Das Bourne Duell
behaupteten. Hinter seinem Rücken wurde er – nicht ohne eine gewisse Bewunderung – »der Araber« genannt. Den Spitznamen verdankte er seinem fanatischen Bestreben, die Welt von islamistischen Terroristen und allen anderen Muslimen zu befreien, die so dumm waren, sich ihm in den Weg zu stellen.
Danziger trat zwischen seine Leibwächter und sagte: »Sie sind die Ägypterin, die lieber in Kairo geblieben
ist, als die Anweisung zu befolgen zurückzukommen.«
»Ich hatte eine Aufgabe zu erfüllen, ich war draußen im Einsatz, wo die Kugeln und Bomben echt sind und keine Computersimulationen«, antwortete Soraya. »Und damit keine Missverständnisse aufkommen – meine Heimat ist Amerika, genauso wie die Ihre.«
»Wir zwei haben nichts gemeinsam, Ms. Moore. Ich gebe die Befehle. Wer sie nicht befolgt, dem kann man nicht vertrauen. Solche Leute können nicht für mich arbeiten.«
»Sie haben sich noch nicht einmal meinen Bericht angehört. Wenn Sie wüssten …«
»Gewöhnen Sie sich endlich daran, Ms. Moore, dass Sie nicht mehr für die CI arbeiten.« Danziger beugte sich vor und nahm die aggressive Haltung eines Boxers im Ring ein. »Ich habe kein Interesse an Ihrem Bericht. Sie als Ägypterin – wer weiß, wo Ihre Loyalität liegt.« Und mit einem anzüglichen Grinsen fügte er hinzu: »Nun, vielleicht weiß ich es doch. Vielleicht gehört Ihre Loyalität ja Amun Chalthoum.«
Amun Chalthoum war der Chef des ägyptischen Geheimdienstes in Kairo, mit dem Soraya kürzlich zusammengearbeitet hatte und bei dem sie geblieben war, obwohl Danziger sie vorzeitig zurückbeordert hatte. In dieser Zeit hatten sie und Amun sich ineinander verliebt. Sie war schockiert – oder vielleicht war sprachlos das treffendere Wort –, dass Danziger über so persönliche Informationen verfügte. Wie zum Teufel hatte er das mit ihr und Amun herausgefunden?
»Tja, Gleich und Gleich …«, fügte er hinzu. »Das ist nicht gerade das professionelle Verhalten, das ich von
meinen Leuten erwarte – sich mit dem Feind … wie soll ich sagen … zu verbrüdern.«
»Amun Chalthoum ist nicht der Feind.«
»Ihr Feind ist er allerdings nicht, das ist mir klar.« Er trat zurück, ein unmissverständliches Signal für seine Bodyguards, ihn wieder abzuschirmen und ihr den kurzen Zugang, den sie zu ihm hatte, zu blockieren. »Viel Glück, falls Sie sich um eine Stelle in einer anderen Regierungsbehörde bewerben, Ms. Moore.«
Reade lächelte spöttisch im Hintergrund, bevor er sich abwandte, als Danziger, von seinem Gefolge umgeben, ins Occidental eintrat. Die Umstehenden starrten sie an. Sie hob eine Hand an ihr Gesicht und stellte fest, dass ihre Wangen glühten. Sie hatte sich wenigstens verteidigen wollen, doch er war der Richter und entschied, was passierte. Sie hatte seine Intelligenz und sein Wissen unterschätzt. Sie war davon ausgegangen, dass Minister Halliday den Präsidenten dazu gebracht hatte, irgendeinen nützlichen Idioten und Handlanger zum DCI zu ernennen, den er nach Belieben kontrollieren konnte. Diese Annahme war dumm von ihr gewesen.
Während sie den Ort des Desasters verließ, schwor sie sich, diesen Fehler nicht zu wiederholen.
Der Mann, der ihn angerufen hatte – wer immer er war –, hatte in einem Punkt die Wahrheit gesagt: Das Lagerhaus unterschied sich wirklich in keiner Weise von den vielen anderen in diesem Außenbezirk von Moskau. Boris Karpow hielt sich gegenüber der Eingangstür verborgen und überprüfte die Adresse, die er während des Telefongesprächs mit dem Mann notiert
hatte, der sich als Leonid Arkadin ausgab. Ja, er war beim richtigen Haus. Er drehte sich um und gab seinen Männern ein Signal. Sie waren alle schwer bewaffnet, trugen kugelsichere Westen und Helme. Karpow hatte eine Nase für Fallen, und das hier roch verdächtig nach einer Falle. Er wäre unter keinen Umständen allein gekommen, egal wie schwer bewaffnet. Das wäre so gewesen, als hätte er seinen Hals in eine Schlinge gesteckt, die Dimitri Maslow für ihn vorbereitet hatte.
Warum war er dann hier?, fragte er sich zum hundertsten Mal. Weil es für den Fall, dass der Anrufer doch Leonid Danilowitsch Arkadin war und die Wahrheit sagte, ein grober Fehler gewesen wäre, der Spur nicht nachzugehen. Der FSB-2 und Karpow im Besonderen waren schon seit Jahren hinter der Kazanskaja her, bis jetzt jedoch mit mäßigem Erfolg.
Sein unmittelbarer Vorgesetzter Melor Bukin, der ihn vom FSB abgeworben hatte, indem er ihm die
Weitere Kostenlose Bücher