Das Bourne Ultimatum
Einreisebehörde, die aber vom Deuxieme nicht häufig konsultiert wurde, denn für die Leute, an denen das Deuxième in aller Regel interessiert war, gab es viel zu viel andere Einreisemöglichkeiten. Nichtsdestoweniger hatte Bernardine im Laufe der Jahre Informationen aus diesem Büro geholt, auf die Theorie bauend, dass das Sichtbare oft nicht wahrgenommen wurde. Ab und zu hatte er damit Erfolg gehabt. Er fragte sich, ob das auch an diesem Morgen der Fall sein würde.
Neunzehn Minuten später hatte er die Antwort. Aber der Erfolg kam zu spät. Es gab ein Münztelefon im Vorraum des Büros. Bernardine warf eine Münze hinein und wählte das Pont-Royal an.
»Ja?«, hustete die Stimme von Jason Bourne.
»Entschuldigung, dass ich Sie geweckt habe.«
»François?«
»Ja.«
»Ich war gerade beim Aufstehen. Unten auf der Straße stehen zwei Männer, die noch müder als ich sind. Wenn sie noch nicht abgelöst worden sind.«
»Gestern Abend oder die ganze Nacht?«
»Ich werd’s Ihnen erzählen, wenn wir uns sehen. Was gibt’s?«
»Ich bin in Orly, und ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten. Informationen, die zeigen, was für ein Idiot ich bin. Ich hätte daran denken müssen... Ihre Frau ist über Marseille gekommen, vor gut zwei Stunden. Nicht Paris. Marseille.«
»Warum sind das schlechte Nachrichten?«, rief Jason. »Wir wissen, wo sie ist! Wir können... O mein Gott, ich verstehe.« Bournes Stimme wurde gedämpft. »Sie kann einen Zug nehmen, einen Wagen mieten...«
»Sie könnte auch unter irgendeinem falschen Namen nach Paris fliegen«, meinte Bernardine. »Doch ich habe da eine Idee. Wahrscheinlich ist sie genauso wertlos wie mein Verstand, aber trotzdem... Haben Sie spezielle - wie nennen Sie es? - Spitznamen füreinander? Kosenamen vielleicht?«
»Ehrlich gesagt, halten wir nicht viel von solchen Sachen... Moment mal. Vor ein paar Jahren hatte Jamie, das ist unser Sohn, Schwierigkeiten mit dem Aussprechen von Mommy . Er drehte es um und sagte Miemom. Wir machten unseren Spaß damit und nannten sie ein paar Monate lang auch so, bis der Junge es richtig konnte.«
»Liest sie die Zeitungen?«
»Andächtig, zumindest den Wirtschaftsteil. Ich bin nicht sicher, ob sie ernsthaft darüber hinauskommt. Es ist ihr morgendliches Ritual.«
»Auch in einer Krise?«
»Besonders in einer Krise. Sie behauptet, das beruhige sie.«
»Dann schicken wir ihr eine Botschaft - im Wirtschaftsteil.«
Botschafter Atkinson machte sich in der amerikanischen Botschaft in London auf einen Vormittag mit trübseliger Schreibarbeit gefasst. Die Trübseligkeit wurde von einem Pochen in den Schläfen und einem schlechten Geschmack im Mund begleitet. Es war kein typischer Kater, weil er nur selten Whisky trank und seit über fünfundzwanzig Jahren nicht mehr wirklich betrunken gewesen war. Vor sehr langer Zeit, etwa zweieinhalb Jahre nach dem Fall von Saigon, hatte er die Grenzen
seiner Talente und vor allem seiner finanziellen Möglichkeiten erkannt. Als er mit den normalen, nicht außergewöhnlichen Auszeichnungen aus dem Krieg zurückgekehrt war, hatte ihm seine Familie einen freigewordenen Sitz an der New Yorker Börse verschafft, wo er in den folgenden dreißig Monaten etwas über drei Millionen Dollar verloren hatte.
»Hast du denn überhaupt nichts Vernünftiges gelernt in Andover und Yale?«, hatte sein Vater gebrüllt. »Wenigstens ein paar Verbindungen in der Wall Street herzustellen?«
»Dad, sie waren alle eifersüchtig auf mich, du weißt das. Mein Aussehen, meine Mädchen - ich sehe wie du aus, Dad -, sie haben sich alle gegen mich verschworen. Manchmal denke ich, dass sie durch mich dir eins auswischen wollen! Du weißt, wie sie reden. Senior und Junior, glänzende Gesellschaften und all der Quatsch... Denk an die Kolumne in den Daily News, wo sie uns mit den Fairbanks verglichen haben.«
»Ich kenne Doug seit vierzig Jahren!«, bellte der Vater. »Er ist aufgestiegen, weil er einer der Besten ist.«
»Und er war nicht in Andover oder Yale, Dad.«
»Er brauchte es nicht, zum Teufel! Warte mal. Der diplomatische Dienst...? Was, zum Kuckuck, war das für ein Diplom, das du in Yale gemacht hast?«
»Ein Examen der philosophischen Fakultät.«
»Scheiß drauf! Da war doch noch etwas. Die Kurse in... was?«
»Hauptfach: englische Literatur, Nebenfach: politische Wissenschaften.«
»Das ist es! Das andere kannst du vergessen. Da warst du hervorragend - in dem politischen Scheiß.«
»Das war nun
Weitere Kostenlose Bücher