Das Bourne-Attentat
weiß, wer du bist«, sagte er. »Filja war nicht Pjotrs Kurier. Du warst es.«
Sie sah ihn wieder mit diesem spöttischen Lächeln an. »Ich habe mich schon gefragt, wie lange du brauchst, bis du draufkommst.« Sie stellte die Pappbecher mit dem Kaffee auf die Kommode und legte die Brötchen auf die ausgebreitete Tüte. Dann zog sie einen kleinen Eisbeutel hervor und warf ihn ihm zu.
»Sie sind noch warm.« Sie biss in eines der Brötchen und kaute nachdenklich.
Arkadin legte das Eis auf seine linke Schulter und seufzte innerlich vor Erleichterung. Er schlang sein Brötchen in drei Bissen hinunter und trank dann den kochend heißen Kaffee.
»Als Nächstes wirst du wahrscheinlich die Hand über eine offene Flamme halten«, sagte Devra und schüttelte den Kopf. »Männer.«
»Warum bist du noch da?«, fragte Arkadin. »Du hättest weglaufen können.«
»Und wohin? Ich habe einen von Pjotrs Männern erschossen.«
»Du hast sicher Freunde.«
»Keine, denen ich trauen kann.«
Was wiederum bedeutete, dass sie ihm vertraute. Sein Instinkt sagte ihm, dass sie in diesem Punkt nicht log. Sie hatte die Wimperntusche abgewaschen, die ihr letzte Nacht das Gesicht verschmiert hatte. Seltsamerweise wirkten ihre Augen dadurch noch größer als vorher. Und ihre Wangen waren leicht gerötet, nachdem sie offenbar die weiße Schminke abgewischt hatte.
»Ich fahre mit dir in die Türkei«, sagte sie. »In eine kleine Stadt namens Eskisehir. Dorthin habe ich das Dokument geschickt.«
Nach allem, was er wusste, erschien ihm die Türkei – das alte Tor zwischen Ost und West – durchaus plausibel.
Der Eisbeutel rutschte ihm von der Schulter, als er sie vorn am Hemd packte, zum Fenster zog und es weit aufriss. Der Schmerz in der Schulter war ihm völlig egal. Die frühmorgendlichen Geräusche von der Straße drangen ebenso zu ihm herauf wie der Duft von frisch gebackenem Brot. Er beugte sie so weit aus dem Fenster, dass Kopf und Oberkörper draußen waren. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst mich nicht anlügen?«
»Du kannst mich auch gleich umbringen«, sagte sie mit ihrer zarten Mädchenstimme. »Ich habe genug von deinen ständigen Drohungen und deiner Grobheit.«
Arkadin zog sie wieder ins Zimmer und ließ sie los. »Was willst du denn tun?«, fragte er mit einem spöttischen Grinsen. »Aus dem Fenster springen?«
Kaum hatte er es ausgesprochen, ging sie ganz ruhig zum Fenster und setzte sich in den Fensterrahmen, ohne den Blick von ihm zu wenden. Dann ließ sie sich mit einem Ruck nach hinten kippen, durch das offene Fenster. Arkadin packte sie an den Beinen und zog sie zu sich herauf.
Sie standen da und starrten einander an, keuchend und mit pochenden Herzen.
»Gestern hast du einmal gesagt, du hättest nichts, wofür du noch leben würdest«, sagte Devra. »Das könnte ich genauso gut über mich sagen. Also sind wir wie Geschwister und haben nichts außer uns.«
»Wie kann ich wissen, dass das nächste Glied im Netzwerk wirklich in der Türkei ist?«
Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich bin es müde, dich anzulügen. Es ist so, als würde ich mich selbst belügen. Was hätte das schon für einen Sinn?«
»Du kannst mir viel erzählen«, erwiderte er.
»Dann beweise ich’s dir. Wenn wir in die Türkei kommen, führe ich dich zu dem Dokument.«
Arkadin wollte nicht zu viel über das nachdenken, was sie gesagt hatte, und nickte zur Bestätigung ihres zweifelhaften Waffenstillstands. »Ich werde dich nicht wieder anrühren.«
Außer um dich zu töten, fügte er in Gedanken hinzu.
Kapitel zwölf
Die Freer Gallery of Art stand auf der Südseite der Mall, zwischen dem Washington Monument und dem Reflecting Pool. Das Museum befand sich an der Ecke Jefferson Drive und 12 th Street SW, in der Nähe des westlichen Endes der Mall.
Das Gebäude, ein florentinischer Renaissancepalast mit einer Fassade aus Stony-Creek-Granit, war von Charles Freer dazu bestimmt worden, seine riesige Sammlung von Kunst aus dem Nahen und Fernen Osten zu beherbergen. Der Haupteingang an der Nordseite, wo sie sich treffen wollten, bestand aus drei Bögen mit dorischen Säulen, die eine Loggia umgaben. Die Architektur des Gebäudes war eher nach innen gewandt, so dass viele Kritiker der Ansicht waren, dass die Fassade etwas Abweisendes hatte, vor allem im Vergleich mit der markanten Architektur der National Gallery of Art.
Dennoch war die Freer Gallery das herausragende Museum seiner Art, und Soraya liebte es nicht nur
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