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Das Bourne Imperium

Das Bourne Imperium

Titel: Das Bourne Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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bürokratischen Auswahlprozess durchlaufen hatten, sondern die Produkte einer intensiven Suche nach den klarsten Denkern in der Verwaltung – und in einigen Fällen auch außerhalb –, die möglicherweise für diesen heikelsten aller Dienste rekrutiert werden konnten. Lin hatte seit langer Zeit dafür gesorgt, dass das Menetekel unübersehbar war – und eine erstklassige Spezialeinheit, aufgestellt in der Kronkolonie und aus Chinesen bestehend, könnte schon vor 1997 ihre erste Verteidigungslinie bilden, und im Falle ihrer Übernahme auch nachher. Die Briten mussten die Führung im Bereich der Geheimdienstoperationen aufgeben, und dies aus Gründen, die London ebenso klar wie unangenehm waren: Der Westen war nie imstande, die ganz besonderen Feinheiten des asiatischen Denkens zu begreifen, und dies war nicht die Zeit, um aufgrund irreführender oder schlecht ausgewerteter Informationen weit reichende Entscheidungen zu treffen. London musste wissen – der Westen musste wissen, wie die Dinge standen … Um Hongkongs willen und um des ganzen Pazifikraums willen.
    Nicht, dass Lin geglaubt hätte, seine wachsende Zahl von Informanten sei für die politischen Entscheidungen lebenswichtig, keineswegs. Aber von einem war er felsenfest überzeugt: Der Geheimdienst der Kronkolonie musste mit Leuten besetzt sein, die optimal für ihre Aufgabe geeignet
waren, und diese Forderung schloss Veteranen, und wären sie noch so brillant, der europäisch orientierten britischen Geheimdienste aus. Zuallererst sahen sie sich alle ähnlich und waren weder mit der Umgebung noch der Sprache vertraut. Und so kam es, dass man Lin Wenzu nach Jahren der Arbeit, in denen er seinen Wert immer wieder unter Beweis gestellt hatte, nach London gerufen hatte, wo ihn eisig blickende Spezialisten drei Tage lang ins Kreuzverhör genommen hatten. Am Morgen des vierten Tages war das Eis dann gebrochen; man hatte die Empfehlung ausgesprochen, dem Major die Befehlsgewalt und weit reichende Vollmachten für die Sektion Hongkong zu übertragen. In den Jahren, die seitdem verstrichen waren, hatte er sich des Vertrauens der Kommission würdig erwiesen, das wusste er. Ebenso gut wusste er aber, dass er jetzt, in der wichtigsten Operation seines beruflichen und persönlichen Lebens, versagt hatte. Seinem Kommando unterstanden achtunddreißig Beamte, und daraus hatte er für diese außergewöhnliche, verrückte Operation neun ausgewählt – handverlesen. Verrückt, bis er die außergewöhnliche Erklärung des Botschafters gehört hatte. Diese neun waren die Besten in seiner Organisation. Jeder von ihnen war, falls sein Führer ausfallen sollte, fähig, den Befehl zu übernehmen. Und er hatte versagt. Einer der handverlesenen neun war ein Verräter.
    Es war sinnlos, die Akten noch einmal zu studieren. Irgendwelche Unstimmigkeiten, auf die er vielleicht gestoßen wäre, hätten ausführliche Recherchen erfordert; schließlich waren sie ja bisher seinem erfahrenen Auge ebenso entgangen wie dem Londons. Jetzt war nicht die Zeit für komplizierte Analysen oder die qualvoll langsame Erforschung von neun Menschenleben. Er hatte nur eine Wahl. Ein frontaler Angriff auf jeden Mann, und das Wort »frontal« war der Kern seines Planes. Wenn er die Rolle eines Taipans spielen konnte, dann war er auch imstande, die Rolle eines Verräters zu übernehmen. Er begriff, dass sein Plan nicht ohne Risiko war – ein Risiko, das weder London noch die Amerikaner, ganz speziell Havilland, zugelassen
hätten. Trotzdem musste er es eingehen. Wenn er versagte, würde Sheng Chou Yang von dem geheimen Krieg erfahren, der gegen ihn geführt wurde, und seine Gegenmaßnahmen konnten katastrophal sein. Aber Lin Wenzu hatte nicht die Absicht zu versagen. Und wenn der Misserfolg unvermeidlich war, dann würde auch sonst nichts mehr wichtig sein, zu allerletzt sein Leben.
    Der Major griff nach seinem Telefon. Er drückte den Knopf auf der Konsole, der ihn mit dem Fernmeldeoffizier in dem voll computerisierten Kommunikationszentrum von MI-6 verband.
    »Ja, Sir?«, meldete sich die Stimme aus dem abhörsicheren Raum.
    »Wer von Libelle hat noch Dienst?«, fragte Lin und bezog sich damit auf die neunköpfige Eliteeinheit.
    »Zwei, Sir. Wagen drei und sieben, aber die Übrigen kann ich in wenigen Minuten erreichen. Fünf haben sich gemeldet  – sie sind zu Hause –, zwei haben Telefonnummern hinterlassen. Einer ist bis halb zwölf im Pagoda-Kino und wird anschließend in seine Wohnung

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