Das Bourne Imperium
Telefonzelle, während er mit der linken Hand den Telefonhörer packte und ihn auf die Gabel schmetterte. »Genug!«, schrie er.
Plötzlich spürte er die Messerklinge, die sich wie weißglühendes Eis in seinen Leib bohrte. Der Überläufer duckte
sich, das Messer in der linken Hand, und Lin drückte ab. Die Explosion hallte über die stille Straße, während der Verräter zu Boden sank, die Kehle von der Kugel aufgerissen. Das Blut strömte über seine Kleider und besudelte den Asphalt unter seinen Füßen.
»Ni made!«, fluchte eine Stimme zur Linken des Majors. Es war der zweite Mann, die Kontaktperson, die im Kino mit dem Überläufer gesprochen hatte. Er hob eine Waffe und feuerte, während der Major sich auf ihn stürzte, sodass sein hünenhafter, blutender Leib wie eine Mauer auf den Mann fiel. Lin spürte einen heißen Schmerz an der rechten Brustseite, aber der Killer hatte das Gleichgewicht verloren. Der Major feuerte seine Pistole ab, und der Mann stürzte, sich ans rechte Auge greifend. Er war tot.
Auf der anderen Straßenseite war der Pornofilm zu Ende gegangen, und die Menge wälzte sich mürrisch, zornig, unbefriedigt auf die Straße. Der schwer verwundete Lin nahm den Rest seiner ungeheuren Kräfte zusammen, hob die Leichen der zwei Verschwörer auf und zerrte sie zu seinem Wagen. Ein paar Leute aus dem Pagoda sahen ihm mit glasigen und desinteressierten Blicken zu. Was sie sahen, war eine Wirklichkeit, die sie nicht begreifen konnten. Sie lag außerhalb der engen Grenzen ihrer Fantasie.
Alex Conklin erhob sich aus dem Stuhl und hinkte schwerfällig und laut zu dem abgedunkelten Fenster. »Was, zum Teufel , soll ich denn sagen?«, fragte er und wandte sich um und sah den Botschafter an.
»Dass ich angesichts der Umstände den einzig möglichen Weg eingeschlagen habe, Jason Bourne zu rekrutieren.« Havilland hob die Hand. »Ehe Sie antworten, sollte ich Ihnen fairerweise sagen, dass Catherine Staples mit mir nicht übereinstimmte. Sie war der Ansicht, dass ich unmittelbar an David Webb hätte appellieren sollen. Schließlich war er ein Fachmann für den Fernen Osten, ein Experte, der Verständnis für das haben sollte, was auf dem Spiel stand, und für die Tragödie, die daraus erwachsen konnte.«
»Sie war nicht bei Trost«, sagte Alex. »Er hätte Ihnen gesagt,
Sie sollten sich Ihr Ansinnen gefälligst in den Hintern stecken.«
»Vielen Dank.« Der Diplomat nickte.
»Augenblick«, unterbrach Conklin. »Er hätte das nicht gesagt, weil er gedacht hätte, dass Sie Unrecht haben, sondern weil er nicht glaubte, dass er das tun könnte. Was Sie getan haben – dass Sie ihm Marie weggenommen haben –, hat ihn gezwungen, in die Vergangenheit zurückzukehren und wieder jemand zu sein, den er vergessen wollte.«
»Oh?«
»Sie sind wirklich ein Scheißkerl.«
Sirenen heulten, erfüllten das große Haus und das ganze Grundstück mit ihrem Lärm, und Scheinwerferbündel zuckten durch die Fenster. Schüsse peitschten, Reifen quietschten. Der Botschafter und der CIA-Mann warfen sich zu Boden; in wenigen Sekunden war alles vorbei. Die beiden Männer standen wieder auf, als die Tür aufflog. Über und über mit Blut besudelt, taumelte Lin Wenzu herein. Unter den Armen hielt er zwei Leichen.
»Hier ist Ihr Verräter, Sir«, sagte der Major und ließ die Leichen fallen. »Und ein Kollege. Mit diesen beiden haben wir, glaube ich, Libelle von Sheng abgeschnitten …« Wenzus Augen drehten sich nach oben, bis das Weiße sichtbar wurde. Er stöhnte und fiel zu Boden.
»Ruft einen Notarztwagen !«, schrie Havilland den Leuten zu, die sich unter der Tür versammelt hatten.
»Holt Verbandstoff, Pflaster, Handtücher, Jod – um Himmels willen, alles, was ihr finden könnt!«, brüllte Conklin und hinkte hastig auf den gestürzten Chinesen zu. »Wir müssen die verdammte Blutung zum Stillstand bringen!«
29.
Bourne saß auf dem Rücksitz, während die Schatten vorbeirasten. Der Mond schien hell; im Wageninneren wechselten Licht und Dunkelheit sich hektisch ab. Immer wieder, in unregelmäßigen Abständen, wenn sein Gefangener nicht darauf gefasst war, beugte er sich vor und presste ihm den Pistolenlauf in den Nacken. »Ein einziger Versuch, von der Straße abzukommen, und Sie haben eine Kugel im Schädel. Verstehen Sie mich?«
Und jedes Mal kam dieselbe Antwort, mit geringer Abwandlung, in knappem militärischem Englisch. »Ich bin kein Idiot. Sie sitzen hinter mir und haben eine Waffe, und ich kann
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