Das Bourne Duell
sind vor einer Stunde abgeflogen und werden morgen früh in London ankommen.« Es war die Stimme, die ihm auch das Dossier über den Ring geschickt hatte. »Sie haben ihre Anweisungen, aber …«
»Ja?«
»Willard redet nur von Arkadin und Bourne und von dem Treadstone-Programm, aus dem die zwei hervorgegangen sind. Er glaubt eine Methode gefunden zu haben, wie die beiden noch … nützlicher sein könnten, so hat er es ausgedrückt.«
Jonathan lachte. Zumindest nahm Liss an, dass es ein Lachen war, auch wenn es nur noch als trockenes Rascheln bei ihm ankam, wie von einem Schwarm Insekten, die durchs hohe Gras streiften.
»Lassen Sie ihn nur machen, Oliver, haben Sie verstanden?«
»Absolut.« Liss rieb sich die Stirn mit den Fingerknöcheln. Was für eine Absicht verfolgte Jonathan jetzt wieder? »Aber ich habe ihm gesagt, dass er seine Pläne auf Eis legen muss, bis der Ring gefunden ist.«
»Genau so, wie es vereinbart war.«
»Willard war nicht sehr erfreut.«
»Was Sie nicht sagen.«
»Ich habe so ein Gefühl, dass er insgeheim vorhat, etwas auf eigene Faust zu unternehmen.«
»Und wenn er es tut«, antwortete Jonathan, »dann versuchen Sie nicht, ihn aufzuhalten.«
»Was?«, fragte Liss verdutzt. »Ich verstehe nicht.«
»Es ist alles so, wie es sein soll«, sagte Jonathan, dann trennte er die Verbindung.
Soraya ging zu jeder Autovermietung am Flughafen Dallas und zeigte das Foto von Arkadin herum. Niemand erkannte ihn wieder. Sie aß eine Kleinigkeit, kaufte sich einen Taschenbuchroman und einen Schokoriegel und schlenderte dann zum Schalter der Fluglinie, mit der Arkadin hergeflogen war.
Sie fragte nach dem Chef, der wenig später auch erschien – ein Hüne namens Ted, der möglicherweise früher Football gespielt hatte und nun Fett ansetzte, wie es oft der Fall war. Er musterte sie durch seine staubige Brille, fragte sie nach ihrem Namen und bat sie dann in sein Büro.
»Ich komme von Continental Insurance«, sagte sie und biss von ihrem Schokoriegel ab. »Ich suche einen Mann namens Stanley Kowalski.«
Ted lehnte sich einen Moment lang zurück und verschränkte seine dicken Hände über dem Bauch. »Sie machen Witze, oder?«
»Nein«, sagte Soraya, »absolut nicht.« Sie sagte ihm, mit welchem Flug Kowalski gekommen war.
Ted seufzte und zuckte mit den Achseln. Dann sah er auf seinem Computer nach. »Also, das ist ja ein Ding«, sagte er schließlich. »Da ist er tatsächlich, so wie Sie’s gesagt haben.« Er wandte sich ihr wieder zu. »Und – was kann ich jetzt für Sie tun?«
»Ich würde gern herausfinden, wohin er von hier aus gefahren ist.«
Ted lachte. »Also, jetzt wollen Sie mich aber wirklich veräppeln. Das hier ist einer der größten Flughäfen der Welt. Ihr Mr. Kowalski kann überallhin gefahren sein, oder nirgendwohin.«
»Er hat kein Auto gemietet«, sagte Soraya. »Und einen Anschlussflug hat er auch nicht genommen, weil er hier in Dallas durch die Einreisekontrolle gegangen ist. Ich hab sogar das Material von den Sicherheitskameras überprüft.«
Ted runzelte die Stirn. »Also, gründlich sind Sie, das muss man Ihnen lassen.« Er überlegte einen Augenblick.
»Aber jetzt sag ich Ihnen was, das haben Sie bestimmt noch nicht gewusst. Wir haben ein paar regionale Fluglinien, die von hier abfliegen.«
»Ich hab auch ihre Kameras überprüft.«
Ted lächelte. »Aber nicht die von den Charterflügen, weil es da keine Sicherheitskameras gibt.« Er schrieb etwas auf einen Notizblock, riss das Blatt ab und gab es ihr. »Das sind ihre Namen.« Er zwinkerte ihr zu. »Gute Jagd.«
Sie knackte den Jackpot beim fünften Namen, den Ted ihr aufgeschrieben hatte. Ein Pilot erinnerte sich an Arkadins Gesicht, wenn auch nicht in Verbindung mit dem Namen Stanley Kowalski.
»Er hat gesagt, er heißt Slim Pickens.« Der Pilot runzelte die Stirn. »Gab’s nicht mal einen Schauspieler, der so hieß?«
»Zufall«, sagte Soraya. »Wohin haben Sie Mr. Pickens geflogen?«
»Tucson International Airport, Ma’am.«
»Tucson, aha.«
Warum zum Teufel will Arkadin nach Tucson? , fragte sich Soraya. Und dann, so als wäre ein Schalter in ihrem Kopf umgelegt worden, wusste sie es plötzlich.
Mexiko.
Nachdem er in einem kleinen Hotel in Chelsea eingecheckt hatte, stellte sich Bourne erst einmal unter die Dusche, um den Schweiß und Staub der vergangenen Stunden wegzuspülen. Die Muskeln im Nacken, in den Schultern und im Rücken schmerzten nach der Kollision und seinem
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