Das Bourne Imperium
gerade ein Betsaal.«
»Darüber ließe sich streiten, aber eine Kirche ist es ganz bestimmt nicht.«
»Wir haben eine Lizenz und …«
»Ich widerspreche Ihnen ja nicht«, unterbrach Lin. »Die Krone bittet lediglich um eine Gefälligkeit, und es widerspricht sicherlich Ihren Interessen nicht, uns diese Gefälligkeit zu erweisen.«
»Und die wäre?«, fragte der Mann, stand auf und stellte verärgert fest, dass die Frau inzwischen durch die Tür gehuscht war.
»Halten Sie den Film an, sagen wir dreißig Sekunden lang, und schalten Sie die Beleuchtung ein. Sagen Sie den Zuschauern, dass der Film gerissen sei und repariert werden müsse.«
Der Vorführer zuckte zusammen. »Er ist doch schon fast abgelaufen! Das wird ein Geschrei geben!«
»Hauptsache, Sie machen Licht. Tun Sie es!«
Der Projektor kam pfeifend zum Stillstand; die Lichter flammten auf, und die Durchsage über den Lautsprecher erfolgte. Der Vorführer hatte Recht, im Kino erhob sich Geschrei, einige Zuschauer fuchtelten wild mit den Armen
und machten obszöne Handbewegungen. Unterdessen suchte Lin den Zuschauersaal ab – Reihe für Reihe.
Da war sein Mann … zwei Männer – der Agent saß nach vorne gebeugt da und sprach mit jemandem, den Lin Wenzu noch nie gesehen hatte. Der Major sah auf die Uhr und wandte sich dann dem Vorführer zu. »Gibt es unten ein öffentliches Telefon?«
»Ja, wenn es funktioniert. Wenn es nicht kaputt ist.«
»Funktioniert es jetzt?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wo ist es?«
»Unter der Treppe.«
»Lassen Sie den Film in sechzig Sekunden wieder anlaufen.«
»Sie sagten dreißig!«
»Ich habe es mir anders überlegt. Und Sie verdanken doch Ihren guten Job einer Lizenz, nicht wahr?«
»Das dort unten sind Bestien !«
»Schieben Sie einen Stuhl gegen die Tür«, sagte Lin beim Hinausgehen. »Der Riegel ist kaputt.«
In dem Raum unter der Treppe kam der Major an dem Telefon vorbei. Im Vorbeigehen riss er die Leitung aus der Wand und eilte dann nach draußen zu seinem Wagen. Dabei kam er an einer Telefonzelle vorbei, bog von seinem Weg ab und las die Nummer, merkte sie sich und eilte zum Wagen zurück. Er stieg ein und sah auf die Uhr, dann stieß er den Wagen zurück, fuhr auf die Straße hinaus und parkte in zweiter Reihe etwa fünfzig Meter weiter vorne. Er schaltete die Scheinwerfer ab und beobachtete den Eingang.
Eine Minute und fünfzehn Sekunden später kam der Überläufer aus Beijing heraus, blickte zuerst nach rechts und dann nach links, sichtlich erregt. Dann sah er, wonach er suchte, nachdem das Telefon im Kino nicht funktionierte. Die Telefonzelle auf der anderen Straßenseite. Lin wählte, während sein Untergebener auf die Zelle zurannte und die Tür aufriss. Der Apparat klingelte, ehe der Mann seine Münzen einwerfen konnte.
»Xun su! Xiao Xi!«, flüsterte Lin und hustete dabei. »Ich habe gewusst, dass Sie das Telefon finden würden! Sheng! Sofort kontakten! Saphir ist verschwunden !« Er hängte das Mikrofon zurück, nahm aber die Hand nicht weg, da er jeden Augenblick den Anruf auf seiner Privatleitung erwartete.
Der kam nicht. Er drehte sich um und sah zu der Telefonzelle auf der anderen Straßenseite hinüber. Der Agent hatte eine Nummer gewählt, aber Lins Nummer war es nicht. Es erübrigte sich, nach Aberdeen zu fahren.
Der Major stieg aus dem Wagen, überquerte die Straße und ging auf die Telefonzelle zu. Er blieb im Dunkeln, bewegte sich langsam, bemüht, so wenig wie möglich mit seiner hünenhaften Gestalt aufzufallen, und verfluchte dabei im Stillen, wie er das so oft tat, die Gene, die zu seiner Übergröße geführt hatten. Immer noch im Schatten bleibend, näherte er sich dem Telefon. Der Überläufer war noch zwei Meter von ihm entfernt, wandte Lin den Rücken zu und redete erregt und so laut, dass man ihn ohne Mühe hören konnte.
»Wer ist Saphir ? Warum dieses Telefon ? Warum gerade ich ? … nein, ich habe es doch gesagt, er hat den Namen des Führers gebraucht! … ja, richtig, seinen Namen ! Kein Code, kein Symbol! Das ist doch Wahnsinn!«
Lin Wenzu hatte alles gehört, was er hören musste. Er zog seine Dienstpistole und trat schnell aus der Dunkelheit hervor.
»Der Film ist gerissen, und sie haben die Beleuchtung eingeschaltet! Mein Kontaktmann und ich …«
»Legen Sie auf!«, befahl der Major.
Der Überläufer fuhr herum. »Sie!«, schrie er.
Lin sprang den Mann an, und sein hünenhafter Körper presste den Doppelagenten gegen die Wand der
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