann musste er sich auf das Thema einlassen, um die Verbindung zu ihr aufrechtzuerhalten.
    »Was ist mit Ihrem Vater?«, fragte er.
    »Ich bin hier zur Welt gekommen und aufgewachsen.« Sie sah auf ihre Hände hinunter. »Mein Vater war Schiffsingenieur. Er wurde aus der Werft geworfen, als die Russen sie übernahmen. Eines Nachts kamen sie plötzlich und nahmen ihn mit. Sie behaupteten, er würde sie ausspionieren und technische Informationen über ihre Schiffe an die Amerikaner

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