Das Bourne Duell
beiden Männer auf Marks’ Telefon.
»Also dann«, sagte der Inspektor und wandte sich Marks zu. »Ich hoffe, ich werde nicht bereuen, was ich getan habe. Halten Sie sich von mir und meinem Fall fern, dann werden Sie keine Probleme bekommen.«
Draußen auf der Straße kämpfte die Sonne gegen die dichten Wolkenmassen an. Um ihn herum dröhnte die Stadt. Marks überprüfte das Foto auf seinem PDA. Dann tippte er Willards Privatnummer ein und wurde sofort mit der Voicemail verbunden. Willards
Telefon war ausgeschaltet, was Marks in Anbetracht der Uhrzeit daheim in Washington merkwürdig vorkam. Er hinterließ eine detaillierte Nachricht und bat Willard, das Foto von dem Mann, der Diego Herrera erstochen hatte, durch die Treadstone-Datenbank laufen zu lassen, die sich aus dem Material von CI, NSA, FBI und dem Pentagon zusammensetzte, plus einiger anderer Quellen, zu denen sich Willard Zugang verschafft hatte.
Von einem Kriminalinspektor draußen vor dem Klub, dem er seinen Ausweis zeigte, bekam er Diego Herreras Adresse. Vierzig Minuten später kam er dort an, als gerade ein silberner Bentley um die Ecke bog und vor Herreras Haus anhielt. Der livrierte Fahrer stieg aus, ging um den schimmernden Kühlergrill herum und öffnete die hintere Wagentür. Ein groß gewachsener distinguierter Herr, der wie eine ältere Ausgabe von Diego aussah, stieg aus. Mit düsterer Miene und schweren Schritten stieg der Mann die Stufen zu Diegos Haustür hinauf und steckte einen Schlüssel ins Schloss.
Bevor er im Haus verschwand, war Marks bei ihm. »Mr. Herrera«, sprach er ihn an, »ich bin Peter Marks.« Als sich der ältere Mann zu ihm umdrehte, fügte Marks hinzu: »Ich möchte Ihnen sagen, wie leid es mir tut.«
Der ältere Herrera sah ihn einige Augenblicke schweigend an. Er war ein gut aussehender Mann mit dichtem weißem Haar, das er relativ lang trug, doch unter seiner braunen Haut schien er aschfahl zu sein. »Haben Sie meinen Sohn gekannt, Señor Marks?«
»Ich hatte leider nicht das Vergnügen, Sir.«
Herrera nickte ein wenig geistesabwesend. »Wie es scheint, hatte Diego nur wenige männliche Freunde.«
Sein Mund zuckte in einem angedeuteten Lächeln. »Er hat Frauen eindeutig vorgezogen.«
Marks machte einen Schritt nach vorne und zeigte seinen Ausweis. »Sir, ich weiß, das ist eine schwere Zeit für Sie, und ich entschuldige mich im Voraus, wenn ich Ihnen zur Last falle, aber ich muss dringend mit Ihnen sprechen.«
Herrera blickte durch Marks hindurch, als hätte er ihn gar nicht gehört. »Wissen Sie etwas über seinen Tod?«, fragte er schließlich.
»So etwas sollte man nicht auf der Straße besprechen, nicht wahr, Señor Herrera?«
»Nein, natürlich nicht.« Herreras Kopf zuckte. »Bitte, verzeihen Sie meine schlechten Manieren, Señor Marks.« Dann zeigte er auf die Tür. Er hatte die großen Hände eines Arbeiters. »Kommen Sie herein, dann reden wir.«
Marks stieg die Stufen hinauf und trat in Diego Herreras Haus ein. Er hörte, wie der ältere Mann hinter ihm die Haustür schloss, und im nächsten Moment spürte er ein Messer an der Kehle. Fernando Herrera stand dicht hinter ihm und hielt ihn mit erstaunlich kräftigem Griff fest.
»So, du Hundesohn«, knurrte Herrera, »jetzt sagst du mir alles, was du über den Mord an meinem Sohn weißt, sonst schlitze ich dir die Kehle auf.«
SIEBZEHN
Bud Halliday saß auf einer halbkreisförmigen Sitzbank in der White Knights Lounge, einer abgelegenen Vorstadtbar in Maryland, die er des Öfteren aufsuchte, um sich zu entspannen. Er trank einen Bourbon mit Wasser, während er seinen Kopf von all dem Kram zu leeren versuchte, der sich im Laufe eines langen Arbeitstages angesammelt hatte.
Seine Eltern stammten aus alteingesessenen Familien in Philadelphia, zu deren Ahnen Alexander Hamilton und John Adams gehörten. Sie hatten sich schon als Kinder gekannt, doch die Ehe hatte, wie so viele andere ihrer Art, nicht gehalten. Seine Mutter lebte heute als Society-Doyenne in Newport, Rhode Island. Sein Vater, ein langjähriger starker Raucher, litt an einem Emphysem und wurde in seiner Familienvilla auf Schritt und Tritt von zwei haitianischen Schwestern begleitet, die sich um ihn kümmerten. Halliday besuchte sie beide nicht mehr. Er hatte ihrer hermetisch abgeschlossenen Gesellschaft den Rücken gekehrt, als er zu ihrem Entsetzen mit achtzehn zu den Marines ging. Während der Ausbildung hatte er sich oft vorgestellt, wie seine Mutter in Ohnmacht gefallen sein
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