Das Bourne Duell
langen Lauf von der Autobahn zurück.
Schon allein die Worte Severus Domna riefen so etwas wie ein fernes Echo in ihm hervor. Es machte ihn verrückt, dass er einfach nicht imstande war, die Erinnerungen aus dem Nebel der Vergangenheit heraufzuholen. Er war sich sicher, dass er einmal etwas darüber gewusst hatte. Warum? War diese Gruppe oder Organisation einmal das Ziel einer Treadstone-Operation gewesen, mit der ihn Conklin betraut hatte? Er hatte den Dominion-Ring von irgendwoher bekommen, aus einem ganz bestimmten Grund – aber alles andere war wie im Nebel verborgen. Warum hatte Hollys Vater den Ring von seinem Bruder gestohlen? Warum hatte er ihn Holly gegeben? Wer war ihr Onkel, was hatte ihm der Ring bedeutet? Holly konnte er nicht mehr fragen. Höchstens ihren Onkel, wer immer er war.
Er drehte das Wasser ab, stieg aus der Duschkabine und rieb sich mit einem Badetuch ab. Vielleicht sollte er nach Bali zurückkehren. Konnte es sein, dass Hollys Eltern noch lebten, dass sie noch auf der Insel waren? Suparwita wusste es vielleicht, aber er hatte kein Telefon, und es gab keine Möglichkeit, ihn zu kontaktieren, außer ihn auf Bali aufzusuchen. Plötzlich hatte er eine Idee. Es gab einen besseren Weg, zu erfahren, was er wissen musste, und dieser Plan, der in seinem Kopf Gestalt annahm, erfüllte noch einen weiteren Zweck: er würde Leonid Arkadin anlocken.
Während seine Gedanken auf Hochtouren arbeiteten, zog er die Kleider an, die er auf dem Weg zum Hotel bei Marks & Spencer in der Oxford Street gekauft hatte – einen dunklen Anzug und einen schwarzen Rollkragenpullover. Er polierte seine Schuhe blank, dann fuhr er mit dem Taxi zu Diego Herreras Haus am Sloane Square.
Es war ein rotes Backsteinhaus im viktorianischen Stil mit einem steilen Schieferdach und zwei kegelförmigen Türmen, die wie Hörner in den Nachthimmel ragten. Ein Messingtürklopfer in der Form eines Hirschkopfs blickte in stoischer Ruhe allen Besuchern entgegen. Diego selbst öffnete die Haustür, als Bourne klopfte.
Er lächelte schmallippig. »Wie ich sehe, haben Sie das Abenteuer gestern recht gut überstanden.« Er winkte mit der Hand. »Kommen Sie nur, treten Sie ein.«
Diego trug eine dunkle Hose und ein elegantes Abendjackett, das wahrscheinlich für den Vesper-Klub genau angemessen war. Bourne hingegen kleidete sich immer noch so, wie er es einst als Professor an der Universität von Georgetown getan hatte; in allzu förmlichen Kleidern fühlte er sich ungefähr so wohl wie in einer mittelalterlichen Ritterrüstung.
Diego führte Bourne durch einen altmodischen Salon, der von antiken Lampen mit Milchglasschirmen beleuchtet war, in ein Esszimmer, das von einem blank polierten Mahagonitisch beherrscht wurde, über dem ein Kristalllüster hing, der sein gedämpftes Licht auf die Eichenholztäfelung warf. Der Tisch war für zwei Personen gedeckt. Während sich Bourne an den Esstisch setzte, schenkte ihnen Diego einen exzellenten Sherry ein. Dazu gab es auf kleinen Tellern gegrillte Sardinen, Papas Fritas, hauchdünne Scheiben Serrano-Schinken, kleine Scheiben Chorizo-Wurst und eine Käseplatte mit drei spanischen Käsesorten.
»Bitte, greifen Sie zu«, forderte ihn Diego auf, als er sich zu ihm an den Tisch setzte. »So isst man in Spanien.«
Während der Mahlzeit war sich Bourne bewusst, dass Diego ihn aufmerksam beobachtete. »Mein Vater hat sich sehr gefreut, dass Sie zu mir gekommen sind«, sagte Diego schließlich.
Hat er sich wirklich gefreut oder findet er es vielmehr interessant? , fragte sich Bourne. »Wie geht es Don Fernando?«
»Wie immer.« Diego aß wie ein Vogel; entweder hatte er keinen Appetit, oder es beschäftigte ihn etwas Wichtigeres. »Er mag Sie, wissen Sie.«
»Ich habe ihn zuerst belogen und mich als jemand anders ausgegeben.«
Diego lachte. »Sie kennen meinen Vater nicht. Ich bin mir sicher, ihn hat nur interessiert, ob Sie Freund oder Feind sind.«
»Ich bin Leonid Arkadins Feind, wie er wohl weiß.«
»Genau.« Diego breitete die Hände aus. »Nun, das haben wir alle gemeinsam. Das verbindet uns sozusagen.«
Bourne schob seinen Teller beiseite. »Also, genau darüber habe ich mir Gedanken gemacht.«
»Inwiefern, wenn ich fragen darf?«
»Uns alle verbindet unsere Bekanntschaft mit Noah Perlis. Ihr Vater hat Perlis auch gekannt, nicht wahr?«
Diego zögerte keinen Augenblick. »Nein, hat er nicht. Noah war mein Freund. Wir gingen ins Kasino – den Vesper-Klub – und spielten oft
Weitere Kostenlose Bücher