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Das Bourne Imperium

Das Bourne Imperium

Titel: Das Bourne Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Verdächtigen gegen den anderen auszuwägen.
    In diesem Fall freilich war das ganz besonders schwierig. Nicht, dass er den Mann besonders gut hätte leiden können, der jetzt irgendwo in dem abgedunkelten Zuschauerraum saß und mit den anderen Gästen die Sexualgymnastik der hölzernen »Schauspieler« betrachtete. Tatsächlich mochte er den Mann nicht ; was aber nichts daran änderte, dass er zu den Besten unter seinem Kommando gehörte. Der Agent war arrogant und unangenehm, aber zugleich war er ein tapferer Mann, der sich achtzehn Monate auf die Flucht aus Beijing vorbereitet hatte, und in diesen achtzehn Monaten war er in jeder Stunde, die er in der kommunistischen Hauptstadt verbracht hatte, in Lebensgefahr gewesen. Er war ein hochrangiger Offizier in den Sicherheitskräften der Volksrepublik gewesen und hatte Zugang zu höchst wichtigen Geheimdienstinformationen gehabt. In einer herzzerreißenden Opfergeste hatte er auf seiner Flucht nach dem Süden seine geliebte Frau und ein kleines Töchterchen zurückgelassen und sie mit einer verkohlten, von Kugeln zerfetzten Leiche geschützt, von der er sicher war, dass man die Leiche als seine Person identifizieren würde – ein Held Chinas, der von einer Bande von Halbstarken erschossen und verbrannt worden war. Mutter und Tochter waren in Sicherheit und erhielten eine Pension von der Regierung. Ihn hatte man, wie alle hochrangigen Überläufer, einer rigorosen Prüfung unterzogen, die dazu diente, potenzielle
Doppelagenten zu entlarven. Hier war ihm seine Arroganz zustatten gekommen. Er hatte in keiner Weise versucht, sich irgendwie sympathisch darzustellen; er war, was er war, und hatte das, was er getan hatte, zum Nutzen von Mutter China getan. Es lag ganz bei den Behörden, ob sie ihn mit allem, was er anzubieten hatte, akzeptierten – sonst würde er sich anderswo umsehen. Alles stimmte so, wie er es dargestellt hatte, mit Ausnahme des Wohlergehens seiner Frau und seines Kindes. Sie waren nicht so versorgt, wie der Überläufer das erwartet hatte. Deshalb steckte man ihr ohne Erklärung an ihrer Arbeitsstelle Geld zu. Man konnte ihr nichts sagen; wenn auch nur der geringste Verdacht aufkam, dass ihr Mann noch am Leben war, würde man sie foltern, um Informationen aus ihr herauszuholen, über die sie gar nicht verfügte. Das Profil eines solchen Mannes war nicht das Profil eines Doppelagenten, auch wenn er einen etwas eigenartigen Geschmack hatte, was Filme betraf.
    Blieb noch der Mann in Aberdeen, und der war Lin ein Rätsel. Der Agent war älter als die anderen, ein schmächtiger Mann, der sich stets makellos kleidete, ein äußerst logisch denkender Mensch und ehemaliger Buchhalter, der sich so loyal gab, dass Lin ihn beinahe zu seinem Vertrauten gemacht hätte, sich aber dann doch zurückhielt, als er im Begriffe war, ihm Dinge zu offenbaren, die er besser für sich behielt. Vielleicht rührte diese besondere Zuneigung daher, dass er ihm vom Alter her nahe stand. … andererseits, was für eine hervorragende Tarnung für einen Maulwurf aus Beijing! Mit einer Engländerin verheiratet und durch seine Heirat Mitglied des reichen und exklusiven Jachtclubs. Alles stimmte bei ihm, er war geradezu ein Muster an Respektabilität. Für Lin schien es undenkbar, dass Sheng Chou Yang an einen solchen Mann hätte herantreten und ihn bestechen können … Nein, unmöglich ! Vielleicht, überlegte der Major, sollte er doch umkehren und sich näher mit dem Agenten befassen, der gebeten hatte, ihn mit einer Dienstreise in die Antarktis zu entschuldigen. Oder mit dem geplagten Vater von Drillingen, der bereit
war, sogar Telefondienst zu machen, nur um dem häuslichen Chaos zu entrinnen.
    Nein! Lin Wenzu schüttelte den Kopf, als könne er sich damit von solchen unpassenden Gedanken frei machen. Jetzt, hier. Konzentriere dich! Er stand jetzt vor einer Treppe und traf seine Entscheidung. Er trat auf sie zu und ging die Stufen zum Balkon hinauf; der Projektionsraum lag unmittelbar vor ihm. Er klopfte an und trat ein, der billige, dünne Riegel gab unter seinem Körpergewicht sofort nach.
    »Ting zhi!«, schrie der Vorführer; er hatte eine Frau auf dem Schoß und die Hand unter ihrem Rock. Die junge Frau sprang mit einem Satz auf und drehte sich zur Wand.
    »Kronpolizei«, sagte der Major und zeigte seinen Dienstausweis. »Sie haben von mir beide nichts zu befürchten, bitte, glauben Sie mir das.«
    »Dazu ist auch kein Anlass!«, erwiderte der Vorführer. »Das ist ja nicht

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