Das Bourne Imperium
zusammenbleiben müssen.«
»Ich bin Geschäftsmann, kein Tourist. Diese ›Gruppe‹, wie Sie es nennen, stand nicht auf meinem Terminkalender. Offen gestanden, ich hatte mir den Nachmittag freigenommen – diese Leute lassen sich mit ihren Entscheidungen endlos Zeit – und wollte mir ein paar Sehenswürdigkeiten ansehen, aber da war nirgends ein Fahrer aufzutreiben, der Französisch sprach. Der Concièrge hat mich dieser Gruppe zugeteilt – stellen Sie sich vor, zugeteilt. Die Führerin, müssen Sie wissen, hat französische Literatur studiert, und spricht, als wäre sie im siebzehnten Jahrhundert geboren. Ich habe keine Ahnung, was diese so genannte Tour eigentlich zu bedeuten hat.«
»Das ist die Fünf-Stunden-Exkursion«, erklärte Jason korrekt, nachdem er die chinesischen Schriftzeichen gelesen hatte, die auf der Plakette standen, die der Mann am Revers trug. »Nach dem Tian-An-Men-Platz besuchen wir die Ming-Gräber, und dann fahren wir hinaus, um von der Großen Mauer aus den Sonnenuntergang zu sehen.«
»Du liebe Güte, die Große Mauer habe ich gesehen ! Mein Gott, das war der erste Ort, an den mich alle zwölf Bürokraten von der Handelskommission geschleppt haben, wobei sie endlos schnatterten und mir durch den Dolmetscher immer wieder mitteilen ließen, dies sei ein Zeichen ihrer Ausdauer. Scheiße! Wenn die Arbeit hier nicht so unglaublich billig wäre und die Gewinne so außergewöhnlich …«
»Ich bin auch Geschäftsmann, aber auf ein paar Tage auch Tourist. Ich bin in der Korbwarenbranche. Darf ich fragen, in welcher Branche Sie tätig sind?«
»Stoffe, was denn sonst? Es sei denn, Sie denken an Elektronik oder Öl oder Kohle oder Parfüm – sogar Korbwaren.« Der Geschäftsmann gestattete sich ein überlegenes, aber wissendes Lächeln. »Ich sage Ihnen, diese Leute sitzen
hier auf einem ungeheuren Reichtum und haben nicht die leiseste Ahnung, was sie damit anfangen können.«
Bourne musterte den großen Franzosen scharf. Er dachte an Echo und einen französischen Aphorismus, der besagte, dass die Dinge, je mehr sie sich änderten, desto mehr dieselben blieben. Gelegenheiten werden sich anbieten. Erkenne sie, nutze sie. »Wie ich schon sagte«, fuhr Jason fort und blickte wieder auf das Chaos auf den Treppen. »Ich bin auch Geschäftsmann mit ein paar Tagen freier Zeit – schließlich kann ich die Spesen ja von der Steuer absetzen –, aber ich bin hier in China viel herumgereist und kenne die Sprache ganz gut.«
»Was man mit Korbwaren alles erreichen kann«, sagte der Pariser sarkastisch.
»Unser Spitzenprodukt ist an der Côte d’Azur führend und im Norden auch. Die Familie Grimaldi zählt zu unseren Kunden.« Bourne ließ die Treppe nicht aus den Augen.
»Sie beschämen mich, Geschäftsfreund …« Jetzt würdigte der Franzose Jason zum ersten Mal eines Blickes.
»Und ich kann Ihnen jetzt sagen«, erklärte Bourne, »dass man keine Besucher mehr in Maos Grab kommen lassen wird, und dass man jeden Teilnehmer an einer Tour in die Umgebung wahrscheinlich hier festhalten wird.«
»Mein Gott, warum ?«
»Offensichtlich ist dort drinnen etwas Schreckliches geschehen, die Wachen schreien etwas von ausländischen Verbrechern … Haben Sie nicht gesagt, man habe Sie dieser Gruppe zugeteilt, Sie gehörten aber eigentlich gar nicht dazu?«
»Ja, darauf läuft es hinaus.«
»Anlass, um Spekulationen anzustellen, nicht wahr? Man wird Sie fast mit Sicherheit festhalten.«
»Unvorstellbar!«
»Das ist China …«
»Aber das geht doch nicht ! Millionen und Abermillionen von Francs stehen auf dem Spiel! Ich hab mich dieser schrecklichen Gruppe doch nur angeschlossen, weil …«
»Ich empfehle Ihnen, hier wegzugehen, Geschäftsfreund.
Sagen Sie, Sie hätten einen kleinen Spaziergang gemacht. Geben Sie mir Ihre Identifizierungsplakette, und ich beseitige sie für Sie …«
»Das steht also auf dieser Plakette!«
»Ihr Herkunftsland und Ihre Passnummer stehen darauf. Auf diese Weise haben die Sie unter Kontrolle, während Sie an einer Tour teilnehmen.«
»Ich stehe ewig in Ihrer Schuld!«, schrie der Geschäftsmann und riss sich die Plastikplakette vom Revers. »Wenn Sie je nach Paris kommen …«
»Ich verbringe den größten Teil meiner Zeit mit dem Fürsten und seiner Familie in …«
»Aber natürlich ! – Nochmals, meinen herzlichen Dank!«
Der Franzose, der so ganz anders war als Echo und ihm doch so glich, entfernte sich eilig; seine gut gekleidete Gestalt war in
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