Das Bourne Duell
ungeduldig. »Kennen Sie den Mann links?«
Herrera drückte Marks den PDA in die Hand, dann ging er zur Bar und schenkte sich einen Brandy ein. Er trank die Hälfte auf einen Zug, dann stellte er das Glas ab. »Großer Gott«, murmelte er leise.
Marks stand auf und ging auf ihn zu. »Señor, ich kann Ihnen helfen, wenn Sie mich lassen.«
Herrera sah ihn an. »Wie? Wie können Sie mir denn helfen?«
»Ich bin gut darin, Leute zu finden.«
»Sie können den Mörder meines Sohnes finden?«
»Mit etwas Hilfe glaube ich, dass ich es kann.«
Herrera schien über das Angebot nachzudenken. Dann, so als hätte er eine Entscheidung getroffen, nickte er kurz. »Der Mann heißt Ottavio Moreno.«
»Sie kennen ihn?«
»O ja, Señor, ich kenne ihn sehr gut. Seit er ein kleiner Junge war. Ich habe ihn im Arm gehalten, als ich in Marokko war.« Herrera nahm seinen Brandy und kippte ihn in einem Zug hinunter. Seine blauen Augen wirkten trüb, doch Marks sah den Zorn, der dahinter tobte.
»Wollen Sie damit sagen, dass Ottavio der Halbbruder von Gustavo ist, dem kolumbianischen Drogenbaron?«
»Ich sage Ihnen, dass er mein Patensohn ist.« Der Zorn kam an die Oberfläche und zeigte sich in den zusammengebissenen Zähnen und dem leichten Zittern seiner Hand. »Darum weiß ich, dass er Diego nicht umgebracht haben kann.«
Moira und Berengária lagen Arm in Arm. Die luxuriöse Bootskabine roch nach Moschus, Schiffsmotorenöl und dem Meer. Die Jacht schaukelte sanft auf den Wellen, als wolle sie sie in den Schlaf wiegen. Sie wussten, jede auf ihre Weise, dass an Schlaf nicht zu denken war. Die Jacht würde in nicht einmal zwanzig Minuten den Hafen
verlassen. Langsam standen sie auf – nach ihrem sinnlichen Abenteuer mit einem Gefühl, als wären sie für kurze Zeit nicht mehr an Raum und Zeit gebunden. Wortlos zogen sie sich an, und wenige Minuten später stiegen sie hinauf an Deck. Der samtene Himmel wölbte sich über ihnen, als würde er seine schützenden Arme über sie breiten.
Nachdem sie kurz mit dem Kapitän gesprochen hatte, nickte Berengária Moira zu. »Sie haben alles gecheckt. Der Motor läuft einwandfrei. Es dürfte keine Verzögerungen geben.«
»Hoffen wir’s.«
Das Licht der Sterne leuchtete auf das Meer herab. Berengária hatte sie mit Narsicos einmotoriger Lancair IV-P zum Lic. Gustavo Díaz Ordaz International Airport an der Pazifikküste geflogen. Von dort war es eine kurze Fahrt zum Surferparadies Sayulita, wo sie an Bord der Jacht gingen. Alles in allem hatte die Reise kaum mehr als eineinhalb Stunden gedauert.
Moira trat an Berengárias Seite. Die Crew war mit den Startvorbereitungen beschäftigt und kümmerte sich nicht um sie. Sobald Berengária von Bord ging, würden sie auslaufen.
»Hast du Arkadin angerufen?«
Berengária nickte. »Ich habe mit ihm gesprochen, als du dich frisch gemacht hast. Er erwartet das Boot kurz vor dem Morgengrauen. Nach der Verzögerung wird er bestimmt an Bord kommen und die ganze Ladung genau kontrollieren. Dann musst du bereit sein.«
»Keine Sorge.« Moira berührte sie am Arm, der wie zur Antwort ganz leicht zitterte. »Wer ist der Empfänger?«
Berengária schlang ihren Arm um Moiras Taille. »Das brauchst du doch nicht zu wissen.«
Moira sagte nichts, und Berengária drückte sich an sie und seufzte tief. »Mein Gott, das alles ist eine einzige Schlangengrube. Diese verdammten Männer. Sie sollen alle zum Teufel gehen!«
Berengária roch nach Gewürzen und Salzwasser – Gerüche, die Moira mochte. Sie fand es interessant, eine Frau zu verführen. Es hatte jedenfalls nichts Abstoßendes an sich, es gehörte einfach zum Job und war mal etwas ganz anderes, eine Herausforderung im wahrsten Sinne des Wortes. Sex hatte in ihrem Leben immer schon eine gewisse Rolle gespielt, aber abgesehen von einem nicht unangenehmen, aber folgenlosen Experiment als Studentin war sie immer heterosexuell gewesen. Berengária strahlte etwas Gefährliches aus, das Moira anziehend fand. Mit ihr zu schlafen war viel erfüllender, als es für sie mit einigen Männern gewesen war, mit denen sie irgendwann eine Nacht verbracht hatte. Im Gegensatz zu vielen Männern wusste Berengária – übrigens so wie Jason Bourne –, wann sie wild und wann sie zärtlich sein musste, und sie nahm sich Zeit, um die geheimen Stellen zu erkunden, die Moira die größte Lust bereiteten.
Berengária entsprach jedenfalls gar nicht der abfälligen Beschreibung, die Roberto Corellos von ihr
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